Routerzwang: Bundesnetzagentur ermöglicht Schlupfloch

Update Andreas Frischholz
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Routerzwang: Bundesnetzagentur ermöglicht Schlupfloch

Eigentlich hatte die Bundesregierung im Koalitionsvertrag festgehalten, dass der Routerzwang abgeschafft werden soll. Doch der Entwurf für eine Transparenzverordnung von der Bundesnetzagentur, der Golem vorliegt, torpediert in der aktuellen Fassung die Pläne der Regierung.

Laut dem Entwurf hätten Internetprovider nach wie vor die Möglichkeit, einen Internetanschluss mit einem bestimmten Router zu koppeln, sofern die Kunden vor Vertragsabschluss darauf hingewiesen werden. Konkret heißt es in der umstrittenen Passage, dass „das integrierte Zugangsgerät vom Kunden nicht ausgetauscht werden darf“, müsse in den Verträgen festgehalten werden.

In älteren Entwürfen der Transparenzverordnung hieß es hingegen, dass die Verträge einen „Hinweis auf Austauschbarkeit des Netzabschlussgeräts mit frei am Markt verkäuflichen Geräten“ enthalten sollen. Das entspricht der bisherigen Linie der Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag heißt es etwa, Kunden sollen die „freie Auswahl an Routern behalten“. Dementsprechend können jene alternative Modelle nutzen, die eine bessere Ausstattung oder höhere Sicherheitsstandards als die von den Internetprovidern angebotenen Modelle bieten.

Für Internetprovider sind die Zwangsrouter allerdings eine interessante Option, da die Leihgebühren der Geräte eine zusätzliche Einnahmequelle neben den eigentlichen Anschlussgebühren darstellen. Dementsprechend vermutet Golem, dass vor allem die großen Provider bei der Bundesnetzagentur interveniert haben, um die Abschaffung des Routerzwangs auszuhöhlen.

Neben dem Routerzwang befasst sich die Transparenzverordnung noch mit weiteren Punkten wie etwa Vorgaben für Mindesttransferraten. Laut Golem handelt es sich bei dem Entwurf um die finale Fassung, die nun den zuständigen Ministerien vorgelegt wird. Wie diese zu dem entsprechenden Passus stehen, ist derzeit noch nicht bekannt.

Update

Auf Anfrage von ComputerBase hat das Bundeswirtschaftsministerium erklärt, dass sowohl die Bundesregierung als auch die Bundesnetzagentur nach wie vor das Ziel verfolgen, eine „Regelung zur freien Routerwahl in das Telekommunikationsgesetz aufzunehmen“. Im Rahmen der anstehenden Abstimmung wird das Wirtschaftsministerium nun prüfen, inwiefern „die vorgesehene Verordnungsregelung, die mit Blick auf die Transparenzvorgabe den aktuellen Stand wiedergibt, insoweit missverständlich ist“.

Zudem hat die parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries heute erklärt, es wäre einer der wichtigen Schritte hin zu mehr Transparenz, dass Internetprovider verpflichtet werden, die Kunden „in einem Informationsblatt genau über die Bedingungen ihres Internetvertrags zu informieren“. Die Abschaffung des Routerzwangs soll damit jedoch nicht ausgehebelt werden, denn:

Ich setze mich parallel dafür ein, den Internetnutzern eine freie Routerwahl zu ermöglichen. Das Bundeswirtschaftsministerium erarbeitet dazu – wie auch im Koalitionsvertrag vereinbart – einen Gesetzentwurf.

Brigitte Zypries

Dass Handlungsbedarf besteht, zeigen bereits die ersten Reaktionen. Kritik übte etwa der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi), der den aktuellen Entwurf „mit großem Befremden“ registriert hat. „Dass die Bundesnetzagentur jetzt mit einem solchen Entwurf aus der Deckung kommt, zeigt, dass die Politik dringend handeln muss. Der Verordnungsentwurf klingt nicht so, als ob man überhaupt noch Interesse an einer Abschaffung des Routerzwangs hat“, erklärte BITMi-Präsident Oliver Grün.