Evolve im Test: Die Innovation ist vier Jäger gegen ein Monster

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Sasan Abdi
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Evolve auf einen Blick

Zu Beginn muss der Aufregung um den Ansatz von Evolve zunächst etwas der Wind aus den Segeln genommen werden. Gänzlich neu ist der asymmetrische Ansatz nämlich nicht. Immer wieder haben Entwickler versucht, aus variierenden Fähigkeiten zweier Teams ein besonderes Spielerlebnis zu schustern. So etwa die Spieleschmiede Unknown Worlds, die 2012 in Natural Selection 2 bewegliche Aliens auf gut ausgerüstete Marines losließ.

Und doch ist die Spielmechanik von Evolve im Jahr 2015 vor dem Hintergrund der vielen Standard-Multiplayer-Shooter schon für sich genommen erfrischend. Denn hier treten nicht gleichgroße Teams mit einem mehr oder minder identischen Waffenarsenal gegeneinander an. Nein, hier jagen vier Jäger ein einzelnes Monsters.

Auch wenn die Ziele je nach Spielmodus etwas variieren: Am Ende geht es für die in First-Person gesteuerten Jäger immer darum, das Monster zur Strecke zu bringen. Das in Third-Person gesteuerte Monster wird seinerseits gut daran tun, zunächst selbst auf die Jagd nach Tieren zu gehen, um dann in fortgeschrittener Entwicklungsstufe den direkten Kampf zu suchen. Dabei steht eins fest: Früher oder später ist der Showdown in den meist zehn- bis zwanzigminütigen Matches unausweichlich.

Ein Ansatz mit Gefahren

Ein solches Gameplay birgt gleich mehrere potentielle Gefahren. Da ist zum einen die radikale Abhängigkeit von den Mit-Jägern: Nur ein aufmerksames, taktisch klug vorgehendes Team wird gegen ein halbwegs clever agierendes Monster eine Chance haben. Dies bedeutet zugleich, dass die typischen Merkmale eines Online-Spiels wie „Leaver“ oder „Afkler“ hier besonders schwer zum Tragen kommen. Verlässt ein Mitspieler vorzeitig die Jagd oder gönnt sich eine Auszeit um zu telefonieren, sinkt der Spielspaß sofort rapide ab.

Evolve im Test

Vor diesen beiden Problemen können die Entwickler Evolve nur bedingt schützen. Wer ein Spiel vorzeitig verlässt, verpasst den saftigen EP-Bonus, der am Ende der Runde verteilt wird. Noch wichtiger aber ist, dass „Leaver“ von der KI ersetzt werden, sodass ein Spiel nicht automatisch endet, wenn das Monster seinen menschlichen Steuermann verliert. Und doch hängt der Spielspaß maßgeblich an der Kompetenz und dem Einsatz der Mitspieler, sodass Evolve vor allem auf Seiten der Jäger dafür prädestiniert ist, mit zuverlässigen Freunden gespielt zu werden.

Eine dritte potentielle Problemquelle hat schließlich direkt mit den Entwicklern zu tun. Dabei geht es um eine Frage, die seit der Ankündigung von Evolve im Raum steht: Trägt das auf den ersten Blick spannende Spielprinzip wirklich dauerhaft?

Keine Kampagne, minimale Story

Diese Frage stellt sich auch deswegen, weil die Macher auf die Integration einer Einzelspielerkampagne verzichten. Wer Evolve wirklich offline spielen möchte, kann deshalb nur in guter alter Multiplayer-Shooter-Manier gegen Bots antreten. Klar, dass das nicht so wirklich trägt.

Bedingt durch die klare Fokussierung auf den Mehrspieler kommt Evolve zudem mit einer sehr dünnen Story aus. Auf dem entfernten Planeten Shear wird eine Forschungskolonie von unheimlichen mutierten Wesen tyrannisiert. Kurzerhand wird eine schlagfertige Jägertruppe entsandt, um die Viecher zu beseitigen. Hierbei handelt es sich um den bloßen Hintergrund für eine zünftige Ballerei, auch wenn sich Turtle über kurze Dialoge zwischen den Jägern durchaus bemüht, etwas Kontext in die Angelegenheit zu bringen.

Überzeugende, variantenreiche Klassen

Entscheidend für die Bewertung ist, dass Evolve trotzdem nicht langweilig wird. Dies liegt zu großen Teilen an den vielen Facetten der unterschiedlichen Klassen.

Schon in der Grundausstattung sind die Protagonisten von Evolve angenehm variantenreich. Da ist auf der einen Seite das Monster Goliath – ein Riese auf zwei Beinen, der große Entfernungen mit mächtigen Sprüngen überwinden kann. Seinen Widersachern speit er Feuer entgegen, schleudert Felsen, rammt in die Gruppe und zerquetscht seine Jäger per Schmettersprung.

Evolve im Test

Ihm gegenüber steht ein Team von menschlichen Jägern, das sich stets aus einem Assault, einem Support, einem Trapper und einem Medic zusammensetzt. Spielt dieses Team wirklich als Gemeinschaft, ergänzen sich die Fähigkeiten bestens: Der Assault heizt dem Monster mit Blitzminen und Gewehren ein, der Support malträtiert es mit Artillerieschlägen und schützt verletzte Kollegen mit einem Schild und einer Tarnung, der Trapper ist Meister im Aufspüren und kann ein Areal kurzzeitig mit einer Barriere versehen – und der Medic ist, na klar, vor allem zum Heilen der Truppe da.

Schon in dieser Grundkonfiguration macht Evolve verdammt viel Spaß. Im Standard-Modus „Jagd“ werden die Jäger beispielsweise gerufen, um ein einzelnes Monster zu töten. Am Anfang ist der Spieler, der das Monster steuert, gut beraten, das Weite zu suchen: Auf der Flucht vor den noch überlegenden Jägern muss er darauf achten, genügend Abstand zu halten, aber auch immer wieder Zeit darauf verwenden, selbst zu jagen. Durch das Verspeisen von kleineren Tieren kann das Monster aufsteigen, wobei es auf Stufe 3 stark genug ist, einen zentralen Generator anzugreifen und das Spiel auch ohne die Tötung seiner Häscher zu einem Ende zu bringen.

Letztere Möglichkeit ist eine Versicherung dafür, dass ein Spiel nie zu lange dauert. Gelingt es keiner Partei, das Match vorzeitig zu entscheiden, kommt es zum Showdown am Generator: Ein maximal entwickeltes Monster versucht, entweder alle Jäger zu töten oder das Relais zu zerstören, während die Jäger versuchen, genau dies zu verhindern.

Evolve im Test
Evolve im Test

In der frühen Phase eines solchen Spiels versprüht Evolve einigen Jagdcharme. Durch Spezialfähigkeiten wie den Hund des Trappers spüren die Jäger dem auf der Flucht befindlichen Monster nach. Dieses macht allerdings auch so auf sich aufmerksam: Aasvögel kreisen, Wildtiere rennen ängstlich durch die Gegend und ab und an stolpern die Jäger über einen Kadaver. Auch ohne Hilfsmittel weiß die Gruppe so stets, ob sie auf der richtigen Spur ist.

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