Road not Taken im Test: Am Anfang packendes Puzzelspiel
Vorwort
Alternative Spieleprojekte sind schwer in Mode. Befeuert von Kickstarter und Co. ist die Eigeninitiative kleiner Entwicklerstudios rasant gewachsen, sodass sich Freunde von ungewöhnlicher Spielekost über ein immer größeres Angebot freuen können.
Zu den neuesten Fertigstellungen in diesem Segment gehört das Puzzle-Spiel „Road not Taken“, das im sogenannten „Rogue“-Stil mit einer cleveren Mechanik und einem ansprechenden Artwork punkten möchte. Der Test klärt, ob den Entwicklern von Spry Fox dies gelingt.
Spoiler-Warnung: Da ein Spieletest nicht immer gänzlich ohne die Wiedergabe einzelner wichtiger Handlungselemente der Geschichte möglich ist, bitten wir all jene, die vorab nichts über die Handlung des Spiels erfahren möchten, nur das Fazit zu lesen. Wir bemühen uns jedoch stets, die Wiedergabe auf absolut notwendige Erzählelemente zu beschränken.
Systemanforderungen
Komponente | Testsystem | Herstellerempfehlung |
---|---|---|
Betriebssystem | Windows 8.1 (64-Bit) | Windows XP, Vista, 7, 8 |
Prozessor | Phenom II X6 1075T | Dual-Core (C2D, Athlon II) |
Arbeitsspeicher | 8 GByte | 6 GByte |
Grafik | Radeon HD 7970 | GeForce GTS 250 / Radeon HD 6670 |
Festplattenspeicher | ca. 2 GByte | |
Internetanbindung | Für Steam-Aktivierung |
Auf einen Blick
Was passiert, wenn man in einer verschneiten Landschaft und verfolgt von obskuren gestalten von der Straße abkommt und kurzzeitig in Ohnmacht fällt? Im Falle von „Road not Taken“ nichts allzu Schlimmes: Der Held des Spiels findet einen Zauberstab und landet, von einem gesprächigen Kapitän eskortiert, in einer entlegenen Stadt. Hier stellt sich schnell heraus, dass der besagte Zauberstab niemandem Geringen als dem jeweils amtierenden Waldhüter gehört. Vom Vagabunden zum Förster, so schnell kann's gehen!
Einen solchen Hüter hat die Stadt allerdings auch wirklich nötig. Denn ein ebenso brutaler wie überraschender Wintereinbruch hat dazu geführt, dass die Kinder der Stadt beim Beerensuchen in den Wäldern verschollen sind. Klar, dass es am Waldhüter ist, die Kinder unversehrt zu ihren Eltern zurückzugeleiten – und die Hintergründe zu den schwierigen Umständen aufzuklären.
Die Spielmechanik: Allgemein
Mit dieser inhaltlich kurz und knapp erklärten Ausgangslage ist dann auch schon der Rahmen abgesteckt, in dem „Road not Taken“ den Spieler immer wieder auf's Neue mit seiner Puzzle-Mechanik konfrontiert. Diese ist in der ersten Stunde packend: Man gelangt auf stetig variierende Tableaus, die über Felder frei in den Himmelsrichtung begehbar organisiert sind. Auf diesen befinden sich unterschiedlichste Gegenstände, die teils positive, teils negative, in den meisten Fällen aber zunächst neutrale Auswirkungen haben.
Das Ziel lautet in jedem Fall letztlich, alle verschollenen Kinder eines Areals zu ihren Eltern zurückzubringen. Dazu müssen die Gegenstände sinnvoll miteinander kombiniert werden, was nicht nur Hirnschmalz erfordert, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes den richtigen Ansatz: Da der Held des Spiels Gegenstände nicht einfach tragen und ablegen kann, muss genau überlegt werden, von welcher Seite ein Item mittels des Zauberstabs aufgenommen wird, denn nur in diese Richtung kann er auch wieder abgeworfen werden.
Im Verlauf des Spiels bedeutet dies aufgrund einer stetig zunehmenden Komplexität, dass vor dem ersten Schritt genau abgewogen werden muss, von welcher Seite man sich welchem Gegenstand annähert und wie man ihn dann per Wurf platzieren möchte. Verschärft wird die strategische Komponente dadurch, dass die Nutzung des Zauberstabs anstrengend ist und Energie kostet – Energie, die über Tränke und Dinge aus dem Wald wieder aufgeladen werden muss, da der Held sonst das Zeitliche segnet.
