Threshold: „Windows 9“ heißt Windows 10, Beta ab 1. Oktober
Jetzt ist es offiziell: Mit dem nächsten Windows wird vieles anders. Die erste Überraschung ist der Name. Die neunte Ausgabe von Windows heißt „Windows 10“, ein Windows 9 wird es nicht geben. Dem klassischen Desktop gibt Microsoft mit Windows seinen Stellenwert zurück. Und Windows Phone wird integriert.
„Unternehmen werden genau die Werkzeuge finden, die sie benötigen“, verspricht Windows-Chef Terry Myerson. Und Joe Belfiore, in der Vergangenheit verantwortlich für Windows Phone, ergänzt: „Anwender von Windows 7 werden das System, das ihnen bekannt ist, in Windows 10 wiedererkennen. [...] Wir wollen Anwendern mit Maus und Tastatur die bekannte Benutzeroberfläche wiedergeben.“ Und auch die „geübtesten Anwender“, die nur mit Tastatur arbeiten, sollen mit Windows 10 über neue Möglichkeiten in der Konsole wieder Gehör gefunden haben – inklusive Kopieren und Einfügen.
Wer Windows 10 auf einem klassischen Rechner ohne Touch-Display einsetzt, der wird den klassischen Windows-Desktop wie unter Windows 7 nicht mehr verlassen müssen. Dafür sorgt neben einem neuen Startmenü an klassischer Position auch der Betrieb von Modern-UI-Applikationen im Fenster-Modus. Die von Microsoft zu Demonstrationszwecken gezeigte Version trägt die Build 9841 – die Version, auf die ComputerBase seit Anfang September Zugriff hat, basiert auf Build 9834.
Das neue Startmenü bietet im Kern dieselbe Funktionalität wie das von Windows 7 bekannte, kann in der Horizontalen allerdings um die aus Windows 8 bekannten Kacheln erweitert werden. Je höher die Auflösung, desto mehr Fläche steht zu diesem Zweck zur Verfügung. Optional können die Kacheln auch vollständig aus dem Menü entfernt, oder wieder zum bekannten Vollbildstartmenü aus Windows 8 gewechselt werden.
Auch Modern-UI-Apps starten im nächsten Windows im Fenster-Modus auf dem Desktop und nicht mehr in der Vollbildansicht. Die Charms Bar, die in Windows 8 am rechten Bildschirmrand eingeblendet werden kann, wandert als zusätzlicher Menüpunkt in die Statusleiste von Anwendungen – auch das kommt der Bedienung mit der Maus, wie sie der Desktop seit jeher bot, zugute. Auf PCs mit Touch-Monitor bleibt die Charms Bar hingegen am rechten Bildschirmrand per Wischgeste erreichbar.
Microsoft belässt es mit dem nächsten Windows allerdings nicht bei der erneuten Anpassung der Benutzeroberfläche, auch neue Funktionen sind mit an Bord. So bietet auch Microsofts Betriebssystem in Zukunft ohne Zusatzsoftware die Möglichkeit, Anwendungen auf mehreren virtuellen Desktops zu organisieren. Linux und OS X bieten diese Funktion seit Jahren. Auch bei „Task View“ bedient sich Windows 10 einer bei der Konkurrenz bekannten Funktion: Per Mausklick werden alle Applikationen, die auf dem Desktop voreinander und teilweise überdeckt geöffnet sind, nebeneinander angezeigt. Bei Apple heißt diese Funktion Exposé. „Wir wollen auch weniger versierten Anwendern das Multitasking erleichtern“, erklärt Belfiore. Auf Geräten, die über einen Touch-Monitor verfügen, ist Task View per Wischgeste vom linken Bildschirmrand aufrufbar.
Von Windows Phone erbt das nächste Windows die Benachrichtungszentrale. Benachrichtigungen wie eingehende Skype-Anrufe, E-Mails oder Terminerinnerungen können an diesem zentralen Punkt gesammelt werden. Jede Anwendung, die Benachrichtigungen anbietet, kann vom Anwender in den Einstellungen allerdings deaktiviert werden. Die Möglichkeit, einen Zeitraum zu definieren, in dem keine störenden Erinnerungen durchgelassen werden, besteht ebenfalls.
