Icarus Excel 2014 im Test: E-Book-Reader mit Stift für das DIN-A4-Format
4/5Bedienung und Lesen
Das unbeleuchtete, 9,7 Zoll große E-Ink-Display löst mit 825 × 1.200 Bildpunkten auf, was in einer Pixeldichte von 153 ppi resultiert. Die Darstellungsqualität der angezeigten Inhalte ist gut, kommt an die Darstellung kleiner Schriften wie auf kleineren Geräten mit ähnlicher Auflösung aber nicht heran. Trotzdem ist die Darstellungsqualität besser als bei Tablets gleicher Größe und Auflösung. Durch den hellen Hintergrund und die dunkle Schrift verfügt die Neuauflage des Excel über ein zum Lesen gutes Kontrastverhältnis.
Der auf eine Taktfrequenz von einem Gigahertz beschleunigte Single-Core-Prozessor agiert in Kombination mit dem gerade einmal 512 Megabyte messenden Arbeitsspeicher ein wenig behäbig. Seitenwechsel dauern gegenüber einem aktuellen Kindle Paperwhite fast doppelt so lange, auch wenn nur geringfügig mehr Bildpunkte versorgt werden müssen.
Der induktive Touchscreen mit Wacom-Digitizer kann nur per Stifteingabe bedient werden, auf Finger reagiert er nicht. Über Bluetooth 4.0 lassen sich zudem Maus und Tastatur verwenden, was das Arbeiten enorm erleichtern kann. Darüber hinaus steht WLAN nach 802.11 b/g/n bereit.
Der von Android bekannte Homescreen wird im Auslieferungszustand durch die Bücherübersicht ersetzt, die die zuletzt gelesenen oder zuletzt hinzugefügten Inhalte anzeigt. Darüber hinaus bietet der Reader mit der Bibliothek eine weitere Ansicht, die diverse Möglichkeiten zum Sortieren anbietet. Über den Menüpunkt „Verlauf“ gibt eine tabellarische Übersicht über den Leseverlauf für jedes Buch in der Bibliothek Aufschluss, wobei unter anderem Leseanfang, letztes Lesen, Seitenanzahl, Lesezeit und eine Schätzung für die noch benötigte Lesezeit ausgegeben werden.
Inhalte können entweder per Stift oder über die Hardware-Tasten geöffnet werden. Mit der Auswahl eines E-Books per Tasten werden diese automatisch mit der änderbaren Standard-Applikation geöffnet, ein manuelles Auswählen der App ist nur mit einem langen Stiftdruck auf den jeweiligen Inhalt möglich. Die Icarus' Apps „Onyx Reader“ und „Onyx Neo Reader“ öffnen schnell und stellen die Inhalte gut dar, auch wenn Unterschiede in der Darstellung zwischen reinen E-Books oder PDF-Dateien sofort sichtbar sind.
Aufgrund der verwendeten Perl- und Regal-Technologie neigt der Icarus nicht selten zum Ghosting, in dessen Folge die Farbpigmente der neuen Seite nicht komplett neu ausgerichtet werden und vorangegangene Seiten somit noch durchscheinen. Eine gewisse Abhilfe können hier das Festlegen der Invertierung für jede Seite sowie das manuelle Invertieren über einen langen Druck auf die Home-Taste schaffen, was besonders bei nicht auf E-Ink-Displays optimierten Lese-Apps hilfreich ist.
Die Benutzung gestaltet sich aufgrund des induktiven Touchscreens zuerst ungewohnt, aber nicht grundsätzlich zum Nachteil. Die Bedienung per Hardware-Tasten birgt bei einem großen Reader den Vorteil, die Hände nicht vom Gerät nehmen zu müssen. Und auch wenn es Situationen gibt, in denen eine Steuerung per Finger bequemer wäre, lässt sich der Reader überraschend gut per Tasten bedienen. Dazu tragen auch die durchdachten Elemente bei: So lässt sich entweder per gummierter Taste oder Joystick vor- und zurückblättern, über eine Auf- oder Abbewegung kann hingegen ohne Umweg über das Menü die Buchstabengröße geändert werden. In Dokumenten fungiert die „Home“-Taste als Menütaste, was in den eigenen Lese-Apps des Excel die Darstellungseinstellungen wie Schriftgröße und -art, aber auch die Suche, Notizen oder die Wörterbücher aufruft.
