Spanien setzt Hyperlinks unter Urheberschutz
Der spanische Kongress hat gestern eine Neufassung der Gesetzesnovelle zum geistigen Eigentum auf den Weg gebracht. Mit dieser können in Zukunft sogar Hyperlinks urheberrechtlich geschützt werden. Spaniens Bildungsminister José Ignacio Wert sieht in der Neuregelung „eine Pionierleistung für Europa“.
Ein Grund für das neue Gesetz soll in der hohen illegalen Verbreitung von Unterhaltungsinhalten in Spanien zu finden sein. Eine im April dieses Jahres veröffentlichte Studie gab an, dass bis zu 84 Prozent der konsumierten digitalen Inhalte in Spanien illegal beschafft werden. Über die Glaubwürdigkeit wurde im Anschluss jedoch gestritten: Das spanischen Kultusministerium bezeichnete den Bericht als „eine grobe von Interessengruppen in Auftrag gegebene Meinungsstudie“. Die Musikindustrie bezifferte ihre Verluste in der Studie für das Jahr 2013 auf über sechs Milliarden Euro, insgesamt sollen sich die Verluste der Kreativbranche in Spanien aufgrund von Urheberrechtsverletzungen im gleichen Zeitraum auf über 16 Milliarden Euro belaufen.
Nun soll das „Ley de Propriedad Intelectual“ (LPI) dazu beitragen, der immer größer werdende Zahl an solchen Verstößen im Internet Herr zu werden. Zudem wurde das Urheberrecht ausgeweitet: Neben kleineren Textzitaten können nun auch reine Hyperlinks unter dem Gesetzesschutz stehen, womit in Zukunft theoretisch die Möglichkeit besteht, Gebühren zu erheben. Darunter würden nicht nur reine Nachrichten fallen, sondern auch Unterhaltungsinhalte oder Meinungstexte.
Die Gebühren würden dem Wortlaut zufolge sogar bei einer reinen Verlinkung auf Inhalte anfallen. Bei Zuwiderhandlung sieht das neue Gesetz eine Geldstrafe von bis zu 300.000 Euro oder bis zu sechs Jahre Haft vor. Betroffen sind von der neuen Regelung wirtschaftlich agierende Webseiten ebenso wie Blogs. Über die genaue Berechnung der Zahlungen soll aber noch verhandelt werden. Es wird davon ausgegangen, dass bei dem neuen Gesetz wie bereits beim 2013 in Deutschland eingeführten Leistungsschutzrecht Gerichte in der nächsten Zeit erst für eine verbindliche Interpretation des Gesetzestextes sorgen müssen.
Neben Verbesserungen für Journalisten und Fotografen kommt LPI vor allem den Verlagen entgegen. So spricht der Verband spanischer Zeitungsverleger AEDE vom „wichtigsten Schritt, den jemals eine spanische Regierung zum Schutz der Presse unternommen hat“. So können zukünftlig bei Verfehlungen erstmals Suchmaschinenbetreiber in die Pflicht genommen und zu Schadensersatzleistungen herangezogen werden. Selbst Universitäten bleiben von der Gesetzesnovelle nicht verschont; sie sollen in Zukunft eine Pauschalabgabe von fünf Euro je Student entrichten, unabhängig davon ob überhaupt entsprechend geschütztes Material angeboten wurde. AEDE-Präsident Enriquez ist sich sicher, dass andere Länder in Europa „uns auf dem jetzt eingeschlagenen Weg folgen werden“.
Kritische Stimmen ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten; viele sehen im neuen Gesetz schlicht nichts anderes als eine versteckte „Google-Steuer“. Der Verband IAB, welcher vor allem die Interessen der Werbetreibenden vertritt, spricht von einem fehlenden Verständnis gegenüber der Komplexität der Situation seitens des Gesetzgebers. Dieser behindere dem Verband nach durch seine unverhältnismäßige Kriminalisierung der verbreiteten Kommunikationspraxis das digitale Ökosystem.