Heiko Maas: Leitlinien für neue Vorratsdatenspeicherung bis Juni
Bis Juni soll Justizminister Heiko Maas (SPD) erste Leitlinien erarbeiten, um einen Gesetzentwurf für eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung vorzubereiten, berichtet der Spiegel in der aktuellen Ausgabe. Hinter diesem Plan steht demnach SPD-Chef Sigmar Gabriel, der entsprechenden Druck ausübt.
Mit diesen Leitlinien soll erörtert werden, wie eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung aussehen muss, damit die Auflagen vom Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof erfüllt werden. Die Ergebnisse sollen noch vor einem SPD-Konvent am 20. Juni präsentiert werden, um den konkreten Gesetzentwurf danach möglichst schnell auszuarbeiten.
Der Zeitplan wird als ambitioniert beschrieben. Zahlreiche Juristen bezweifeln, dass es angesichts der juristischen Hürden überhaupt möglich ist, die Vorratsdatenspeicherung in der Praxis umzusetzen. Einen Hinweis auf die Komplexität dieser Aufgabe liefert etwa das Verhalten der EU-Kommission: Der neue EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hatte bei seiner Antrittsrede im Oktober erklärt, er wolle eine neue EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen, die den Auflagen des EuGH entspricht.
Seitdem kursieren zwar immer wieder Gerüchte, dass die EU an einem entsprechenden Entwurf arbeitet. Doch eine offizielle Ankündigung lässt immer noch auf sich warten. Stattdessen bestätigte Avramopoulos erst vor wenigen Tagen, dass die Vorratsdatenspeicherung vorerst Sache der einzelnen EU-Staaten bleibt.
Politische Lage wandelt sich
Bislang war das für Maas – der als Kritiker der Vorratsdatenspeicherung gilt – stets das politische Faustpfand, um die entsprechenden Forderungen von CDU/CSU abzublocken: Solange es keine EU-Richtlinie gibt, wolle er keinen nationalen Alleingang vorantreiben. Doch mit dem Druck von SPD-Chef Gabriel wendet sich nun das Blatt. Dieser hatte bereits letztes Wochenende für eine Wiedereinführung plädiert. Zuvor hatte bereits der Spiegel berichtet, dass ein neues Gesetz geplant ist, was vom Justizminister aber zunächst noch dementiert wurde. Doch infolge der öffentlichen Diskussion zeichnete sich ab, dass es dem SPD-Chef augenscheinlich ernst ist. Das politische Kalkül: Laut dem Spiegel-Bericht will Gabriel den Bereich innere Sicherheit nicht vollständig der Union überlassen.
Für seinen Vorstoß erntete Gabriel allerdings auch reichlich Kritik, unter anderem weil er die Anschläge in Norwegen von Anders Breivik im Jahr 2011 als Argument für die Vorratsdatenspeicherung anführte. Netzpolitik.org berichtete allerdings, dass Norwegen zu diesem Zeitpunkt keine Vorratsdatenspeicherung hatte. Die entsprechende Regelung soll demnach nicht vor dem 1. Juli 2015 in Kraft treten.
„Unsinniger Eingriff in die Rechte der Bürger“ Juso-Vorsitzende Uekermann
Umstritten ist die Forderung auch innerhalb der SPD. Johanna Uekermann, Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation Juso, bezeichnete die Vorratsdatenspeicherung im Interview mit Spiegel-Online als einen „unsinnigen Eingriff in die Rechte der Bürgerinnen und Bürger“, der zudem nicht für mehr Sicherheit sorge. Und der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil erklärte im Rahmen einer aktuellen Stunde im Bundestag am Mittwoch, eine grundrechtskonforme Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung ähnelt der „Quadratur des Kreises“. Es sei zwar nötig, die Diskussion „verantwortungsvoll“ zu führen. Doch Fragen wie zum Beispiel die Speicherdauer und die Ausnahme von bestimmten Berufsgruppen müssten im dem Gesetz klar beantwortet werden.
So wirkt die SPD in dieser Frage gespalten: Auf der einen Seite die Führungsspitze um Gabriel, die sich für die Vorratsdatenspeicherung ausspricht. Und auf der anderen Seite zahlreiche Stimmen aus der Parteibasis und der Fraktion, die deutliche Kritik an den Plänen äußern.
CDU/CSU pro Vorratsdatenspeicherung, Linke und Grüne dagegen
Bei den übrigen Parteien ist die Haltung derweil eindeutiger, wie die Debatte im Bundestag zeigte. So erklärte etwa Thomas Strobl von der CDU/CSU-Fraktion, dass die Vorratsdatenspeicherung auch in Deutschland nötig wäre. Es sei ein von Sicherheitsbehörden gefordertes Instrument zur Aufklärung schwerer Straftaten, etwa im Bereich des Terrorismus oder der Kinderpornografie.
Vertreter von den Grünen und der Linken kritisierten den Vorstoß von Gabriel. Die Bürger würden mit der Vorratsdatenspeicherung unter Generalverdacht gestellt, erklärte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Darüber hinaus hätten die Anschläge von Paris und Kopenhagen gezeigt, dass Anschläge nicht durch die Speicherung von Daten verhindert werden könnten. Denn sowohl in Dänemark als auch in Frankreich existieren bereits entsprechende Regelungen.