EcoPSU: Deutsche Alternative zu 80Plus in Planung
Die Kritik am Effizienzsiegel 80Plus für Netzteile ist vielfältig, trotzdem konnte Inhaber Ecova lange Zeit die Monopolstellung wahren. Mit EcoPSU ist jetzt allerdings ein weiteres Programm in Vorbereitung, das den Wirkungsgrad von PC-Netzteilen bewertet. Das Siegel ist feiner abgestuft.
Während die offizielle Website bisher lediglich als Platzhalter mit Projektankündigung fungiert, liegen ComputerBase bereits erste Informationen vor. Anders als bei 80Plus wird auf eine Einteilung in verschiedene Klassen verzichtet. Das Siegel gibt den im Test durchschnittlich erreichten Wirkungsgrad direkt wieder.
Das niedrigste Siegel trägt die Aufschrift „EcoPSU-81“. Es ziert Netzteile, die im Schnitt 81 Prozent Wirkungsgrad erzielen. Sparsamere Netzteile erhalten eine entsprechend höhere Ordnungszahl.
Schon die niedrigste Stufe erfüllt unter Berücksichtigung der zulässigen Abweichung von zwei Prozentpunkten die neuen Effizienz-Vorgaben für PCs der Europäischen Union. Erfüllt ein Netzteil genau die Anforderungen, erreicht es „EcoPSU-83“.
Hinter der EcoPSU-Initiative steht der Deutsche Robert Juckel, der die Seite Tweak-PC betreibt. Bisher nutzt Juckel für Tests von Netzteilen Messequipment in der europäischen Niederlassung von Cooler Master. Eine Nutzung desselben Equipments für die Zertifizierung ist nicht auszuschließen, zumal ein Mitarbeiter des Konzerns über Linkedin bereits das zertifizierte Exemplar B500 hinweist. Durch Anpassung der URL kommen zwei weitere Modelle zum Vorschein: Das B600 und das B700. Damit ist Cooler Masters günstige Serie, bei der der Hersteller aus Kostengründen auf 80Plus gezielt verzichtet hat, vollständig bei EcoPSU vertreten.
Anders als bei 80Plus werden die EcoPSU-Messungen von Anfang an bei 230 Volt Eingangsspannung durchgeführt, um die Praxisnähe für europäische Anwender zu erhöhen. 80Plus hatte das Testverfahren erst im April 2014 eingeführt.
Juckel möchte einige Schwachstellen in den Abläufen von Ecova von Anfang an vermeiden. So wird zwar zunächst ebenfalls ein vom Hersteller eingereichtes Muster überprüft. Nach der Verfügbarkeit im Handel soll allerdings zusätzlich ein weiteres, regulär erworbenes Exemplar getestet werden – bei Ecova gibt es diese Art der Überprüfung nicht.
Mittelfristig ist zudem die Integration der Resultate unabhängiger Tests von Online-Medien wie ComputerBase geplant, um Abweichungen der späteren Serienexemplare vom ursprünglich eingereichten Muster zu verhindern. Anders als bei Ecova soll es auch nicht möglich sein, Zertifikate auf andere Produkte zu übertragen, indem der Hersteller lediglich versichert, dass die Spannungswandler technisch identisch sind. Jedes Netzteil verfügt bei EcoPSU über seine eigene Identifizierungsnummer sowie einen QR-Code, über die das Modell in der Datenbank samt Testergebnis auffindbar ist.
Unklar ist, welche Netzteilhersteller neben Cooler Master zum Start am Zertifizierungsprogramm teilnehmen. Juckel befindet sich allerdings mit mehreren Herstellern in Verhandlungen. Insbesondere die Bereitschaft der Netzteilhersteller, neben den hohen Kosten für das international bekannte 80Plus-Siegel weiteres Geld für eine zusätzliche europäische Zertifizierung auszugeben, bleibt abzuwarten. 80Plus verlangt rund 1.500 US-Dollar pro Modell. Sollte das Equipment von Cooler Master zum Einsatz kommen, dürften andere Hersteller auch auf dieser Grundlage ihre Bedenken anmelden.
Grundsätzlich ist der Zeitpunkt für die Markteinführung aber günstig: Die Unsicherheit nach der Einführung der EU-Minima zum 1. Juli hat das Interesse an Zertifikaten deutlich erhöht. Systemhäuser, die Netzteile ohne Zertifikate in Komplett-Rechner verbauen, müssen ansonsten selbst sicherstellen, dass die ausgewählten Spannungswandler mindestens 82 respektive 85 Prozent Wirkungsgrad erreichen.