Destiny im Test: Kein großes Kino, auch nicht nach 30 Stunden
3/4RPG-Elemente
Der MMO-Ansatz macht sich in drei Klassen sowie jeweils zwei Unterklassen bemerkbar. Titan (Tank), Hunter (Scout) und Warlock (Mage) unterscheiden sich in erster Linie in ihren Fähigkeiten. Superkraft, Granate, Nahkampfangriff und Sprungfähigkeit unterscheiden sich und ermöglichen abweichende Spielstile, die Attribute lassen sich hingegen mit allen drei Klasse quasi beliebig umstellen. Wie in Diablo 3 ist es jederzeit möglich, zwischen freigeschalteten Fähigkeiten zu wechseln und so fix auf Missionstypen oder die aktuellen Bedürfnisse der Gruppe reagieren zu können. Gleiches gilt für die Subklasse mit neuem Skillset, die jedoch einzeln gelevelt werden muss – unabhängig vom Rang des Charakters. Erfahrungspunkte sammelt außerdem die Ausrüstung. Hiermit lassen sich Upgrades und Visiere freischalten.
Neue Gegenstände winken vor allem nach absolvierten Mission. Zumeist allerdings in Form von langweiligem Ramsch, übrigens auch bei den Raids. Wer zehn Minuten lang einen spekakulär ausehenden, aber mit zwei Angriffen und viel zu vielen Lebenspunkten sterbenslangweiligen Bossmob sowie vorher seinen ebenso ausstaffierten Gatekeeper tötet, möchte eine Belohnung, eine Schatzkiste zum plündern. Der möchte freudig eine neue Waffe aus den noch warmen Händen des Unterlegenen reißen. Aber selbst das, was der Gegner hergibt, wird nur überaus mager symbolisch in Dreiecksform repräsentiert, weitere Beute zumeist lediglich im Abschlussbericht einer Mission überreicht.
Nicht einmal die Seltenheitsklasse des neuen Zuckerstücks zeigt das Spiel an. Alle Gegenstandsklassen mit Zusatzeigenschaften werden billig zusammengewürfelt, ihr Wert erschließt sich erst nach der Identifizierung. Dazu kommt der „Tower“, der zentrale Hub aller Guardians, ins Spiel. Dort gilt es, Questbelohnungen abzuholen, Kopfgelder, eine Art Herausforderungen, für PvE- und PvP-Modi anzunehmen, und bei Händlern Ausrüstung zu kaufen. Als Kommunikationsplattform versagt der Ort hingegen völlig.
Mit Ladezeiten von rund einer Minute und anschließenden Laufwegen zehrt das Gebilde an Nerven, Aufwand und Ergebnis. Schnell einen Gegenstand identifizieren oder eine Herausforderung abgeben steht in keinem Verhältnis, zumal die Ladezeit der nächsten Mission oder Instanz durch den neu vergebenen Speicher durch die Stippvisite wieder ansteigt. Je länger das Spiel andauert, desto stärker stört der Ladebildschirm. Händler, Quests und Co. wie das Verkaufen (!) von Gegenständen in das Inventar zu integrieren wäre die bessere Lösung gewesen.
Ödes Endgame
Nach dem Erreichen des Maximallevels von derzeit 20 gibt Destiny aktuell keinen Grund mehr zu verweilen – auch wenn Bungie behauptet, dass Spiel beginne eigentlich erst hier. Derzeit kann davon keine Rede sein. Die Story erneut auf höherem Schwierigkeitsgrad und mit modifizierenden Bedingungen zu spielen, entwickelt aufgrund der qualitativen Defizite im Missionsdesign nur geringen Reiz. Dasselbe gilt für das Farmen nach höherwertiger Ausrüstung in Strikes oder dem ab morgen verfügbaren großen Raid, der ein Charakterlevel von 26 voraussetzt. Der lässt sich nur über Ausrüstung erreichen, die Levelboni gewährt – an der Motivation zum Erspielen mangelt es jedoch.
Neue Ausrüstungsgegenstände können außerdem von Händlern gekauft werden. Ausschlaggebend sind der Rang nach Spielmodi und Fraktion sowie jeweils individuelle Währung. Hohe Preise und das pro Woche limitierte Einkommen strapazieren allerdings die Geduld: Ein Mehrspieler-Match mit bis zu zwölf Kontrahenten bringt pro Sieg ganze drei „Crucible-Marks“ sobald Charakterlevel 20 erreicht wurde, ein Rüstungsteil kostet 65 davon. Bei einer Rundendauer von 15 Minuten sind also mindestens fünfeinhalb Stunden für neue Armschienen zu investieren. „Vanguard-Marks“ aus PvE-Aktivitäten sind ebenso rar und wer davon nicht genug bekommt, kann das selbe System sogar mit weiteren Fraktionen nutzen.
Oder auch nicht, denn derzeit bietet Destiny lediglich sattsam bekannte Spielmodi an. Capture and Hold und (Team-)Deathmatch für sechs oder zwölf Spieler sind nichts, was Destiny aus der Masse herausstechen ließe. Ein weiterer Spielmodus wird gelegentlich gewechselt, während des Tests war Capture the Flag im Programm. Enge und offene, stets hübsche Karten mit Fahrzeugen sind immerhin gute Voraussetzungen, um eine Weile Spaß zu haben. Neue Spielmodi sollen noch diesen Monat nachgereicht werden, unter anderem „Iron Banner“, bei dem Level und Ausrüstung der Spieler nicht angeglichen werden – selbstverständlich mit eigenen Gegenständen, Rängen und Bezugsmarken.