Driveclub im Test: Rennspiel mit viel Potential und noch mehr Problemen

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Max Doll
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K(rampf)I

Untergraben wird die an sich gute Idee multipler Zielvorgaben durch die KI der Kontrahenten. Diese ist keineswegs schlecht, nur schlicht im falschen Spiel verbaut: Für Flatout etwa wäre sie ganz hervorragend geeignet. Driveclub aber besitzt ein gestrenges Regelwerk, das zum peniblen Befolgen eines Gentlemen-Kodex zwingt und Kollisionen ab einem bestimmten Tempo oder das Schneiden von Kurven mit temporärer Geschwindigkeitsbegrenzung streng bestraft.

Die Strafen stören den Spielfluss
Die Strafen stören den Spielfluss

Die Computer-Fahrer benehmen sich dagegen ausgenommen rüpelhaft, sie sind mitunter nicht einmal in der Lage, sicher ein geradeaus fahrendes Auto ohne Kollision zu überholen. Auch vor Kurven besteht erhöhte Unfallgefahr, wenn der Spieler zwischen dem zuckelnden Vorausfahrenden und dem per Gummiband-Turbo drängelndem Verfolger klemmt, der selbst über Randsteine mit maximaler Geschwindigkeit ohne ausbrechendes Auto brettern kann. Oftmals wird das eigene Fahrzeug nicht richtig erfasst und deshalb irrwitzig über den Haufen gefahren. Ähnliches passiert, wenn die KI „Rennspannung“ simulieren möchte: Der mit Gummiturbo erzwungene Überholvorgang wird nach dem Einscheren mit einem spontanen Bremsmanöver ausgeglichen, um sich in Simulation eines „Zweikampfes“ wieder überholen zu lassen.

Die rammenden Kontrahenten befördern oft neben die Strecke
Die rammenden Kontrahenten befördern oft neben die Strecke

Der derart in Kollisionen verwickelte landet regelmäßig in der Streckenbregrenzung, dreht sich, fährt auf ein anderes Auto auf, oder ruscht auf der Innenseite einer Kurve durch den Kies. Das alles wird, wie meist auch jede andere Art von Kollision, ohne genauere Bestimmung des Urhebers als unerlaubte Vorteilnahme bestraft – wenig tötet Spaß schneller als das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden. Während der Abzug von „Stilpunkten“ nach ein paar Levelaufstiegen nicht mehr ins Gewicht fällt, weil der in höheren Levelstufen massive Bedarf vor allem über lukrativere Herausforderungen und Meilensteine gedeckt werden muss, wird die erzwungene Geschwindigkeitsbegrenzung zum Spaßkiller.

Farbige Flaggen warnen vor Kurven
Farbige Flaggen warnen vor Kurven

Auf den zuweilen sehr engen Strecken sind die Straßenduelle allein aus diesem Grund wenig motivierend und werden in höheren Fahrzeugklassen, die mit nervöserem Fahrverhalten und weniger Kollisionstoleranz aufwarten, noch verstärkt. Dabei fällt insbesondere die enge Pistenbegrenzung negativ auf, deren Holzzäune keinen Millimeter weichen – wenn denn nicht gleich wie in längst vergangenen Tagen unsichtbare „Wände“ auf den Asphalt zurückwerfen.

Anspruchsvolle Driftwettbewerbe erfordern eine andere Fahrweise
Anspruchsvolle Driftwettbewerbe erfordern eine andere Fahrweise

Weitere Defizite liegen im ausgeprägten Gummiband begraben. Was in Kurven gelegentlich extrem langsam fährt, bekommt auf Geraden unzählige zusätzliche Pferdestärken, besonders Pisten mit wenig Kurven werden zur Qual. In höheren Ligen setzen sich zudem die ersten Autos gerne ab – andersherum funktioniert der Effekt nicht, der Abstand pendelt sich meist bei rund 1,5 Sekunden ein, wobei die KI dicht gedrängt an den Fersen klebt. Mit haarsträubendem Effekt: Jeder kleine Fahrfehler schmeißt den Spieler jederzeit mindestens in die Mitte des Feldes zurück, was Lenkkunst stark entwertet. Langsamer mit weniger Risiko zu fahren bringt mehr Siege. Wenn das kurz vor Rennende passiert, ist trotz Gummiband Frust vorprogrammiert.

Auch im Dunkeln bleibt Driveclub hübsch
Auch im Dunkeln bleibt Driveclub hübsch

Strafen sind dabei nicht immer nachvollziehbar und an einzelne Kurven geknüpft. Im Extremfall reichen zwei Räder neben der Strecke für einen Eingriff der Rennleitung, im Bestfall kann munter abgekürzt werden, ohne dass das System sich nachvollziehbar offenbaren würde. Die KI erschwert durch ihr Verhalten das Erfahren von zusätzlichen Zielvorgaben. Das Erreichen einer vorgegebenen Rundenzeit treibt so fix in den Wahnsinn: Schnarchtempo in Kurven auf der Ideallinie und der Verlust von Positionen auf der Geraden oder Rammstöße führen dazu, dass freie oder saubere Fahrt zu einem zufälligen Ereignis wird. Eine fehlerfreie Runde zu fahren oder eine Zielzeit zu unterbieten wird deshalb zu einer besonderen Herausforderung.

