Klassiker neu entdeckt: Nukleare Postapokalypse in Fallout von 1997

 2/2
Max Doll
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Spielablauf und Technik

Freiheiten eröffnet Fallout ab der Charaktererstellung. Nicht alle Spielstile sind zwar gleichermaßen gangbar, möglich aber ist eine ganze Menge. Wer mit einer debilen Figur durch das Ödland stapfen möchte, kann das selbstverständlich in Angriff nehmen. Interplay hat sich allerdings die Mühe gemacht, die Dialoge für Charaktere mit mangelhaften Intelligenzwerten neu zu schreiben: Viel mehr als ödes Herumgegrunze bleibt von der Interaktion nicht übrig.

Neben-Quests und Lösungswege schrumpfen ebenso zusammen, wenngleich sich das Spiel immer noch beenden lässt – Welt und Konzept sind bis hin zu Details durchdacht. Wer etwa „Nuka-Cola“ trinkt, regeneriert deshalb nicht nur Lebenspunkte, sondern bekommt auch einen „Deckel“ – die Endzeitwährung.

Fallout (1997)
Fallout (1997)

An anderer Stelle greift natürliche Selektion ein. Mit einem minimalen Agilitätswert ist im Kampf weder Gegenwehr noch Flucht möglich; Pech gehabt hat, wer Phlegma pflegt. Ohne großartige Hilfestellungen erlaubt es Fallout Spielern, auf vielfältige Weise einfach dämlich zu sein. Mitzudenken gehört quasi zu den minimalen Systemanforderungen des Spiels, wobei die Komplexität auf noch überschaubarem Niveau bleibt. Zehn Charakterattribute, die Basiswerte wie Lebenspunkte und Trigger für Ereignisse beeinflussen, sowie eine weitere Anzahl Fähigkeiten, von denen sich drei mit doppelter Geschwindigkeit ausbauen lassen.

Eine weitere Entscheidungsebene entsteht durch Charakterzüge. Während manche lediglich Statuswerte modifizieren, sind andere Boni weniger schnell zu durchschauen: „Bloody Mess“ etwa hat in Kämpfen visuelle Auswirkungen, beeinflusst aber auch das Ende des Spiels. Die offene Welt trennt zwar klar zwischen Gut und Böse inklusive eines rudimentären Rufsystems, das Ödnis-Schurken entlarvt, bietet ansonsten aber vielfältige Lösungsmöglichkeiten. Diplomaten kommen ebenso wie Sam-Fisher- oder Rambo-Verschnitte auf ihre Kosten.

Speziell auf Breitbildmonitoren mit hohen Auflösungen leidet die postapokalyptische Welt visuell durch das größere Sichtfeld, die Ästhetik der Zerstörung gerät nach 17 Jahren etwas eintönig. Unter fehlenden Orientierungsmarkern leidet die Orientierung zuweilen, zumal wichtige Charaktere nicht immer eindeutig zu identifizieren sind. Grundsätzlich wird so neben dem Mitdenken die Auseinandersetzung mit der Welt als grundsätzliche Überlebensstrategie vorausgesetzt. Gerade zu Beginn des Spiels gilt es, knappe Ressourcen zu managen und frische zu beziehen – wohl dem, der etwa den Knopf zum Handeln bei dialogfähigen Nicht-Spieler-Charakteren (NSCs) nutzt. Zusammen mit dem Erkunden alter verfallener High-Tech-Relikte stellt sich so ein wohliges Endzeit-Feeling ein.

Die verglichen mit großen Rollenspielen der Ära stärker actionorientierten Kämpfe mit nur einem Charakter bringen auf andere Art Taktik ins Spiel. Position und Auswahl des richtigen Angriffs entscheiden über den Erfolg. Dabei lassen sich nur zwei Gegenstände oder Waffen im Schnellzugriff auswählen, der Inventarzugriff kostet zusätzlich Aktionspunkte. Ohne Deckungssystem werden die Begegnungen aber nicht übermäßig anspruchsvoll, sodass der Kampf lediglich ein Spielelement unter vielen bleibt. Der optionale Begleiter agiert dabei selbstständig, neigt mit automatischen Waffen jedoch dazu, Schusslinien zu ignorieren und ein halbes Magazin in den Rücken des Spielers zu leeren.

Ebenso wichtig wie Auseinandersetzungen gerät die (lesebasierte) Interaktion mit der Umgebung im Adventure-Stil. Oftmals zentral ist, auf die Beobachtungen der Figur im Statusfenster zu achten und per Mauszeiger abzufragen, um etwa Schließfächer als interaktive Elemente zu entlarven. Bei Bedarf können Fähigkeiten so gezielt angewendet werden, die Zuordnung, etwa „Reparieren“ auf den kaputten Generator, muss manuell erfolgen; Hilfestellungen gibt das Spiel nicht. Fallout bietet zumeist mehrere Lösungsstrategien an, die teils der Kreativität des Spielers überlassen sind. Wer böse ist, schummelt so scharf gemachten Sprengstoff in Taschen und wartet unschuldig auf den Knall.

