NSA-Enthüllungen: USA bereiten sich mit D-Waffen auf Cyberwar vor
Neue Dokumente des Whistleblowers Edward Snowden zeugen von Planungen des amerikanischen Geheimdienstes NSA, durch sogenannte „D-Waffen“ die Infrastruktur anderer Länder lahmzulegen und damit die Eskalation internationaler Konflikte in Echtzeit steuern zu können.
Das Programm, welches durch die Tailored Access Operations-Abteilung durchgeführt wird, plant nach Informationen des Nachrichtenmagazins Spiegel die „ferngesteuerte Zerstörung der Computer, Router, Server und Geräte mit aktivierter Netzwerkverbindung von Gegnern durch Angriffe auf die Hardware“. Ein Programm namens Passionatepolka könne die Netzwerkkarten zerstören, Berserkr ermögliche hingegen das Einschleusen von „parasitären Treibern“ und die Schaffung von dauerhaften Hintertüren, Barnfire lösche das BIOS von Servern, die als Backbone für viele rivalisierende Regierungen dienen. Zudem könnten Festplatten aus der Ferne zerstört werden.
Die dem Spiegel vorliegende Dokumente zeigen zudem, wie die NSA den Krieg der Zukunft plant. Nicht nur Computer und Netzwerke könnten lahmgelegt werden, sondern auch die kritische Infrastruktur eines Landes wie etwa Kraftwerke, die Wasserversorgung, Flughäfen, Fabriken und nicht zuletzt der Geldfluss eines Landes. Die sogenannten „D-Waffen“ seien die Waffen des 21. Jahrhunderts und sind im Gegensatz zu den ABC-Waffen des vergangenen Jahrhunderts (noch) nicht reglementiert.
Die Überwachung des Internets ist somit nicht etwa das Endziel, sondern lediglich eine nötige Voraussetzung für Cyberangriffe im großen Stil und diene dazu, Schwachstellen in feindlichen Systemen zu finden, wie interne NSA-Dokumente nahelegen. „Heimliche Implantate“ ermöglichen einen permanenten Zugriff auf diese Systeme. Laut den Dokumenten sei dies Phase drei, welche mit dem Wort „dominieren“ beschrieben wird und die Kontrolle von kritischen Systemen und Netzwerken ermöglicht. Ultimatives Ziel sei die „kontrollierte Echtzeit-Eskalation“.
Die Kapazitäten anderer Geheimdienste, über die im Gegensatz zur Berichterstattung über die NSA wenig gesprochen wird, ist in den Snowden-Dokumente auch ein Thema. Eine interne Einschätzung der National Security Agency zählt allein für das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten mehr als 30.000 bekannte Vorfälle, in denen über 1.600 mit dem Netzwerk verbundene Computer gehackt wurden. Mit Kosten von über 100 Millionen US-Dollar für die Beurteilung des Schadens und die Reparatur des Netzwerkes hatte dieser erfolgreiche, chinesische Angriff einen hohen finanziellen Schaden verursacht. Nicht nur der finanziellen Schaden war dabei ein Erfolg für China: Getroffen wurden sensible militärische Informationen über Atom-U-Boote sowie Logistikplanungen der Armee und Navy-Navigationssysteme für Raketen. In einem anderen Fall gelang es der NSA allerdings, einen chinesischen Angriff nicht nur zurückzuverfolgen, sondern zudem Informationen aus vorangegangenen chinesischen Angriffen anzuzapfen. Das Anzapfen von Geheimdienstinformationen ist nicht nur auf China beschränkt – ein potentielles Opfer sei etwa auch die Bundesrepublik Deutschland. Geschützt vor solchen Angriffsversuchen der NSA seien nur die vier weiteren festen Mitglieder der UKUSA-Vereinbarung, also Großbritannien, Australien, Kanada und Neuseeland (Five Eyes).
Gleichzeitig beschreibt der Spiegel die Fähigkeit der NSA, die eigene Verteidigung gegen Cyberattacken in Angriffe umzuwandeln. Genutzt werden dazu Botnetzwerke, die teils aus Millionen Computern von normalen Nutzern bestehen und die durch die NSA übernommen werden. „Quantumbot“ nutze private Internetnutzer damit als „menschliche Schutzschilde, um eigene Angriffe zu verschleiern“.