Solider Kern

Im Kern funktioniert der Titel allerdings, wie der Unterhaltungswert des von der KI befreiten Zeitfahrens eindrucksvoll belegt. Runde um Runde an Idealline und Bremspunkten zu feilen, hat etwas motivierendes und befriedigendes. Es ist einfach zu fahren, schwierig hingegen dies mit ansprechender Geschwindigkeit zu tun. Der Verzicht auf das gegenwärtig fast schon obligatorische Zurückspulen des Geschehens sorgt hier für Spannung und schwitzende Hände wie eh und je – Veteranen kennen das Gefühl.

Während jedes Rennens warten zusätzliche Herausforderungen
Während jedes Rennens warten zusätzliche Herausforderungen

Zusätzliche Hilfestellungen gewährt Driveclub nur in Form von farbigen Flaggen am Streckenrand, die grob auf die Geschwindigkeit der folgenden Kurve hinweisen. Gerade Super- und Hypercars wollen dabei deutlich behutsamer bewegt werden und reagieren mitunter deutlicher auf Unebenheiten und Kerbs. Unterschiede im Handling werden also nicht nivelliert, sodass ein Fahrzeugwechsel zu anderen Linien und Fahrweisen nötigt.

Viel Spielraum für eigene Lackierungen gibt es nicht
Viel Spielraum für eigene Lackierungen gibt es nicht

Besonderen Spaß macht die direkt hinter der Windschutzscheibe angeordnete Kameraposition, deren Blickfeld etwa dem im alltäglichen Straßenverkehr entspricht und eine Steilvorlage für Headtracking wäre. Adaptiv von der Kamera abhängige Motorgeräusche und dynamische Lichtverhältnisse mit glaubwürdigem Gegenlicht deuten an, dass Evolution eigentlich weiß, worauf es bei einem Rennspiel ankommt, grafisch jedenfalls ist der Titel prachtvoll.

Unsichtbare Barrieren begrenzen die Strecke
Unsichtbare Barrieren begrenzen die Strecke

Dennoch kann die Klangkulisse nicht immer die nötigen Emotionen wecken. Wenn die Reifen lauter quietschen als der Motor dröhnt, läuft akustisch etwas schief, manches Aggregate klingt zu brav und damit langweilig. Die Behandlung der Fahrzeuge selbst verwundert gleichsam. Ein paar vorkonfigurierte Muster sind alles, was sich individualisieren lässt. Nicht einmal eine einfarbige Lackierung gibt es nach Wunsch. Insofern bleibt es fast müßig zu erwähnen, dass die Konkurrenz in diesen Punkten ein paar Schritte voran ist.

Mehrspieler-Murks

Obwohl der Online-Part ohne KI-Fahrer potentiell mehr Spaß verspricht, besteht auch hier noch Handlungsbedarf. Gegenüber den Solofahrten haben die Evolution Studios das restriktive Regelwerk etwas entschärft. In Folge gehören in vielen Sitzungen hemmungslose Rammstöße zum Alltag, da schon leichte Berührungen am Fahrzeugheck in kapitalen Drehern enden – ein Umstand, der oftmals ausgenutzt wird. Zumindest in den Partien, die sich überhaupt starten lassen. Trotz zahlreicher Updates wird Driveclub durch Verbindungsprobleme geplagt. Nur abseits der Stoßzeiten ist, mehr als eine Woche nach Veröffentlichung und nach Abschalten von Teilen der Serverfunktionen, mit etwas Ausdauer eine Verbindung möglich.

Am Heck reagieren die Boliden viel zu sensibel auf Berührungen
Am Heck reagieren die Boliden viel zu sensibel auf Berührungen

Das Betreten einer Lobby hingegen bleibt trotz der in den letzten Tagen verbesserten Konnektivität ein Glücksspiel und klappt nicht einmal dann zuverlässig, wenn nach einer beendeten Veranstaltung alle Spieler geschlossen am Start bleiben. Zur Wahl stehen vorgefertigte Rennen, wobei die Rotation derzeit mit nur zwei Typen von Events, befahrbar in verschiedenen Fahrzeugklassen, mager ausfällt. Im asynchronen Wettbewerb eigene Herausforderungen für andere Spieler zu erstellen ist zurzeit nicht möglich, weil die Serverlast reduziert werden soll. Perfekt sind jedoch nicht einmal die Latenzen, wenngleich das Fahren mit den richtigen Kumpanen durchaus zu unterhalten vermag. Sahnehäubchen sind auch hier Herausforderungen, die aus Ranglisten bezogen werden.

Effektiver: Rammen statt überholen
Effektiver: Rammen statt überholen

Mit sauber fahrenden Gegnern unterhält das Konzept aber auch hier, was beweist, dass in Driveclub nichts fundamental falsch läuft. Die direkten Duelle haben dennoch ein gutes Stück Weg vor sich, als „rund“ kann die Spielerfahrung bei weitem nicht bezeichnet werden. Unter anderem fällt negativ auf, dass die Siegchance aufgrund des an den Tag gelegten Verhaltens exponentiell mit der zufällig bestimmten Startposition steigt. Eine Position aus der ersten Reihe garantiert in der Regel eine Position auf dem Podest. Immerhin wird bei Clienten mit hohen Latenzen die Kollisionsabfrage deaktiviert, die so groß angekündigte Online-Erfahrungswelt tut sich so aber bei weitem nicht auf – lediglich das Potential dazu deutet sich immer und immer wieder an.

Online: Fast in jeder Kurve eine Kollision
Online: Fast in jeder Kurve eine Kollision
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