Whistleblower beim BND: Regierung will Anzeige gegen Unbekannt stellen
Dass Medien zuletzt einige als streng geheim klassifizierte Dokumente über die Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) zugespielt wurden, verärgert sowohl die Bundesregierung als auch Vertreter der Geheimdienste. Daher soll Anfang Dezember eine Anzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Berlin gestellt werden.
Dies berichtet der Spiegel in der aktuellen Ausgabe. Demnach sind es neben Enthüllungen zum Absturz der Passagiermaschine MH17 und zur Arbeit des Verfassungsschutzes vor allem die veröffentlichten Details zur Strategischen Initiative Technik des BND, die die Bundesregierung zu diesem Schritt bewegen. Im Bundeskanzleramt wird anscheinend vermutet, ein Whistleblower lanciere die vertraulichen Regierungsinformationen an die Öffentlichkeit.
So hatte etwa der Spiegel vor Kurzem berichtet, dass der BND künftig Sicherheitslücken auf dem Schwarzmarkt kaufen will, um etwa mittels SSL verschlüsselte Verbindungen knacken zu können. Eine Übersicht von sämtlichen Projekten, die der BND bei der Strategischen Initiative Technik umsetzen will, enthüllte wenige Tage später die Zeit.
Bereits Mitte Oktober reagierte die Bundesregierung verärgert, weil Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR zuvor das Eikonal-Programm enthüllt hatten, bei dem der BND Daten an die NSA übermittelt hatte. Da die entsprechenden Dokumente für den NSA-Ausschuss bestimmt waren, ermahnte Bundeskanzleramtschef Peter Altmaier die Mitglieder des Ausschusses zu einem sorgsameren Umgang mit den vertraulichen Dokumenten. Zudem drohte er mit juristischen Konsequenzen, falls weitere als geheim klassifizierte Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen würden.
Mit einer Anzeige gegen Unbekannt würde die Bundesregierung dieser Ankündigung nun Taten folgen lassen. Die Mitglieder des NSA-Ausschusses dürften von diesem Schritt hingegen nicht erfreut sein. Bereits im Oktober argwöhnten sie, die Bundesregierung wolle Druck ausüben, um unliebsame Enthüllungen über die Verwicklung des BND in die Überwachungsinfrastruktur der NSA zu verhindern.
Hinzu kommt, dass sich der Ärger der NSA-Aufklärer zuletzt verstärkt hat. Der Vorwurf lautet, dass Bundesregierung und Vertreter der Geheimdienste versuchen, die Arbeit des Ausschusses mittels absurder Geheimhaltungsvorschriften und geschwärzter Akten zu torpedieren. In den öffentlichen Sitzungen dürfen die Abgeordneten den geladenen Zeugen aus den Reihen des BND etwa keine Akten vorhalten. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung müsse sich Konstantin von Notz von den Grünen daher manchmal „auf die Zunge beißen, weil die Aktenlage aus seiner Sicht etwas völlig anderes hergab, als der Zeuge gerade aussagte“.