Internetsperren: Frankreich sperrt Webseiten nun ohne Gerichtsverfahren
In Frankreich sind Internetsperren in Kraft getreten, die es der französischen Polizei erlauben, Webseiten, die den Terrorismus fördern oder Kinderpornografie verbreiten, für Internetnutzer zu blockieren. Ein Gerichtsverfahren ist hierfür nicht nötig.
Der in der letzten Woche vom französischen Innenministerium veröffentlichte Dekret verpflichtet Internetdienstanbieter die entsprechende Seiten innerhalb von 24 Stunden nach Erhalt der behördlichen Aufforderungen zu blockieren. Der Erlass deckt zwei bereits beschlossene Gesetze provisorisch ab. Neben dem Anti-Terror-Gesetz aus dem letzten Jahr betrifft er auch ein bereits 2011 beschlossenes Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornografie. Für die Umsetzung der Sperrungen ist eine Abteilung der Police Nationale zuständig. Ein Administrator des Commission Nationale de l'Informatique et des Libertés, der französischen Datenschutzbehörde, ist mit der Überwachung des Prozesses betraut.
Versucht ein Nutzer, auf eine blockierte Seite zuzugreifen, sieht er eine Erklärung zum Grund der Sperrung, sollte es sich um eine Internetseite mit kinderpornografischen Material handeln, so wird dem Nutzer zudem das Suchen von medizinischer Unterstützung nahegelegt.
Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve betont die Bedeutung des Dekrets in Bezug auf den internationalen Terrorismus: „90 Prozent derer, die sich in der Europäischen Union dem Terrorismus zuwenden, tun dies, nachdem sie das Internet besucht haben.“. Der Terrorismus ließe sich ohne Maßnahmen zur Kontrolle des Internets nicht bekämpfen, so Cazeneuve.
Felix Tréguer der französischen Organisation La Quadrature du Net kritisiert die neuen Regeln scharf. Die Maßnahme riskiere es, auch legale Inhalte zu blockieren – die Wirksamkeit der Netzsperre bezweifelt dieser ebenfalls. „Die Maßnahme gibt uns die Illusion, der Staat handelt für unsere Sicherheit – während unsere fundamentalen Rechte im Internet ein Stück mehr untergraben werden.“
Überlegungen zu einer solchen Regelung bestanden bereits seit 2011, die Terroranschläge im vergangenen Monat brachten neue Bewegung in den Fall. Präsident François Hollande will auch im digitalen Raum gegen Terrorismus vorgehen, so sollen etwa Internetdienste für propagandistisches, bei ihnen gehostetes Material haften – durch ein neues Gesetz würden Seiten wie Facebook und Google zu „Komplizen“ des Terrorismus werden.