Klassiker neu entdeckt: Das erste Call of Duty (2003) im Vergleich zum aktuellen

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Max Doll
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Spielablauf und Technik

So richtig anders ist Call of Duty also nicht. Trotz der sichtbaren Verwandtschaft sind beide Spiele aufgrund der deutlichen Akzentverschiebungen aber nicht dem selben Ei entsprungen. Anno 2003 ist der Spieler ein Soldat unter vielen und fühlt sich im Schlachtgetümmel oft so. Selbst in den Kommandoeinsätzen geht nie der Eindruck verloren, nur ein kleiner Teil von etwas Großem zu sein. Es sind nicht die Taten des Spielers, die das Schlachtgeschehen auf großer Ebene entscheidend wenden. Diesen Umstand betonen die Ladebildschirme mit zynischen Zitaten, die eine kritische Distanz zum Geschehen auf dem Bildschirm schaffen.

Häuserkampf mit BAR
Häuserkampf mit BAR

Derartige Änderungen finden sich an vielen Stellen von Spiel und Mechanik. Die Unvermeidlichkeit des konstanten Weiterziehens etwa, begleitet von akustischer Nörgelei, die zu unentwegtem Voran zwingt, weicht einem entspannten Ansatz. Gleiches gilt für die aktuell penetrante Nennung des Namens. Der Protagonist schweigt 2003 noch, das Spiel tut es ihm gleich. Auf diese Weise wird das Subjekt gehörig zurückgestellt. Darin liegt eine schlichte Eleganz verborgen: Als Gegenpunkt zur totalitär personal fixierten Gegenwart der Reihe, die dem ewig gleichen Heldenepos amerikanischer Hollywood-Machart huldigt, ist der Protagonist ein austauschbares Vehikel. Statt der Fixierung auf ein Ich widmet sich Call of Duty Ort und Atmosphäre, dem Was und Wie - dem Schrecken des und der Brutalität des Krieges, weniger seiner Verherrlichung durch eine strahlende Heldenfigur im klar abgesteckten, letztlich langweiligen Gut-Böse-Schema mit stereotypem Antagonisten.

„Ihre Papiere bitte“: Kein Shooter dieser Ära ohne eine solche Szene
„Ihre Papiere bitte“: Kein Shooter dieser Ära ohne eine solche Szene

Andere Soldaten weisen insofern schweigend den Weg, Schilder helfen aus, und wer sich Zeit lässt, findet ein geduldig wartendes Spiel, dessen Mechanik rudimentär auf seinen Besitzer einzugehen vermag. Dazu gehört auch, gelegentlich rein optionale Geschützstellungen vorzufinden. Um gescriptet auftauchende Panzer zu zerstören, stehen neben der obligatorischen Flak auch ein paar Panzerfäuste bereit. Diese befinden sich jedoch nicht neben oder vor dem Ungetüm, sondern an logisch herzuleitenden Positionen. Man erhält deutlich das Gefühl, nicht einfach eine Folge belangloser, aber gut aussehender Szenarien zu spielen, sondern eine stimmige Spielwelt zu betreten. Vieles ist dort, wo man es in der „Realität“ erwarten würde.

Hitler kaputt! Das Spiel endet symbolisch, aber ruhig.
Hitler kaputt! Das Spiel endet symbolisch, aber ruhig.

Eine Seele bewahrt hat sich die Serie dennoch. Absolut lineare Level und das gut bekannte „Tontaubenschießen“ inklusive langweiliger Fahrpassagen im Panzer bleiben zentrale Bestandteile des Spielkonzeptes. Natürlich gehört das Laufen von Areal zu Areal fest zum Fundament von Call of Duty. Türen und ähnliche Hindernisse öffnet der Oldie aber weitaus schneller. In Verbindung mit den schnelleren Schießereien, die ihre Wurzeln noch in der Quake-Ära haben, verbessert sich der Spielfluss merklich. Stichwort Quake-Ära: Zwar hat Infinitiy Ward geduckte und kriechende Haltungen eingefügt, neumodisch gesprintet wird jedoch erst im (empfehlenswerten) Erweiterungspaket United Offensive.

