Civilization: Beyond Earth im Test: Lifting für eine Grande Dame der PC-Spiele
3/4Neue Gameplay-Elemente
Das neue „Civ“-Setting sieht nicht nur anders aus, der Wechsel von der Erde auf einen unbekannten Planeten bringt auch Veränderungen an der Spielmechanik mit sich und führt so indirekt zur Frischzellenkur der Serie.
Dazu ist zunächst zu sagen, dass die Entwickler erwartungsgemäß keine Hand an die Grundfesten der Reihe anlegen. Firaxis bedient sich hier großzügig beim von „Civilization V“ gesetzten Status quo. Nach wie vor blickt der Spieler also aus der Vogelperspektive auf eine in sechseckige Geländefelder eingeteilte Karte, die zugweise von Einheiten durchschritten werden und auf der Städte gegründet und Ressourcen-Gebäude platziert werden können. Dabei werden auch mit „Civilization V“ eingeführte Veränderungen wie die Regel, der zufolge pro Geländefeld nur ein Typ einer Einheitengattung platziert werden kann, übernommen. Das Stapeln von Kampfeinheiten zu Verbänden ist also auch in CBE nicht mehr möglich.
Und auch sonst fühlen sich Kenner der Reihe sofort heimisch, denn auch die anderen gängigen „Civ“-Elemente wurden mitgenommen. Auch in CBE geht es deswegen darum, möglichst zügig und clever Technologien zu erforschen, eine Armee aufzustellen, Modernisierungen zu errichten, Diplomatie und Handel zu betreiben und auf die ein oder andere Weise zum Sieg zu gelangen.
Alles beim Alten also? Ganz und gar nicht, denn innerhalb dieser typischen „Civ“-Bausteine hat sich einiges geändert. Diese Detailänderungen werden beim Blick auf die Forschung als erstes deutlich. Hier zeigt sich: Der klassische „Techtree“ hat ausgedient.
Der Forschungsbaum ist Geschichte
Stattdessen ist die Wissenschaft jetzt in einem aufeinander aufbauenden Netz organisiert, das dem Spieler mehr Freiheiten zugesteht aber auch mehr Entscheidungen abverlangt.
So kann man nicht nur festlegen, in welche Richtung die eigene Zivilisation ihre Forschungsbemühungen richten soll. Auch auf die Intensität kann Einfluss genommen werden, da alle Technologien über mindestens eine Sub-Technologie verfügt. So stellt sich immer wieder die Frage: Soll das bestehende Wissen vertieft werden, oder sollen die Labore sich auf die Erforschung von neuen Technologien konzentrieren?
Affinitäten als Schlüssel zum Sieg
Eng mit der Forschung verwoben sind die neuen Affinitäten, da eine bestimmte Zugehörigkeit exklusiven Zugang zu bestimmten Technologien ermöglicht. Dies soll für Varianz im Gameplay sorgen und den Wiederspielwert von CBE erhöhen – ein Anspruch, der auf den ersten Blick funktioniert.
Dabei basierenden die drei verfügbaren Affinitäten auf Einstellungen, die Kolonisten zu ihrem neuen Dasein haben können. Wer sich etwa für „Harmonie“ entscheidet, akzeptiert die neue Umwelt und wird über genetische Modifikationen versuchen, alte und neue Lebensformen zusammen zu führen. Wer „Vorherrschaft“ anstrebt, setzt auf eine spezialisierte, hochtechnologische Zivilisation, in der der Mensch sich bestenfalls über genetische Modifikationen zu einem unzerstörbaren Organismus entwickelt. Die Anhänger der „Reinheit“ sehen in ihrer neuen Heimat eine feindlich Umgebung, die defensive Strategien erforderlich macht und schnellstmöglich in eine zweite Erde transformiert werden muss. Für die heimischen Lebensformen ist in diesem Konzept kein Platz, eine friedliche Koexistenz ist ausgeschlossen.
Die Zugehörigkeit zu einer dieser Ideologien wird maßgeblich über kleine, inhaltlich eher unspektakuläre Quests gesteuert, an deren Ende häufig eine Entscheidung wartet. So trifft der Spieler beispielsweise auf eine weitere menschliche Expedition, die aufgrund von widrigen Umständen nur mit Augmentierungen überleben konnte. Hier stellt sich dann die Frage, ob diese Population integriert („Vorherrschaft“) oder weggeschickt („Reinheit“) werden soll.
Die so getroffenen Entscheidungen haben nicht nur einen Einfluss auf den technologischen Fortschritt, sondern auch auf die Entwicklung der Einheiten und letztlich auch auf die Siegbedingungen. Zwar verfügt jede Einheitengattung über einen grundlegenden, allgemein zugänglichen Typ. Die neuen Spezialisierungen sind aber abhängig von den Affinitäten. Sie gibt vor, in welche Richtung der Spieler sein Militär entwickeln kann.