Zielen kostet „AP“, verursacht aber mehr Schaden
Zielen kostet „AP“, verursacht aber mehr Schaden

Mitdenken, Wege finden, lesen, tüfteln: Aufmerksamkeit wird oft belohnt, da nicht jede Handlung automatisiert vonstatten geht. Dabei stößt man mitunter auf hilfreiche „Glitches“. Begleiter etwa haben wie der eigene Charakter eine begrenzte Tragekraft, aber mit ausgeprägter Kostenlosmentalität, die sie alles kaufen lässt, was ihnen über das Handelsmenü angeboten wird. Bei Bedarf kann man den raffgierigen Packeseln das Benötigte wieder aus dem Rucksack klauen; die Erfolgschance erreicht bei Begleitern immer 100 Prozent. Und auch sonst findet, wer sich an Interaktionen mit der Welt versucht; dem Sprengen von Türen etwa, dem Nutzen temporärer Booster und Drogen - die Möglichkeiten und Kombinationen sind vielfältig. Nur vereinzelt übertreibt das Spiel den eigenen Anspruch. Wer einen radioaktiv verseuchten Krater ohne Strahlenschutz besucht, stirbt in jedem Fall zwei Tage später; Rettung ist nur mit einem alten Spielstand möglich.

Technik

Wie so oft bei Spielen des letzten Jahrtausends arbeiten auch die Installationsroutinen von Fallout nicht mit 64-Bit-Betriebssystemen. Ältere Ausgaben des Spiels müssen daher manuell installiert werden, neuere, auf DVD veröffentlichte Komplettausgaben wie die Fallout-Trilogie sind nicht betroffen. Die aktive Fangemeinde des Spiels hat mittlerweile alle wichtigen Mods inklusive Widescreen-Unterstützung im „Fixt“-Paket zusammengefasst. Sofern der Mauszeiger Probleme bereitet, hilft die dazugehörige „f1_res_Config.exe“.

Fallout (1997)
Fallout (1997)

Bessere Texturen, kleinere und größere Modifikationen am Gameplay sowie Fehlerbehebungen finden sich hier zusammen mit dem offiziellen Strategie-Guide sowie einem Designdokument zum Spiel. Die Modifikationen abseits der Fehlerbehebungen sind optional und können bei der Installation konfiguriert werden.

Viele Änderungen fügen Elemente aus Fallout 2 ein und verbessern den Klassiker damit massiv: Unter anderem können Begleitern nun Rüstungen angezogen werden, was ihre Überlebenschancen gegen Ende des Spiels erheblich verbessert. Aktuell plant die Community, Fallout auf die Engine des Nachfolgers zu portieren. Die „FO1-to-FO2-Conversion“ wird jedoch nicht in der näheren Zukunft erscheinen.

Weiterhin erwähnenswert sind die Fallout-Anlaufstelle No Mutants Allowed! sowie der umfangreiche und „fast ultimative Fallout-Guide (englisch)“, der quasi alle Fragen rund um Spiel, Mechaniken und Technik beantwortet.

Das Loch hat ohne Strahlenschutz hässliche Nachwirkungen
Das Loch hat ohne Strahlenschutz hässliche Nachwirkungen

Fazit

Auch wenn Fallout an der einen oder anderen Stelle etwas Durchhaltevermögen erfordert (nicht umsonst warnt schon das Handbuch: regelmäßig auf verschiedenen Speicherplätzen sichern), bestechen viele Elemente nach wie vor durch ihre zeitlos gelungene Umsetzung. Fallout ist zwar kein episch langes Rollenspiel, erlaubt dadurch aber das Auskosten des hochqualitativen Sandkastenkonzeptes: Erstaunlich, wie viel mit einfacher Technik möglich war. Fallout bleibt intelligent, vielseitig und überaus unterhaltsam. Wer Rollenspiele mag, wird mit Fallout sowie dessen in jeder Hinsicht umfangreicherem Nachfolger zweifelsohne eine Menge Spaß haben: Radscorpion am Spieß mit kalter Nuka-Cola schmeckt auch heute noch.

Fallout (1997)
Schnellcheck Fallout 1
Getestete Version 1.2 Fixt
Altersfreigabe ab 16 Jahren
Systemanforderungen Intel Pentium 90
16 MB RAM
1 MB Grafikkarte
Widescreen via Fixt
Mods Gameplay und Features
Kompatibilität bis Windows 8.1 (x64)
Probleme Installer nicht 64-Bit-kompatibel
Mauszeiger auf Multi-Monitor-Systemen
Empfehlung Ja

Bisher erschienen

In der Serie „Klassiker neu entdeckt“ bereits erschienen:

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