There's no honorable way to kill, no gentle way to destroy. There is nothing good in war. Except its ending. — Abraham Lincoln

Kritische Zitate historischer Persönlichkeiten bereichern Call of Duty

Die Inszenierung trägt stattdessen ein anderes Kreuz. Zwar stören keine unsichtbaren Barrieren, gelegentlich sterben Gegner aber nach Abschluss eines Missionsziel automatisch ohne Einwirkung – wer genau hinschaut, entdeckt die an sich ordentlich versteckten Zahnräder der Mechanik und trifft auf lästige Triggerelemente. Im Prinzip hält die Immersion aber stand und schlägt sich beachtlich. Was wirklich stört, sind die „Sicherheitsblasen“, die den Handlungsradius mithin unnötig einschränken. Einen Meter außerhalb der erlaubten Zonen schränken unsichtbare Scharfschützen, gnadenlos erstarkte Kontrahenten und Präzisionsartillerie den Bewegungsrahmen ein; ebenso wird es unmöglich, einem Kameraden wie gefordert Feuerschutz zu geben. Erst einen Felsen weiter vorne klappt die Szene mühelos.

Starre Gesichter und mancherorts abrupte Animationen sind typisch für die DX-7-Epoche
Starre Gesichter und mancherorts abrupte Animationen sind typisch für die DX-7-Epoche

Spielerisch be- und entschleunigt der Titel zugleich. Während im Nahkampf eine gewisse Reaktionsschnelligkeit gefordert wird, hält der Verzicht auf eine automatische Regeneration von Lebenspunkten das generelle Tempo hoch. Die Größe des grünen Balkens schlägt sich dabei direkt in der Art des Vorgehens nieder. Deckung ist so zwar von Zeit zu Zeit nötig, aber kein Ruheplatz. Das Ausnutzen von Gräben und Kisten, das Spähen um Ecken wird vielmehr eine situative, taktische Notwendigkeit. So bringt das Gameplay ein gewisses Maß „Realismus“ mitsamt Varianz hervor und belohnt rudimentär intelligentes Verhalten. Hektischen Nahkämpfen stehen hingegen langsamere Fernkämpfe gegenüber. Dafür sorgt allein das die Sicht einschränkende Mündungsfeuer sowie die präziseren, aber langsam feuernden Karabiner.

Gegner sind nicht immer leicht zu erkennen
Gegner sind nicht immer leicht zu erkennen

Das bringt taktische Abwechslung ins Spiel und mehr Spaß als verschiedene Gegnertypen oder futuristische Gadgets. Alternativen zu einem guten Shooter-Gameplay hat der Titel ohnehin nicht. Schleichen wird nie eine Option, denn Soldaten reagieren als gnadenlose Killerbots penibel auf das Betreten ihres Aufmerksamkeitsradius. Durch das in Black Ops 2 auch nicht wesentlich hübscher gerenderte Gras zu schleichen gewährt also keine Vorteile. Dafür darf an anderer Stelle der Kopf eingezogen werden: Nicht immer offenbaren sich Feinde wie Lemminge, größere Gefechtsentfernungen nötigen Orientierung und die suche nach feindlichen Stellungen ab.

Call of Duty wird deshalb beileibe nicht zu einem Denkspiel, verzichtet aber auf die permanente Beleidigung der eigenen Intelligenz. Das Gefühl, sich in einem Krieg zu befinden und nicht als Terminator John Connor zur Strecke zu bringen stellt sich ein – man ist geneigt, einen Fortschritt durch Rückschritt zu attestieren. Die Lokalisierung von akzeptabler Qualität rüttelt daran nicht. Die deutsche Version muss lediglich auf verfassungsfeindliche Symbole verzichten.

