Unity im Test: Assassin's Creed in Paris überzeugt auf ganzer Linie

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Sasan Abdi
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Auf einen Blick

Im Gespräch mit den Entwicklern von „Assassin's Creed Unity“ (ACU) wird schnell spürbar, wie weitreichend die Einführung der Next-Gen-Konsolen auf die Konzeption des Titels war. „Die neuen Konsolen waren für uns eine echte Herausforderungen“, betonte ein Vertreter von Ubisoft Montreal gegenüber ComputerBase in der vergangenen Woche. „Wir wollten die neuen Möglichkeiten nutzen und alles umkrempeln, was umzukrempeln möglich war.

In den vier Jahren der Entwicklung sei es vor diesem Hintergrund darum gegangen, ein Spiel zu erschaffen, das unterschiedliche Herangehensweisen und Spielstile erlaubt und in diesem Zusammenhang einen möglichst hohen Grad an Individualisierung zulässt. „Wir definierten ein perfektes „Assassin's Creed“ als ein Spiel, in dem es um Freiheit geht“, sagte unser Gesprächspartner etwas pathetisch. Und in der Tat: Schon in der Story spielt der Drang nach Freiheit eine entscheidende Rolle.

Spannendes Setting

Dabei dürfte es zunächst gar nicht so einfach gefallen sein, einen neuen Story-Strang für den mittlerweile siebten Ableger der „Assassin's Creed“-Reihe zu finden. Nach Stopps im Nahen Osten des Mittelalters, dem Südeuropa der Renaissance, den Vereinigten Staaten der Unabhängigkeitskriege und dem Piratensetting von „Black Flag“ (um nur die wichtigsten Schauplätze zu nennen) stellte sich durchaus die Frage, welches Setting noch genügend Stoff hergibt, um eine weitere Episode aus dem Kampf zwischen Templern und Assassinen zu erzählen.

Mit der französischen Revolution entschieden sich die Entwickler für ein populäres aber doch spannendes Thema, denn immerhin hatte der Aufstand von 1789 bis 1799 weitreichende Folgen: Der hierarchische Ständestaat wurde niedergerungen, die Menschen- und Bürgerrechte überhaupt erst thematisiert. Trotz aller blutigen Verwerfungen, die mit der Transformation einherging: Am Ende wurde aus einem Königreich ein Nationalstaat, aus einer Monarchie eine Demokratie.

Assassin's Creed Unity im Test

Paris als Zentrum dieser Entwicklungen ist zu dieser Zeit ein gefährlicher Moloch. Freiheitskämpfer, Kriminelle und Soldaten ziehen durch die Straßen und die Monarchie schreckt auch vor brutaler Gewalt nicht zurück, um an der Macht zu bleiben. Immer wieder kommt es auch abseits der großen Ereignisse zu Kämpfen, es reicht nur ein Funke, um die explosive Stimmung kippen zu lassen. Das Stadtbild spiegelt die Ursache für den Aufstand wider: Während in manchen Bezirken mit Reichtum geprotzt wird, stirbt die Bevölkerung in anderen an Hunger. Das Ausmaß des Zerwürfnisses zwischen Adel und Proletariat wird durch einen Ausspruch von Königin Marie Antoinette deutlich, die mit Blick auf die exorbitant hohe Brotpreise, einem entscheidenden Auslöser der Unruhen, gesagt haben soll: „Dann sollen sie eben Kuchen essen!

Es ist dieser Hintergrund, der den Spieler quer durch ACU begleitet. Dabei wird man nicht konfrontativ auf die Umstände gestoßen. Stattdessen fließen sie immer wieder ein: Auf der Straße, wo stets deutlich ist, dass Paris in Aufruhr ist. Bei Gesprächen mit so illustren Zeitgenossen wie dem Marquis de Sade. Aber auch noch subtiler, beispielsweise dann, wenn der Held des Spiels zufällig in eine Beratung mit dem König gerät und hier am Rande erfährt, dass die Schulden den Staat erdrücken und die Monarchie faktisch keine gewaltfreie Antwort auf die Revolution mehr anzubieten hat.

Dieses Setting und diese schonende, aber doch stetige Beimischung der historischen Umstände sind die erste große Stärke von „Assassin's Creed Unity“.

Gute Story trotz mancher Längen

In diese unübersichtliche Gemengelage wird Arno Dorian gestoßen, der Held von ACU. Dabei ist Arno anfänglich eher jugendlicher Frechdachs als harter Held: In vorrevolutionären Jahren interessiert sich der junge Arno vornehmlich für Streiche und die Tochter seines Ziehvaters. Doch als auch letzterer genauso wie sein leiblicher Vater auf mysteriöse Weise ermordet wird, ist's mit dem reizenden Leben eines jungen Erwachsenen schnell vorbei: Mitten in den Wirren der hereinbrechenden Revolution gerät Arno in den Strudel des Kampfes zwischen Templern und Assassinen, der natürlich an einem pulsierenden Ort wie dem aufrührerischen Paris besonders heftig tobt.

In der Folge kann der Spieler einigen Fragen auf den Grund gehen. Wer zieht in der Revolution aus welchem Grund die Fäden? Wem kann Arno vertrauen? Welche Rolle spielt seine Jugendliebe? Und natürlich: Wer brachte Vater und Ziehvater um? Bei der Jagd nach Antworten auf diese Fragen verstrickt sich Arno immer tiefer in die Machtspiele von Paris.

Dabei hält die Story einige überraschende Wendungen parat und ist, im Unterschied zu „Black Flag“, weitgehend stringent erzählt, was bedeutet, dass der Spieler kaum je den Faden verliert. Etwas eingetrübt wird der gute Eindruck einzig durch einige Längen, die die Handlung zwischendurch gefühlt künstlich verzögern. Nach einer umfangreichen Einführung tritt Arno beispielsweise als Assassine immer wieder an, um bestimmte Agenten der Templer zu töten. Dabei macht sich nicht mal der Auftraggeber die Mühe, seine Befehle zu variieren: „Gehe zu <Person>, erfahre ihr Geheimnis und bringe sie zum Schweigen“ – so lautet in allen Fällen die Anweisung.

Glücklicherweise fallen die so entstehenden Längen aber nie zu umfangreich aus. Immer wieder wird der Spieler durch plötzliche Ereignisse und Wendungen auf's Neue in den Plot hineingesogen. Dieser Umstand wird nicht nur durch die vielen Charaktere und Verstrickungen ermöglicht, sondern auch durch das beschriebene Setting: Es sind vor allem die von der Revolution herrührenden Großereignisse, die der Story immer wieder einen ordentlichen Drive verpassen.

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