Quartalszahlen: Amazon mit einer halben Milliarde Verlust
Amazon verärgert die Anteilseigner mit einem riesigen Nettoverlust von 437 Millionen Dollar in einem Quartal. Der Betriebsverlust verzwanzigfachte sich sogar von 25 auf 544 Millionen Dollar. Bereits im Juli zur Veröffentlichung der letzten negativen Quartalszahlen wurden die schlechten Ergebnisse vorhergesagt.
Die nun präsentierten Zahlen sind zwar besser als die negativste Prognose, die von einem Betriebsverlust von bis zu 810 Millionen Dollar ausging. Nach Bekanntgabe der Zahlen brach der Aktienkurs dennoch um über zehn Prozent ein und pendelte sich unter dem 52-Wochen-Tief ein.
Amazon verfolgt seit der Firmengründung eine aggressive Expansionspolitik, Wachstum ist oberstes Unternehmensziel. Als mittlerweile weltweit unangefochtener Marktführer im Online-Versand tut sich der Konzern allerdings schwer, Profit aus dieser Position zu schöpfen. Hohe Investitionen in neue Geschäftsfelder belasten die Bilanz zusätzlich. Eigene Streaming-Dienste, Tablets, ein Smartphone, E-Book-Reader, die laufende Errichtungen neuer Lagerhäuser und Datenzentren und die Forschung an außergewöhnlichen Geschäftsmodellen sorgt für steigende Ausgaben, zwölf Prozent der Einnahmen wandern in Technologie und Inhalte. Allein im dritten Quartal wuchs die Belegschaft um 36 Prozent auf knapp 150.000 Mitarbeiter.
Die Vorhaben sind dabei nicht immer von Erfolg gekrönt. Amazons erstes Smartphone, das Fire Phone, scheiterte zuletzt: Die groß angekündigte Eigenentwicklung erwirtschaftete nicht die erhofften Gewinne. Trotz teurem Marketing und Preissenkungen verkauft sich das Smartphone schlecht, schlechte Kritiken taten ihr übrigens. Allein das Fire Phone verursachte so nach Informationen von Re/code Abschreibungen in Höhe von 170 Millionen Dollar.
Zuletzt hatte Amazon mit einer Reihe von Maßnahmen im operativen Geschäft versucht, die Kosten zu senken. Versandkostenfrei liefert der Konzern mittlerweile erst ab 29 Euro und nicht mehr ab 19 Euro Bestellwert, der Premium-Dienst „Prime“ kostet mehr und Provisionen für Käufe über Links im Netz wurden drastisch zusammen gestrichen.
Die große Frage ist, ob und wie lange die Aktionäre die Expansionsstrategie und den schier grenzenlosen Optimismus des Konzernes mittragen – und ob sich die steigenden Umsätze auch entsprechend auszahlen. „Wir wissen, dass wir die Gelegenheiten, die wir verfolgen, sehr genau auswählen müssen“, äußerte Amazon-CFO Tom Szkutak in einer Telefonkonferenz. In den vergangenen Jahren habe sich Amazon in einem „Investitionsmodus“ befunden, der in Zukunft für Gewinne sorgen soll.
In Nordamerika arbeitet Amazon dagegen schon heute profitabel und erwirtschaftete in dieser Region einen Betriebsgewinn von 88 Millionen Dollar. Im Vergleich zum Vorjahresquartal sind dies 70 Prozent weniger, doch die Zahlen sind leicht verzerrt, denn einige Kosten, die vollständig in Nordamerika verbucht werden, kommen dem Konzern weltweit zugute – etwa Entwicklungskosten. Mit Werbedienstleistungen, den Amazon Web Services und Kreditkarten konnte Amazon in der Region einen Umsatzanstieg von 40 Prozent auf 1,34 Milliarden Dollar verzeichnen.
Für das aktuelle vierte Quartal des Jahres sieht sich Amazon außerstande, eine auch nur ansatzweise genaue Prognose abzugeben. Das operative Ergebnis könnte einen Verlust von bis zu 570 Millionen Dollar aufweisen, es wäre aber auch ein Gewinn von bis zu 430 Millionen Dollar möglich.