Netzneutralität: Vodafone fordert die Einführung von „Überholspuren“
Providern soll es ermöglicht werden, eine sogenannte Überholspur für bestimmte Dienste anzubieten, sagte Vodafones Deutschland-Chef Jens Schulte-Bockum im Interview mit der Rheinischen Post. Trotzdem soll „das Internet eine völlig offene Plattform“ bleiben.
Als Beispiele für Dienste, für die Vodafone „so etwas wie Überholspuren“ schalten will, nennt Schulte-Bockum die digitale Steuerung von Autos und Medizintechnik. Um in diesen Bereichen Entwicklungen zu fördern, müssten Informationen in Echtzeit und ohne Verzögerung ausgetauscht werden können. Damit schlägt sich Vodafone im Streit um die Netzneutralität auf die Seite der Bundesregierung. Denn bei diesen „Überholspuren“ handelt es sich um die Spezialdienste, für die sich auch die Bundesregierung in dem Positionspapier zur Netzneutralität ausgesprochen hat.
Dass Provider eine Gebühr von großen Internetfirmen wie Google, Apple und Netflix kassieren wollen, um deren Daten schneller in die Netze einzuspeisen, hält Schulte-Bockum derweil für keine Benachteiligung von kleineren Anbietern. Der Streit werde zwar als „Kampf um die sogenannte Netzneutralität verkauft, aber in Wahrheit geht es ums Geld“. Daher wehren sich die Internetriesen wie eben Google gegen entsprechende Abkommen. Von den Gebühren würden aber laut Schulte-Bockum sowohl kleinere Internetunternehmen als auch die Kunden der Provider profitieren, weil diese „höhere Einnahmen für den Netzausbau generieren“ könnten.
Angesichts dieser Aussagen verweist Netzpolitik.org auf die öffentliche Argumentation der Bundesregierung. So erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Anfang Dezember auf dem Digitising Europe Summit von Vodafone, dass Spezialdienste erforderlich wären, um eine gesicherte Datenübertragung etwa bei fahrerlosen Autos und telemedizinischen Anwendungen zu ermöglichen. „Der Zusammenhang, dass man Überholspuren für fahrende Autos braucht, ist aus technischer Sicht aber stark umstritten““, so die Kritik der Netzaktivisten. Doch bei Merkel sowie weiteren Teilen der Bundesregierung „funktioniert“ diese Argumentation, die auch von „der Deutschen Telekom als Killerargumente gegen Netzneutralität“ genutzt werde.
Vodafone hat Interesse an Unitymedia
Für die Zukunft des Breitbandmarktes ist nicht nur die Debatte um die Netzneutralität entscheidend, sondern auch der Konkurrenzkampf zwischen den Providern. Nachdem Vodafone mit Kabel Deutschland bereits einen der großen Kabelnetzbetreiber übernommen hat, besteht nun auch Interesse an Unitymedia. „Für den Breitbandmarkt wäre es gut, wenn es neben der Telekom als bundesweitem Betreiber eines DSL-Netzes auch einen bundesweiten Betreiber eines Kabel-TV-Netzes inklusive Unitymedia geben würde“, so Schulte-Bockum. Aus den Reihen des Politikbetriebs vernehme er dabei Signale, dass eine „solche Konsolidierung des Marktes“ unterstützt werde.
Damit spielt Schulte-Bockum offenkundig auf die Äußerungen von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger an. Dieser hatte erklärt, Fusionen und Kooperationen von kleinen Providern fördern zu wollen, sodass letztlich nur eine geringe Anzahl von großen Anbietern bestehen bleibt. So will Oettinger die Unternehmen vor „übermäßigen Wettbewerb“ schützen, damit diese zusätzliche Investitionen in den Netzausbau stecken. Die Verbände von kleineren Providern äußern allerdings scharfe Kritik an diesen Plänen.
Vodafone verspricht mehr Datensicherheit
Darüber hinaus erklärte Schulte-Bockum in der Rheinischen Post, dass Vodafone Deutschland auf einige der Enthüllungen von Edward Snowden reagiert habe. So berichtete der Guardian im Juni 2014, dass Vodafone den staatlichen Stellen in einigen Ländern direkten Zugang zu den Metadaten von Kunden gewährt. Im November wurde etwa eine enge Kooperation zwischen dem britischen Geheimdienst GCHQ und einer Vodafone-Tochter publik.
Zumindest in Deutschland sollen die Daten von Kunden sicher sein. „Seit Herbst speichern wir alle Daten unserer hiesigen Kunden auf lokalen Rechnern ab“, erklärte Schulte-Bockum. So soll ausgeschlossen werden, dass ausländische Dienste auf die Daten zugreifen können. Ein Schutz vor deutschen Diensten wie dem Bundesnachrichtendienst ist dies allerdings nicht.