Civilization: Beyond Earth im Test: Lifting für eine Grande Dame der PC-Spiele
2/4Auf einen Blick
Am Anfang steht auch von „Civilization: Beyond Earth“ (CBE) ein Intro. Das ist deswegen erwähnenswert, weil es in wenigen Minuten und überraschend dramatisch inszeniert erklärt, warum „Civilization“ dieses Mal nicht auf der Erde, sondern auf fernen Planeten spielt.
Ursächlich ist natürlich die ultimative Katastrophe, die in CBE nur als „Großer Fehler“ Erwähnung findet und sich offenbar aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Feststeht, dass die Erde aufgrund dieses Fehlers mittelfristig unbewohnbar werden wird, weswegen acht Fraktionen alle ihre Ressourcen zusammenraffen, um separat Expeditionen in eine entfernte Galaxie auf die Beine zu stellen. Ausgewählt per Kraft, Fähigkeiten und Los bricht so eine Handvoll Menschen zu entfernten Ufern auf, während der Rest zurückbleibt und dem Ende des Planeten entgegensieht.
Nach dieser gelungenen Einführung ist es fast schon ein wenig enttäuschend, dass selbstverständlich auch dieses „Civ“ wieder ohne echte Kampagne auskommt, denn das Setting würde eine spannende Erzählung definitiv hergeben. Ein echter Kritikpunkt ist das aber nicht, denn so war es in der Reihe schon immer: Nicht die Story, sondern das freie Spiel macht den Reiz aus.
Neue Spieleinrichtung
Die zentrale Frage ist also, wie sich dieses freie Spiel im Rahmen des neuen Settings gestaltet. Schon die Spielerstellung folgt in CBE einem anderen Muster als beispielsweise beim Vorgänger. Nach wie vor kann der Spieler allerdings relativ detailliert Hand an die einschlägigen Parameter legen, wobei neben dem Schwierigkeitsgrad vor allem auch die Beschaffenheit der Karte (Größe, Verhältnis Wasser- und Landmassen, klimatische Bedingungen) und Details wie das Aufkommen von Ressourcen eine Rolle spielen.
Neu ist, dass nicht mehr die Wahl einer großen historischen Persönlichkeit über die Eckdaten der zu gründenden Zivilisation entscheidet. Stattdessen hat die Wahl von bestimmten Aspekten der Reise zur neuen Heimat einen Einfluss auf die Bedingungen, mit denen der Spieler startet. Zu diesen Aspekten gehört allen voran wie in den Vorgängern die Fraktionswahl.
Die Panasien-Kooperation baut etwa Wunder besonders schnell und auch die Bautrupps der asiatischen Gemeinschaft sind flinker als die der anderen. Die südamerikanische Fraktion „Brasilia“ versteht sich bestens auf den Kampf und gibt ihren Einheiten ein ordentliches Plus bei der Nahkampfstärke mit. Polystralien ist dagegen ideal für Handeltreibende, da es über mehr entsprechende Wege verfügt. Und die Städte der Afrikanischen Union produzieren zehn Prozent mehr Nahrung, sodass einem zügigen Bevölkerungswachstum weniger im Wege steht.
In CBE bestimmt darüber hinaus die Art des Raumschiffs, mit welchen Vorteilen die Expedition ins freie Spiel startet. Und auch die Wahl der Kolonisten geht mit unterschiedlichen Boni einher. Flüchtlinge etwa bringen Pluspunkte auf die Nahrung, Wissenschaftler auf die Forschungsrate, Ingenieure beschleunigen die Produktion, Künstler die für die Ausbreitung entscheidende Kultur und Aristokraten sorgen für mehr Geld (die Währung in CBE ist Energie) und Gesundheit.
Auf diesem Wege lässt das Spiel uns schon zu Beginn an der richtigen Strategie tüfteln. Möchte der Spieler beispielsweise expansiv mir viel Militär auftreten, wird er oder sie sich vielleicht für Brasilia entscheiden – und an Bord seines Raumschiffs eventuell eher Ingenieure oder Aristokraten transportieren. Für ein zügiges Wachstum bietet sich dagegen die Afrikanische Union in Kombination mit Flüchtlingen oder Künstlern an.
Die neue Spieleinrichtung ist prinzipiell nur einer kleiner Punkt, der aber bereits seine Wirkung auf das neue Spielgefühl entfaltet.
Neue Spielwelt
Im freien Spiel wird deutlich, dass das neue Setting weitreichende optische Auswirkungen hat. Zwar ist CBE nach wie vor in unterschiedlich große Land- und Seemassen organisiert. Doch was hier kreucht und fleucht, hat nichts mehr mit dem klassischen „Civilization“ zu tun.
Dies liegt allen voran an den Bewohnern, deren Gestaltung an die Erscheinung von Wespen, Würmern, Käfern und Kraken angelehnt ist. Dabei sind die Ureinwohner aber nicht per se feindseelig, sondern unberechenbar: Während manchmal ein Angriff erfolgt, lassen die Aliens die Ankömmlinge ein andermal auch gewähren, sofern sie ihren Nestern nicht zu nah kommen.
Und auch bei den Ressourcen hat das Weltraumsetting Implikationen. Auffällig ist zuallererst eine Alienmasse, die zumindest zu Beginn schädliche Wirkung auf menschliche Einheiten hat und bei kriegerischen Auseinandersetzung deshalb in die Strategie einbezogen werden muss. Neben Standard-Rohstoffen wie Gold, Öl und Nahrung kann der Spieler darüber hinaus auch ungewöhnlichere Materialien wie Titan und Firaxit abbauen. Der Kampf um die richtigen Standorte auf der karte ist also garantiert.
Insgesamt ist die neue Spielwelt auf dieser Basis gelungen, auch wenn die sonstigen Strukturen wie Berge, Dschungel oder Wüsten genauso auch auf der Erde vorkommen könnten.