Project Wing: Google arbeitet an autonomer Liefer-Drohne
Es wurde immer wieder gemutmaßt, jetzt ist es offiziell: Auch Google entwickelt unter dem Projekttitel „Wing“ eine eigene, autonome Drohne. Dabei verfolgen die Entwickler einen eher ungewöhnlichen Ansatz – und hoffen, so selbst entlegenste Winkel der Erde effektiv mit Waren beliefern zu können.
Anders als mancher Konkurrent sieht die Google-Drohne weniger wie ein Helikopter und mehr wie ein kleines, propellerbetriebenes Flugzeug aus. Zum Starten bewegt sich das Gefährt senkrecht in die Luft, um dann bei Erreichen der Flughöhe in die Horizontale zu wechseln. Zur Ermittlung von festen Zielorten kann Googles umfangreiches Kartenmaterial verwendet werden. Mittelfristig soll die Drohne durch die Verknüpfung mit Smartphone-Ortsdaten bei der Ortung aber noch weitaus flexibler werden, sodass Kunden in einem Zielgebiet direkt automatisch ausfindig gemacht und beliefert werden können.
Am Zielort angelangt, muss das Flugzeug nicht landen, um seine Fracht abzuliefern. Stattdessen wird die Ladung aus einer Höhe von rund 60 Metern mit einem Seil abgelassen. Ein „Ei“ genannter Sensorkasten am Ende des Seiles erkennt, dass der Boden erreicht ist und die Ware ausgeklinkt werden kann. Sodann wird das Seil wieder hochgezogen und der Flug kann fortgesetzt werden. Durch die Luft-zu-Boden-Belieferung erhofft sich Google neben einiger Zeitersparnis auch eine erhöhte Sicherheit, da die Drohne so beispielsweise nicht mit den Tücken eines unübersichtlichen Terrains umgehen muss. Außerdem soll so verhindert werden, dass die Kundschaft voreilig nach der Lieferung greift und sich so an der Drohne verletzt.
Dabei betont Google, dass die Drohne ihre Arbeit anders als mancher Konkurrent tatsächlich vollständig autonom verrichten kann. „Die meisten Ansätze zur Einwicklung von Fluggeräten werden unbemannt genannt, sind aber in Wirklichkeit bemannt, da sie vom Boden gesteuert werde“, sagte der Leiter von Google X, Astro Teller, der Berliner Zeitung. Eine solche Möglichkeit der externen Steuerung soll es bei der Google-Drohne explizit nicht geben.
„Die Drohne ist Jahre weg von der Marktreife, aber es ist ein erster Prototyp“, sagt Projektgründer Nick Roy, der das Flugzeug im Rahmen von Google X zwei Jahre lang entwickelte und jetzt wieder zu seiner Stammbeschäftigung, der Roboterforschung am MIT, zurückkehren wird. Dieser Projektstatus macht sich im spärlichen Videomaterial bemerkbar: Die ausgelieferten Pakete sind ziemlich klein und schlackern teils merklich am Seil herum.
Die Fragen, die Roy und sein Team antrieben, waren zunächst aber auch grundsätzlicher Natur: Ist es möglich, eine autonome Liefer-Drohne zu entwickeln? Und wenn ja: Ist es sinnvoll und zuverlässig? Die Antworten gab Roys Team Anfang August im australischen Outback, indem sie vor einer Handvoll Journalisten demonstrierten, dass Project Wing zuverlässig und autonom entlegene Bauernhöfe mit Medikamenten und Hundefutter beliefern kann.
In einem nächsten Schritt soll nun binnen der kommenden zwei Jahre in einer Kleinstadt ein auf Project Wing basierender Lieferservice etabliert werden. Dadurch solle gezeigt werden, dass das System funktioniere und sicher ist, sagte der Google-X-Chef der Berliner Zeitung. Die Projektleitung übernimmt fortan Dave Vos, der unter anderem die Drohnenfirma Athena Technologies gegründet hat.