Google Nexus 6 im Test: Smartphone-Dickschiff mit Schlauchboot-Laufzeit
2/4Performance
Das Nexus 6 legt neben Größe und Display auch im Bereich Prozessor zu. Google ist Qualcomm trotz der MediaTek-Partnerschaft für Android One treu geblieben und setzt auf das aktuell schnellste verfügbare Modell Snapdragon 805. Es ist die letzte Generation SoC von Qualcomm, die noch auf die eigene CPU des Typs Krait setzt. Im Snapdragon 805 heißt die Ausbaustufe Krait 450 und taktet mit maximal 2,7 GHz. 64-Bit-fähig ist der Snapdragon 805 im Gegensatz zum im Tablet Nexus 9 verbauten Nvidia Tegra K1 Denver zwar noch nicht, in puncto Leistung muss sich der mit einer bis zu 600 MHz schnellen Adreno-420-GPU ausgestattete Snapdragon 805 aber nicht hinter dem ARMv8-A-Lager verstecken.
Die Benchmark-Leistung des Nexus 6 ist vergleichbar mit der des Samsung Galaxy Note 4, das ebenfalls einen Snapdragon 805 verwendet. In den Browser-Benchmarks agiert das Nexus 6 aber nicht schneller als viele Smartphones, die noch auf den etwas älteren Snapdragon 801 setzen. Auf nur einen CPU-Kern bezogen bleibt der im Apple iPhone 6 (Plus) verbaute A8 das Maß aller Dinge. Die Single-Core-Leistung fällt in allen Szenarien mindestens 50 Prozent höher aus. Im GPU-Bereich kann der Snapdragon 805 dann wieder locker mithalten. Im 3DMark klettert das Nexus 6 auf Platz 1, während es in den beiden GFX-Benchmarks auf Augenhöhe mit dem iPhone 6 (Plus) und Galaxy Note 4 liegt. Weil die Benchmarks die maximale Auflösung aber auf 1.080p einschränken, liegt die Performance im Alltag auf dem Niveau der Konkurrenz mit Snapdragon 801 und Full-HD-Display. Die schnellere GPU des Nexus 6 dient in erster Linie dazu, die höhere Auflösung von 2.560 × 1.440 Pixeln zu meistern.
- GFXBench 3 1080p T-Rex Offscreen
- GFXBench 3 1080p Manhattan Offscreen
- 3DMark Ice Storm Unlimited
- Geekbench 3 Total Multi-Core
- Geekbench 3 Total Single-Core
- Geekbench 3 Integer Multi-Core
- Geekbench 3 Integer Single-Core
- Geekbench 3 Floating Point Multi-Core
- Geekbench 3 Floating Point Single-Core
- Geekbench 3 Memory Multi-Core
- Geekbench 3 Memory Single-Core
- CF-Bench
- SunSpider 1.0.1
- SunSpider 1.0.2
- Google Octane
- Google Octane 2.0
- Browsermark 2.1
Die Alltags-Performance fällt Nexus-typisch sehr gut aus. Obwohl Google unter Android 5.0 Lollipop mit deutlich mehr Animationen arbeitet, leidet darunter nicht die Leistung. Android fühlt sich auf einem Nexus immer noch am besten aufgehoben an und lässt sich sehr geschmeidig bedienen. Ruckler lassen sich im Alltag nur durch Extremsituationen provozieren, beispielsweise, wenn mehrere Applikationen im Hintergrund heruntergeladen und installiert werden. Die Ladezeiten von Apps und Spielen liegen auf dem Niveau anderer High-End-Geräte wie dem HTC One (M8) oder Motorola Moto X (2014). Der etwas schnellere Snapdragon 805 sorgt im Alltag nicht für spürbare Unterschiede im Vergleich zum 801. Das Nexus 6 spielt zusammen mit anderen Smartphones auf Platz 3 der höchsten Liga und muss sich nur zwei Geräten geschlagen geben: dem iPhone 6 und 6 Plus. Apples Smartphones führen das Feld mit noch etwas kürzeren Ladezeiten an, die allerdings nur im direkten Vergleich wirklich auffallen.
Betriebssystem
Mit Version 5.0 Lollipop hat Google das Android-Betriebssystem komplett neu gestaltet und auf das sogenannte Material Design umgestellt. Der Wechsel von einem 5 Zoll großen auf ein jetzt 6 Zoll großes Display lässt ähnlich wie beim iPhone 6 Plus die Frage aufkommen, was Käufer mit der hinzugewonnenen Diagonale anstellen können. Einen Stylus wie das Galaxy Note 4 bietet das Nexus 6 nicht, ein möglicher Grund fällt somit weg. Deshalb bleiben insbesondere alternative Ansichten für Apps, die das neue Format in der Queransicht nutzen. Diesen Weg hat auch Apple mit dem iPhone 6 Plus eingeschlagen, indem etwa die Nachrichten-, die E-Mail- und die Kalender-App neue Querformate bieten, die dem Anwender weitere Informationen oder eine zweite Spalte präsentieren.