Klassisch: „riding Shotgun“
Klassisch: „riding Shotgun“

Falls der Einzelspieler-Modus oder der noch immer mit einer Vielzahl Server und einigen Spielern gefüllte Mehrspieler-Part nicht ausreichen, haben Modder für weitere Unterhaltung gesorgt. Neben Karten und Texturen halten verschiedene Anlaufstellen wie Call of Duty Files, Legendsworld oder die ModDB auch ganze Kampagnen bis hin zu Total-Conversions zwischen Paintball, Star Wars und dem Arsenal moderner Armeen bereit.

Im Prinzip bereitet der Sprung in die Moderne mit Call of Duty kaum Probleme. Widescreen-Auflösungen mit angepasstem Sichtfeld können mit Hilfe eines Texteditors wie WordPad über Einträge in den Konfigurationsdateien aktiviert werden. Für Call of Duty ist dies die config.cfg im Ordner „Main“ des Stammverzeichnisses, für die Erweiterung United Offensive die uoconfig.cfg, welche sich im Unterverzeichnis „uo“ befindet.

Moody spielt den Helden: Eine der weniger unterhaltsamen Stellen
Moody spielt den Helden: Eine der weniger unterhaltsamen Stellen

Fehlende Einträge, darunter der Sichtbereich, können ohne Weiteres manuell hinzugefügt werden. Gestreckt bleiben im Anschluss lediglich das HUD sowie die Zwischensequenzen. Gegen einen schwammigen Mauszeiger hilft hingegen, mit der Einstellung „Skalierung bei hohem DPI-Wert deaktiveren“ zu starten. Hierzu gilt es, per Rechtsklick auf die Verknüpfung oder .exe-Datei die Option „Einstellungen“ sowie anschließend den Reiter „Kompatibilität“ anzuwählen. Um die Bildqualität zu verbessern, lässt sich im GPU-Treiber von Nvidia respektive AMD zudem Kantenglättung maximaler Qualität, etwa SSAA, erzwingen, was störende Treppchenkanten vollständig eliminiert.

  • seta cg_fov "XX" (16:9 "96", 16:10 "90")
  • seta r_mode "-1"
  • seta r_customheight "1080"
  • seta r_customwidth "1920"
  • seta com_introplayed "1" (überspringt die Intros)
Einträge für die config.cfg
Zielfernrohre und HUD werden trotz .ini-Eintrag gestreckt
Zielfernrohre und HUD werden trotz .ini-Eintrag gestreckt

Fazit

Folgt Call of Duty seit elf Jahren demselben Muster? Die Serie hat sich definitiv gewisse Eckpfeiler bewahrt, aber dazwischen nicht nur an Details sondern diversen Stellschrauben gedreht. Linderung für von linearen Level und gescripteten Missionen geplagten Spieler bietet Call of Duty erwartungsgemäß nicht. Dafür steigern die dezentere Präsentation, der Verzicht auf den Spieler als Super-Ego, logisch strukturierten Missionen und das flotte Gameplay ohne Lebenspunkteregeneration den Unterhaltungswert. Nachdem eine ganze Branche den modernen Ablegern der Serie blind nacheifert, hat sich ohnehin eine gewisse Homogenisierung der Shooter-Landschaft eingestellt. Insofern lässt sich die eingangs gestellte Frage mit einem „Im Prinzip ja, aber“ beantworten: Aber es macht durch den progressiven Rückschritt wieder Spaß.

Call of Duty (2003) im Test
Schnellcheck Call of Duty
Getestete Version 1.5 (Call of Duty), 1.51 (United Offensive)
Altersfreigabe ab 18 Jahren
Systemanforderungen Intel Pentium III 800 MHz
256 MB RAM
32 MB Grafikkarte ab DirectX 7
2 GB HDD
Widescreen via .ini-Tweak
Mods Single- und Multiplayer via Call of Duty Files,
Legendsworld, ModDB
Kompatibilität bis Windows 8.1 (x64)
Probleme Mausbewegungen schwammig
Empfehlung Ja

Bisher erschienen

In der Serie „Klassiker neu entdeckt“ bereits erschienen:

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