Auf Tablets, die einzig und allein auf Touch beruhen, setzt Microsoft die Trennung von klassischer Umgebung und Touch-Benutzeroberfläche mit dem nächsten Windows ebenfalls konsequent durch. So wird es den Desktop auf dieser Geräteklasse gar nicht mehr geben – Windows RT für Tablets mit ARM-SoC bot die Umgebung noch an. Windows wird ein Betriebssystem für alle Geräte bleiben, die Windows-8-Strategie, die Benutzeroberflächen für alle Geräteklassen zu vereinen, wird allerdings aufgegeben: Ein Betriebssystem, mehrere Gesichter, lautet die neue Strategie.
2-in-1-Geräte, die mal Tablet, mal Notebook sind, werden über die neue Funktion „Continuum“ nahtlos zwischen der einen und der anderen Welt wechseln können. In der Testversion, die ComputerBase vorliegt, ist diese Funktion noch nicht enthalten.
Windows 10 passt sich zukünftig an das jeweilige Gerät an, das Nutzer verwenden – von der Xbox bis zu PCs, Smartphones und Tablets. Damit ermöglicht Windows 10 eine konsistente Nutzererfahrung auf allen Windows Devices. Windows 10 läuft zukünftig auf einer noch nie dagewesenen Bandbreite an Geräten, vom "Internet der Dinge" bis hin zu unternehmenseigenen Rechenzentren weltweit.
Microsoft betont, dass es sich noch um eine sehr frühe Version der Software handelt. Bis zur Veröffentlichung werden noch weitere Funktionen hinzugefügt, über die der Konzern zu gegebenem Zeitpunkt sprechen wird.
Zum zukünftigen Vertriebsmodell oder dem Preis, egal ob für das Update von Windows 8.1 oder als alleinstehende Version, gab Microsoft keine Informationen bekannt. Gerüchte, das Update von Windows 8.1 werde kostenlos sein, bleiben Gerüchte. Auf die Frage, ob Windows 10 mit unterstützten Bildschirmdiagonalen von vier bis achtzig Zoll auch das nächste Betriebssystem für Windows-Smartphones sei, antwortet Belifore hingegen mit „Ja“. Und auch die Xbox soll in Zukunft mit Windows 10 laufen.
Dem gemeinsamen Betriebssystem wird Microsoft einen gemeinsamen App Store zur Seite stellen, die im April 2014 erstmals gezeigten universellen Apps werden mit Windows 10 über die gesamte Spannbreite der unterstützten Endgeräte ausgerollt.
Firmenkunden und Enthusiasten wird Microsoft mit einer „Technical Preview“ ab dem 1. Oktober einen ersten Einblick in das neue Betriebssystem gewähren. „Wir laden alle Enthusiasten ein, sich Windows 10 anzusehen“, so Myerson. Der Download der Software im „Windows Insider Program“ wird über die Domain preview.windows.com möglich sein. Ob er jedermann zur Verfügung steht, gab Microsoft zur Stunde noch nicht bekannt.
Inwiefern die öffentliche Testversion sich von der Beta unterscheidet, die ComputerBase seit Anfang September vorliegt, ist nicht bekannt. Der Beta mit dem Build 9834 ist an vielen Stellen der frühe Status der Entwicklung anzumerken. Die neue Benachrichtigungszentrale funktioniert nicht zuverlässig und das Design kommt einem Entwurf gleich, die virtuellen Desktops lassen sich bisher nur über Kontextmenüs organisieren.
Eine Absage gab es zum Abschluss an den bisher gehandelten Veröffentlichungstermin: „Im späteren Verlauf des Jahres 2015“, teilt Microsoft mit. Im April 2015, dem bisher gemutmaßten Termin, wird Microsoft zur Entwicklerkonferenz Build vorerst nur mehr Details zu universellen Apps bekannt geben.