Mit Blick auf die Siegbedingungen sind die Affinitäten schließlich entscheidend. In „Vorherrschaft“ muss der Spieler ein Portal zur Erde errichten und diese überrennen, um die alten, tödlichen Lebensgewohnheiten der Menschen vom Planeten zu tilgen. In „Reinheit“ muss dasselbe Portal genutzt werden, um mit einer Schar Siedler in eine neue, verheißungsvolle Welt aufzubrechen. Die Anhänger der „Harmonie“ müssen dagegen eine Maschine konstruieren, mit der die Menschen sich mit den Ur-Wesen und dem Planeten zu einem gemeinsamen Bewusstsein verbinden können.
Damit sind die Affinitäten die weitreichendste und eine zugleich sehr gelungene Neuerung: Sie beeinflussen nicht nur die wichtigen Bereiche des Gameplays, sondern liefern auch Anreize, sich auch nach einem ersten Sieg weiter mit CBE zu beschäftigen.
Werte als strategisches Instrument
Erwähnenswert sind auch die Werte, die wie die Ausgangsbedingungen, die Affinitäten und die Forschung ebenfalls dazu genutzt werden können, die strategische Ausrichtung der eigenen Zivilisation zu beeinflussen. Unterteilt in „Macht“, „Wohlstand“, „Wissen“ und „Industrie“ halten die in Baumform organisierten Werte zahlreiche Verbesserungen bereit, deren Freischaltung sinnvoll mit dem eigenen Spielstil und den Spielzielen verbunden werden kann.
Verdeckte Operationen
Und auch bei der Spionage hat sich etwas getan. Nach wie vor kann der Spieler über ein Agentennetz verfügen, das in CBE aber etwas mehr Kompetenzen erhält. So ist es nicht nur möglich, die Aufstellung von gegnerischen Städten auszuspähen, Gegenspionage zu betreiben und Technologien zu stehlen; auch Geld (Energie) und Wissen können abgezogen werden. Darüber hinaus kann ein Agent mit hoher Erfahrung auch eine dreckige Bombe platzieren oder einen Sandwurm zu einer gegnerischen Stadt locken – verheerende Zerstörungen sind garantiert.
Was dabei zumindest im dritten von sechs Schwierigkeitsgraden auffällt: Die Spionage ist zu sehr Selbstläufer. Es mag an der vergleichsweise niedrigen Herausforderungen liegen, aber unsere verdeckten Operationen gelangen eigentlich immer.
Solide Technik
Technisch präsentiert sich „Civilization: Beyond Earth“ auf einem soliden Niveau. Grafisch hat sich im Vergleich zum Vorgänger zwar nicht allzu viel verändert, stimmig ist die Optik aber allemal.
Gefühlt haben die Entwickler vor allem Hand an die Optimierung gelegt. Gerade in den ersten hundert Runden läuft CBE unserem Eindruck nach schneller. In riesigen Settings und späteren Rundenverläufen zieht sich die Berechnung allerdings dann doch wieder spürbar in die Länge. Performance-Probleme hatten wir trotzdem nicht: Auf unserem Testsystem lief der Titel bei maximalen Details und in einer Auflösung von 1.920 × 1.080 mit mindestens 45 Bildern pro Sekunde.
Als Besonderheit bietet CBE gleich zur Veröffentlichung Unterstützung für AMDs Low-Level-API Mantle. Besitzer entsprechender Grafikkarten sollten diesen Render-Pfad auch unbedingt wählen, unter DirectX fallen Grafikkarten von AMD deutlich hinter vergleichbare Modelle von Nvidia zurück. Eine separate Analyse wird ComputerBase im Laufe des Donnerstags veröffentlichen.
Abseits der Grafik gibt es bei der KI ein nennenswertes Ärgernis zu verbuchen: Einige Aktivitäten wirken auf dem ansonsten ordentlichen Niveau wie Denkaussetzer. Zu diesen zählt allen voran, dass alle NPC-Fraktionen in jeder Runde alle ihre Truppen zu bewegen scheinen. Auch in Friedenszeiten lassen die Gegner so ständig ihre Verbände sinnlos Hin und Her marschieren, was insbesondere dann absurd ist, wenn die Einheiten am Ende der Runde auf einem Geländefeld ankommen, auf dem sie Schaden nehmen.
Vernichtend ist diese Schwäche allerdings nicht, da sich die KI insgesamt durchaus als solider Gegner entpuppt. Echte Veteranen werden aber ohnehin zügig in den Multiplayer wechseln, in dem man sich auch im Hotseat-Modus messen kann.