Die Spielmechanik: Konkret
Doch wie gestaltet sich die Spielmechanik nun konkret? Die Kombinationsmöglichkeiten sind vielfältig. Ein paar Beispiele: Man schmeißt drei Waben zusammen, um energiespendenden Honig zu erhalten, bringt vier verschneite Tannen auf einen Haufen, um Türen zum nächsten Abschnitt zu öffnen, tauscht einen Schrein mit einem Hasen, um das Tier einstecken und handeln zu können, spendiert für eine kleine Energieaufladung einem Schrein eine Beere und kombiniert eine Axt mit drei Holzstücken, um ein wärmendes Feuer zu entfachen.
Dabei sind viele dieser Aktionen notwendig, um auf dem Tableau zu den apathischen Kindern vordringen und diese retten zu können. Andere dienen dagegen dazu, an Rohstoffe zu gelangen, die verschenkt, gehandelt oder aber genutzt werden können. In jedem Fall sind die vielen Kombinationen in der ersten Stunde das Salz in der Suppe von „Road not Taken“: Fasziniert haben wir immer wieder neue Möglichkeiten ausprobiert, die teils überraschende Ergebnisse zur Folge hatten und so für immer neuen Pepp bei der Vorgehensweise sorgte – auch wenn die grundlegende Mechanik stets unverändert blieb.
Langeweile nach einer Stunde
Allein: Sind die Kombinationen erstmals ausprobiert und obendrein auch noch praktischerweise automatisch zum ständigen Nachschlagen im Handbuch vermerkt, fällt die Spannung in sich zusammen: Plötzlich nämlich fällt der wiederholende Charakter des Gameplays schlagartig auf, wird deutlich, dass „Road not Taken“ abseits seiner Kombinationsvielfalt nicht allzu viel zu bieten hat.
Dies hat zwei konkrete Ursachen. Zum einen ist die anfänglich recht ordentlich eingeführte Story um die Rolle des Waldhüters nicht sonderlich facettenreich, auch wenn separate Puzzle immer wieder dazu einladen, in dieser Hinsicht neue Details aufzudecken. Zum zweiten bleiben auch das Leben im Dorf und die damit verbundenen Interaktionsmöglichkeiten reichlich oberflächlich.
So wird dem Spieler in der Stadt zwar frühzeitig ein schmuckes Holzhaus zugewiesen, in dem sogar eine – etwas aufdringliche – Katze auf den Hausherren wartet. Dieses dient trotz eines kleinen Mysteriums um den zunächst verschlossenen Keller letztlich aber nur als Ablagefläche für die vielen vorteilbringenden Gegenstände, die man im Spielverlauf einsammelt und von denen insgesamt immer nur zwei mitgeführt werden können.
Und auch außerhalb der vier Wände verspricht „Road not Taken“ mehr, als es hält. Hier kann der Spieler sich – äußerst rudimentär – mit den insgesamt wenigen Charakteren der Stadt unterhalben. Viele Informationen und Optionen gibt es dabei allerdings nicht, sodass die Interaktion meistens darauf hinausläuft, dass der Held dem jeweiligen NPC den – auch noch entsprechend markierten! – Gegenstand schenkt, den dieser sich gerade wünscht, und dafür seinerseits mit einem Gegenstand bedacht wird.
Auch wenn diese Beziehungen im Idealfall in einer kleinen Hochzeit münden: Etwas mehr Komplexität und ein paar mehr Möglichkeiten hätten nicht nur gut getan, sondern wären eigentlich Pflicht gewesen, um die auf Dauer latent monoton werdende Puzzlelei aufzufangen.
Stimmungsvolle Grafik
Immerhin: Technisch gibt es nichts zu meckern. Natürlich darf in dieser Hinsicht auch von „Road not Taken“ keine Glanzleistung erwartet werden. Hochauflösende Texturen und tolle Effekte sucht man vergebens. Alles andere würde mit Blick auf das Genre und die Hardware-Anforderungen – der Titel dürfte auf allen halbwegs aktuellen Konfigurationen konstant bei 60 Bildern pro Sekunde laufen – aber auch überraschen.
Für ein äußerst stimmiges Artwork und eine exzellente Vertonung reicht es aber allemal. In Verbindung mit keinem einzigen Absturz und Bug lässt sich daher sagen: Technisch hat Spry Fox alles richtig gemacht.