Auf dem Nexus 6 sehen viele Anwendungen im Querformat ebenfalls anders aus und zeigen teilweise weitere Informationen an. Allerdings hat Google nicht den Weg von Apple eingeschlagen und beschränkt diese Funktionen exklusiv auf große Smartphones. Das ist einerseits positiv, weil so alle Anwender davon profitieren, andererseits fehlt es so an exklusiven Funktionen für das Nexus 6. Beispielhaft für Google-Apps, die im Querformat eine neue Ansicht offenbaren, sind unter anderem der Taschenrechner und die Einstellungen, Google Drive, Google+, die Notizen-App, der Google Play Store, das Office-Paket bestehend aus Docs, Präsentationen und Tabellen, die Telefon-App und YouTube. Was bei dieser Aufzählung allerdings auffällt, ist, dass genau die Anwendungen, die Apple speziell für das Querformat angepasst hat, fehlen. Eine kleine Ausnahme macht der Kalender, der im Querformat immerhin in die Wochenansicht wechselt. Am meisten schmerzt aber die fehlende Anpassungsfähigkeit von Gmail, das mittlerweile nicht nur Gmail, sondern auch andere Konten verwalten kann.
Der Launcher und der Homescreen des Nexus 6 gewinnen durch den Zuwachs des Displays eine beziehungsweise zwei weitere Reihen Icons. Die Ansicht für alle Apps ist zwar weiterhin vier Icons breit, aber jetzt sechs, statt bisher fünf Icons hoch. Auf den Homescreen passen nun 5 × 5, statt 4 × 4 Icons. Widgets profitieren von dieser Veränderung bisher nur eingeschränkt, indem anpassbare Widgets nun etwas größer gezogen werden können. Widgets, die nativ für die neue 5er-Breite ausgelegt sind, gibt es aktuell noch nicht. Ins Querformat lässt sich mit dem größer gestalteten Homescreen weiterhin nicht wechseln. Während Apple dies auf dem iPhone 6 Plus erlaubt, bleibt die Funktion unter Stock-Android Tablets vorbehalten. Das Nexus 6 wäre das Smartphone gewesen, diese Beschränkung aufzuheben.
Neben den genannten Apps, die im Querformat teilweise besser aussehen und funktionieren, profitieren von dem 6-Zoll-Display insbesondere Multimedia-Konsumenten. YouTube und Google Play Filme stellen hierbei die zentralen Anwendungen aus dem Hause Google dar. Alternative Abspieler wie VLC oder der MX Player eignen sich sehr gut für eigene Dateien, die sich Android-typisch komplikationsfrei per USB auf das Nexus 6 laden lassen. Das große, hochauflösende Display eignet sich bestens für Filme auf längeren Reisen und punktet dort vor allem über den Kontrast.
Kamera
Die neue 13-Megapixel-Kamera des Nexus 6 mit Blende f/2,0 macht endlich Schluss mit den oftmals viel zu dunklen Aufnahmen des Nexus 5. Während das alte Nexus viele Details in schwarzen Flächen versteckt, ist dies beim Nexus 6 nicht mehr der Fall. Und während das Nexus 5 häufig nur in der Mitte des Bildes wirklich scharf zeichnet, gelingt dies dem Nexus 6 über das gesamte Bild verteilt. Ohnehin arbeitet der Autofokus des Nexus 6 zuverlässiger, sodass die Aufnahme oftmals beim ersten Versuch im Kasten ist. Rekordverdächtig schnell arbeitet aber auch das Nexus 6 nicht. Nach wie vor nimmt sich die Nexus-Serie vergleichsweise viel Zeit für die erste Aufnahme. Der Autofokus des Nexus 6 arbeitet zwar schneller als der des Nexus 5, im direkten Vergleich ist die Kamera-App des alten Modells aber zügiger einsatzbereit. Mit am besten gelingt dies aber dem iPhone 6 Plus. Die Kamera-App öffnet am schnellsten, der Autofokus ist sofort erledigt und das Bild ist mit Betätigen des Auslösers im Kasten.
Während die um 5 Megapixel erhöhte Auflösung auf dem Smartphone noch keinen Unterschied ausmacht, sorgt sie auf dem Desktop dafür, dass beim Zuschnitt auf einen bestimmten Bildbereich der Detailgrad weniger stark leidet. Auch im Vergleich zum iPhone 6 Plus hat das Nexus 6 in diesem Bereich die Nase vorne. Die Farbdarstellung ist bei beiden Smartphones häufig realitätsgetreu, das Nexus 6 bietet aber die etwas kräftigeren Farben, neigt allerdings von Zeit zu Zeit zu einem leichten Blaustich. Aufnahmen bei Dunkelheit gelingen mit dem Nexus 6 etwas zuverlässiger als noch mit dem Nexus 5, auch hier ist dies vor allem durch den besseren Autofokus gelungen. Das Bildrauschen ist auf allen Testaufnahmen sichtbar zurückgegangen, sodass Fotografen bei Nacht in jedem Fall durchweg mit besseren Fotos rechnen können. Dass es allerdings noch besser geht, zeigt wieder einmal das iPhone 6 Plus, das im Direktvergleich überspitzt ausgedrückt fast schon rauschfrei arbeitet.
Nichtsdestoweniger ist die Kamera des Nexus 6 ein gelungener Schritt nach vorne innerhalb der Serie. Nachbesserungsbedarf besteht wie eh und je vor allem in puncto Geschwindigkeit. Das iPhone 6 Plus ist immer noch die beste Smartphone-Kamera, wenn es darum geht, mit dem ersten Versuch in Windeseile ein gutes Foto zu schießen. Und während das Nexus 6 nun zwar Videoaufnahmen in UHD mit 3.840 × 2.160 Pixeln aufnehmen kann, hat sich im Full-HD-Bereich nichts getan. Die Bildwiederholrate liegt in beiden Modi bei 30 fps; flüssigere 60 fps bei 1.920 × 1.080 Pixeln fehlen ebenso wie ein Zeitlupenmodus. Dieser steht auch in den niedrigeren Auflösungen nicht zur Auswahl.