Viele Schrifteinstellungen, enttäuschendes PDF-Reflow
Dem Nutzer bietet die aktualisierte Ausgabe des Icarus Excel einige Möglichkeiten zur Anpassung der Darstellung. So stehen für E-Books 17 Schriftarten plus Verlegerschrift bei neun Schriftgrößen zur Verfügung, weitere Fonts können problemlos nachinstalliert werden. Darüber hinaus lassen sich der Kontrast erhöhen und die Zeichen des Textes in fünf Abstufungen fetter darstellen. Dies ist besonders bei Darstellungen über zusätzliche Reader-Apps hilfreich – sofern diese den Zugriff auf die Einstellung ermöglichen. Der Kontrast sollte jedoch nicht zu hoch gesetzt werden, mit steigender Intensität verliert die über Grautöne umgesetzte Kantenglättung an Wirkung, was in einem fransigen Schriftbild mündet.
Etwas kniffliger wird es bei der Darstellung von PDF-Dokumenten. Über die vorinstallierten Lese-Applikationen werden auch diese gut dargestellt, der Seitenaufbau erfolgt für einen E-Book-Reader zügig und im Gegensatz zum Icarus Illumina E653 auch mit Invertierungen in den festgelegten Intervallen. Trotzdem wird an einigen Stellen deutlich, dass 9,7 Zoll für Dokumente im DIN-A4-Format immer noch nicht so optimal sind, wie es vielerorts behauptet wird. Zum Darstellen der Dokumente in Originalgröße reicht diese Display-Größe nicht immer aus und kann dabei zu kleine Schriften nach sich ziehen. Verschiedene Mechanismen sollen Abhilfe leisten.
Sie umfassen zum Einen das Vergrößern der Schrift. Diese Möglichkeit sollte jedoch nur bei einfachen Texten verwendet werden, da Bilder und Formatierungen verworfen werden. Noch weniger überzeugen kann die Reflow-Funktion, die bereits mit zwei Spalten hoffnungslos überfordert ist und sie in pixeliger Schrift und verschiedenen Größen ausgibt. Dass Icarus dies besser kann, wurde beim Illumina E653 deutlich unter Beweis gestellt. Besonders ärgerlich: Drückt der Nutzer versehentlich den Joystick nach oben oder unten, wird die Reflow-Funktion sofort deaktiviert und die Applikation geht in den Vergrößerungsmodus über, womit die Reflow-Funktion erneut über das Schriftmenü aktiviert werden muss.
Zielführender gestaltet sich die Möglichkeit, Dokumente über das Abschneiden der Ränder („Croppen“) der Display-Größe anzupassen. Das automatische Schneiden lässt sich in mehreren Stufen einstellen, liefert aber nur bedingt zufriedenstellende Ergebnisse. Nicht selten wird ein Rand bereits zu stark beschnitten, während andere Ränder noch viel Weißfläche aufweisen. Somit stellt das manuelle Beschneiden die bessere Wahl dar und das jeweilige Magazin oder Buch wird aufgrund der größeren Darstellung nicht selten deutlich lesbarer. Die dazugehörigen Einstellungen können jedoch nur per Eingabestift vorgenommen werden.
Wird ein Dokument nur vergrößert, treten beim Verschieben unschöne Schlieren auf. Diese können mit einem Ändern des Aktualisierungsmodus („A2 Mode“) von „Quality First“ zu „Performance First“ am oberen Display-Rand verringert werden. Dies hat eine Deaktivierung der Graustufenanzeige zur Folge, wodurch der Text nur noch in Schwarz-Weiß dargestellt wird. Die schnellere Darstellung beim Scrollen geht daher auch hier mit einer verminderten Darstellungsqualität einher.
