Günther Oettinger: „Wer Daten perfekt schützt, kann sie nicht mehr nutzen“
Deutsche Unternehmen sollten es mit dem Datenschutz nicht übertreiben, forderte der für die Digitalwirtschaft zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger anlässlich einer Manager-Tagung in Baden-Württemberg, berichtet die Stuttgarter Zeitung.
Wer Daten perfekt schütze, könne diese nicht mehr kommerziell nutzen. Stattdessen wäre ein pragmatischer Umgang erforderlich, um eine Balance zwischen den Interessen der Wirtschaft und den Nutzer zu finden. Als Argument verweist Oettinger auf den Börsenkurs der vier großen US-Internetdienste Google, Apple, Facebook und Amazon, deren Geschäftsmodell auf der Auswertung von Nutzerdaten basiere. Diese wären zusammen bereits deutlich wertvoller als alle 30 Dax-Unternehmen aus Deutschland.
Ähnlich äußerte sich der ebenfalls anwesende Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastrukturen. Daten sind seiner Ansicht nach die Währung in der digitalen Ökonomie: „Wer Daten und ihre Plattformen beherrscht, sitzt an den Schaltstellen der Wirtschaft.“ Der Umgang mit Daten sei nicht nur für Internetdienste wie Facebook und Google entscheidend, sondern betreffe auch intelligenten Fabriken der Industrie 4.0 oder vernetzte Autos. Dobrindt beschreibt die Sammlung von stetig wachsenden Datenmengen (Big Data) samt der intelligenten Auswertung (Smart Data) als Schlüsseltechnologie, die über den Wohlstand eines Landes entscheide.
Diese Ansichten spiegeln sich auch in den politischen Plänen von Oettinger und Dobrindt. Dobrindt hält die deutsche Auffassung von Datenschutz als zu weit gehend, sie wäre ein „Hemmschuh für neue Geschäftsmodelle“. Stattdessen fordert er, dass sich Europa an den USA orientieren müsse. Denn dort wäre „alles erlaubt, wenn es nicht verboten ist. In der EU ist es umgekehrt. Solange sich das nicht ändert, werden wir auf der Verliererseite stehen“, so der Minister.
Erneut fordert auch Oettinger weitreichende Änderung. Die EU-Gremien müssten nun die Pläne vorantreiben, innerhalb der EU einen digitalen Binnenmarkt zu schaffen, indem einheitliche technische und regulatorische Standards festgelegt werden. Wobei diese Maßnahmen alleine nicht ausreichen würden, ebenso sei ein „beherzter Ausbau der digitalen Infrastruktur in Deutschland und Europa“ erforderlich. Laut der Stuttgarter Zeitung ist Oettinger allerdings skeptisch, ob die aktuellen Breitbandpläne von der EU und der Bundesregierung ausreichend. Dem Bericht zufolge beschreibe er diese angesichts der „rapide wachsenden Datenflut als nicht sonderlich ambitioniert“.