NSA-Ausschuss: NSA erhält keine BND-Daten aus Schöningen
In welchem Ausmaß der Bundesnachrichtendienst (BND) Daten mit der NSA und weiteren Five-Eyes-Geheimdiensten austauscht, ist eine der Kernfragen, die im NSA-Ausschuss des Bundestags untersucht werden. Dort erklärte nun der Leiter der BND-Abhörstation Schöningen: „Keinerlei Daten welcher Art auch immer zu keinem Zeitpunkt, nie.“
Bei den Daten, die der BND an diesem Standort sammelt und auswertet, handelt es sich dem Zeugen zufolge um die Satellitenkommunikation aus Krisengebieten. Betroffen sind also in erster Linie Verbindungsdaten wie etwa Telefonnummern sowie Zeit, Ort und Dauer von Telefonaten. Hinzu kommen Internetdaten wie E-Mail-Adressen und aufgerufene Webseiten. Laut dem Zeugen werde in Schönigen praktisch nur die Kommunikation zwischen Ausländern ausgewertet. Informationen über deutsche Bürger würden aus den Rohdaten herausgefiltert, zumal diese ohnehin nur einen geringen Anteil der abgefangen Kommunikationsdaten ausmachen – mit „weit unter einen Prozent“ wird der Zeuge im Live-Ticker von Netzpolitik.org zitiert.
Dieser Punkt gehört zu den heiklen Fragen, da es dem BND per Gesetz untersagt ist, die Kommunikation von Bundesbürgern abzufangen. Allzu große Sorgen wegen potentieller Rechtsverstöße macht sich der Zeuge allerdings nicht, da die Filtertechnik in Schöningen zuverlässig arbeiten soll. Diese Aussage ist erstaunlich, da im Rahmen der Berichte über das Eikonal-Programm bekannt wurde, dass der BND erhebliche Probleme mit den Filterprogrammen hat.
Angesprochen auf das Ausmaß der Datensammlung sprach der Zeuge von einer Million Metadaten, die täglich in Schöningen erfasst würden. Zur Einordnung: Bei einem Telefonanruf entstehen etwa zwischen fünf und zehn Metadaten. „Anrufende Nummer, angerufene Nummer, Geräte, unter Umständen Funkzelle. Bei manchen Providern Software-Status“, sagte der Zeuge laut Netzpolitik.org. Auf die Aussage des Ausschussvorsitzenden Patrick Sensburg (CDU), dass dies eine „gigantische Masse“ sei, bezeichnete der Zeuge die Datensammlung in Schöningen „gigantisch kleiner Teil“ – zumindest im Verhältnis zur weltweiten Kommunikation. Aus den Zahlen lasse sich laut dem Zeugen allerdings nicht ableiten, wie viel Telefonate der BND letztlich auf diese Weise pro Tag erfasse.
Ähnlich vage äußerte er sich bezüglich des Berichts von Zeit Online, wonach der BND täglich bis zu 220 Millionen Metadaten erfasse und diese auch in großen Umfang an die NSA übermittele. „Kann die Zahl aber überhaupt nicht falsifizieren oder verifizieren“, so die Stellungnahme laut Netzpolitik.org. Ebenso wenig wollte er in der öffentlichen Sitzung sagen, wie lange die Metadaten in Schöningen gespeichert werden.
Aussagen beziehen sich nur auf Schöningen
Das Problem ist allerdings: Die Aussagen beziehen sich nur auf den Standort Schöningen. Doch die gesammelten Daten werden auch an die BND-Zentrale in Pullach, den Standort Bad Aibling und die Bundeswehr übermittelt. Wie das Schöninger Material anderswo bearbeitet werde, kann der Zeuge allerdings nicht sagen. Er werde auch nicht darüber unterrichtet, an wen Informationen aus seiner Außenstelle weitergeleitet würden: „Das ist für uns wie eine Blackbox.“ Dennoch versichert er, dass etwa die NSA keine Daten aus Schöningen für Drohnen-Angriffe nutzen würden. Die amerikanischen Dienste erhielten die entsprechenden Daten aus anderen Quellen.
Nichtsdestotrotz hat der BND auch in Schöningen mit der NSA kooperiert, wie unter anderem aus den entsprechenden Snowden-Dokumenten (PDF-Datei) hervorgeht. Laut dem Zeugen finden zwar regelmäßig Treffen von Vertretern der Dienste statt, doch in erster Linie handele es sich um eine technische Zusammenarbeit. So ist etwa in Schöningen seit Februar 2013 das NSA-Programm XKeyscore im Einsatz, allerdings weitestgehend im Testbetrieb. „Im Moment ist der Stand, das wir das so gut wie gar nicht einsetzen, weil wir andere haben und nutzen. Ist aber noch vorhanden“, so der Zeuge laut Netzpolitik.org. An das globale NSA-Netzwerk ist das Schöninger BND-System nicht angeschlossen. Dementsprechend finde auch kein Datenaustausch zwischen den Diensten statt.
Erneut Ärger um CIA-Kooperation
Für Ärger auf Seiten der Abgeordneten sorgte erneut die Befragung zur Operation Operation „Glotaic“. Bei dieser soll der BND zwischen 2003 und 2006 mit der CIA kooperiert, um die in Deutschland verlaufenden Leitungen eines amerikanischen Providers anzuzapfen. Viel Neues wurde in der aktuellen Sitzung jedoch nicht bekannt. Denn der Zeuge aus dem BND-Standort Rheinhausen, der für die Operation zuständig war, blieb in den Antworten vage oder verwies auf die Nicht-Öffentliche-Sitzung. Daher haben die Ausschussmitglieder nun einen Beweisantrag beschlossen, um weitere Details zu erfahren, erklärte Martina Renner, Obfrau der Linken im NSA-Ausschuss, gegenüber heise online. Demnach vermuten die Abgeordneten derzeit, dass der BND „eine oder mehrere Tarnfirmen“ betrieben hat, um Knotenpunkte des amerikanischen Providers MCI „im großen Stil“ anzuzapfen.