Durch das große Display des Icarus Excel kann gerade bei großflächigen Dokumenten der Landscape-Modus deutliche Vorteile bringen. Dieser richtet sich, entgegen der Gewohnheit bei Tablets, nicht automatisch aus, sondern muss in den Anzeigeoptionen gewählt werden. Die jeweilige Darstellung wird darüber hinaus für jedes Dokument gespeichert und steht beim nächsten Öffnen wieder zur Verfügung. Leider quittiert die Lese-Applikation das Öffnen eines Dokumentes oder E-Books mit einer anderen Ausrichtung zunächst mit einem Absturz, erst beim zweiten Öffnen wird dieses korrekt dargestellt.
Wenig überzeugen kann auch beim neuen Icarus das Wörterbuch. Während es bei anderen Herstellern mittlerweile Usus ist, Wörterbücher einfach nachträglich über den Reader zu installieren, müssen sie beim Excel zunächst von der Icarus-Homepage heruntergeladen und anschließend in einen manuell anzulegenden Ordner gespeichert werden. Dafür unterstützt der Excel wie der Illumina E653 das offene Wörterbuchformat „StarDict“, welches jedoch qualitativ nicht mit den redaktionell betreuten Konkurrenten wie zum Beispiel Duden mithalten kann. Ein weiterer Vorteil ist das Nachrüsten von Wörterbuchanwendungen, welche anstatt der voreingestellten Applikation „QuickDic“ verwendet werden können.
Auch wenn sich die Auswahl der nachzuschlagenden Wörter mittels Stifteingabe im Text einfacher gestaltet, so zeigt sich das Auswählen mittels Fingereingabe wie bei herkömmlichen E-Book-Readern komfortabler, denn nicht immer hat der Nutzer den Stift direkt zur Hand.
Stifteingabe und Laufzeit
Mit der Stifteingabe erweitert Icarus die Möglichkeiten des Excel gegenüber herkömmlichen Lesegeräten deutlich: Notizen und Bemerkungen bei Dokumenten werden damit sehr schnell erstellt. Reine E-Books können hingegen nicht mit handschriftlichen Notizen versehen werden.
Dank des induktiven Touchscreens kann die Hand jederzeit auf das Display abgelegt werden, ohne dass sie vom System als Eingabe verstanden wird oder den Stift behindert. Dafür reagiert die Eingabe träger als auf Tablets, der Umgang mit dem Stift ist insgesamt aber überzeugend.
Der beigelegte Stylus ist nicht druckempfindlich, verschiedene Stärken der Linien müssen daher über die Einstellungen gewählt werden. Die Darstellung der Eingabe folgt immer der Stylus-Spitze und nicht wie bei anderen Lösungen ein paar Millimeter daneben. Dadurch sind auch präzise Skizzen und Zeichnungen möglich.
Notizen können als PDF-Datei exportiert werden, aber auch hier hätte Icarus mehr Sorgfalt walten lassen können: Das Speichern erfolgt nicht in einem eigenen Verzeichnis oder im Ursprungsort des jeweiligen Dokumentes, sondern in einem Unterordner von „eBook“. Darauf hätte Icarus zumindest beim Export hinweisen sollen. Negativ ist darüber hinaus festzuhalten, dass Icarus keinen Einschub für den Stylus zum Transport im Gerät vorgesehen hat. Und der Stromverbrauch bei längerer Stiftnutzung darf aufgrund der schnellen Display-Aktualisierungen nicht unterschätzt werden.
Der verbaute Akku verfügt über eine Kapazität von 1.600 mAh und soll für rund 8.000 Seitenwechsel vorhalten. Ein Richtwert, der durch viele Einflussfaktoren schnell in Vergessenheit gerät. Beim Excel sollte insbesondere die Drahtlosverbindungen deaktiviert oder zumindest die automatische Abschaltung bei Inaktivität so niedrig wie möglich eingestellt werden, sonst leidet die Laufzeit spürbar und der Reader muss bereits nach einem Tag wieder an eine Steckdose – selbst im Ruhezustand. Ausgewachsene Tablets halten diesen Betriebszustand durchaus über Wochen.