Erfahrungsbericht: Ich habe die Apple Watch Edition anprobiert
Termin zur Anprobe
Seit gestern kann die Apple Watch vorbestellt und weltweit in Apple Stores anprobiert werden. Ich habe einen Termin für die Anprobe der Apple Watch Edition ausgemacht. Als Privatperson, nicht als Presse. Ist es wirklich das besondere Erlebnis, das Apple verspricht? Ein Erfahrungsbericht vom 1. Tag aus dem Apple Store Berlin.
Ende März wurde bekannt, dass der Kaufvorgang der Apple Watch grundlegend anders ablaufen wird als es bei anderen Produkten von Apple der Fall ist. Interessenten müssen über den Concierge-Service von Apple einen Termin in einem Apple Store ausmachen, können anschließend eine Auswahl von Uhren im Apple Store anprobieren und abschließend die Vorbestellung beziehungsweise den Kauf tätigen.
Dass alle Kunden am 24. April, dem Verkaufsstart der Apple Watch, mit ihrer vorbestellten Uhr den Apple Store verlassen werden können, ist allerdings unwahrscheinlich. Wenige Minuten nach dem Start der Vorbestellungsphase am Freitag um 9:00 Uhr zeigte die Apple-Website bereits Lieferzeiten von vier bis sechs Wochen an, eine von der Redaktion um 9:10 Uhr gekaufte schwarze Apple Watch Sport soll sogar erst im Juni ausgeliefert werden.
Auch die zwischen 11.000 Euro und 18.000 Euro teure Apple Watch Edition wird derzeit frühestens im Juni ausgeliefert. Wer die in Gelb- oder Rosegold gefertigte Uhr anprobieren möchte, kann nicht einfach in einen der 14 deutschen Apple Stores gehen, sondern muss nach Berlin oder München reisen. Dies sind derzeit die einzig beiden Apple Stores in Deutschland, die die Luxus-Smartwatch führen.
Die Anprobe der Apple Watch fängt zunächst einmal für alle Besucher des Apple Store Berlin gleich an. Im rechten Eingangsbereich stehen Mitarbeiter für die Zuweisung zu den verschiedenen Tischen im Laden bereit, an denen die Uhren anprobiert werden können. Es mag am ersten Tag der öffentlichen Zurschaustellung der Uhr gelegen haben, aber zumindest im Apple Store Berlin musste man als Besucher nicht unbedingt einen Termin für die Anprobe der Apple Watch und Apple Watch Sport haben. Es wurde auch Interessenten weitergeholfen, die spontan die Uhr anprobieren wollten.
Anders sieht es bei der Apple Watch Edition aus. Schon die beiden noch halbwegs erschwinglichen Modelle wurden am Freitag von unauffällig im Hintergrund agierenden, aber doch stets präsenten und adrett gekleideten Sicherheitskräften eines externen Unternehmens im Auge behalten. Während der Anprobe von Apple Watch und Apple Watch Sport konnten Interessenten in Ruhe mit den Mitarbeitern sprechen, eine Sicherheitskraft stand aber nie mehr als ein paar Meter entfernt von dem Beratungsgespräch. Rund eine Viertelstunde ist für die Beratung zur Apple Watch und Apple Watch Sport vorgesehen.
Für die Apple Watch Edition nehmen sich die Mitarbeiter mehr Zeit. Nicht nur das, die Beratung findet auch abseits des Trubels in einem vom restlichen Store getrennten Bereich statt. Das Prozedere für die Anprobe der Apple Watch Edition setzt sich in Gang, sobald der Mitarbeiter dies in seinem digitalen Terminplaner für die heutigen Anproben erkennt. „Oh, du bist für das Anprobieren der Apple Watch Edition gekommen“, heißt es dann von dem selbst etwas überrascht wirkenden Mitarbeiter, der mich wie jeden anderen Kunden zunächst fragte, ob das du für mich in Ordnung sei.
Anschließend wird gefragt, welche Apple Watch Edition von Interesse ist. Die Wahl fiel auf die 42-mm-Version in Gelbgold mit klassischem Lederarmband in Schwarz für 16.000 Euro. Mir wurde zudem die Wahl eines zweiten Modells angeboten, bei dem ich zur 42-mm-Version der Apple Watch in Edelstahl mit Gliederarmband griff. „Lass uns doch schon mal in einen etwas ruhigeren Bereich des Stores gehen“, sagt der Mitarbeiter und führt mich in den Bereich für Zubehör wie Kopfhörer, Hüllen und Taschen. Dann heißt es erst mal warten, während der Mitarbeiter die gewünschten Uhren und eine uns begleitende Sicherheitskraft zusammensucht.
Während ich im Bereich für Zubehör stehe, frage ich mich, ob Interessenten mit echter Kaufabsicht einer bis zu 18.000 Euro Uhr zum Warten nicht lieber einen wirklich vom Laden getrennten Bereich vorziehen würden, in dem beispielsweise Getränke gereicht werden. Ich stehe stattdessen in einem etwas ruhigeren Bereich des Stores abseits der Haupthalle und blicke auf an Zubehör angeschlossene iPods. Am ersten Tag der Anprobe, an dem es selbst eine Stunde vor Ladenschluss außergewöhnlich voll im Apple Store ist, verzeiht man den Mitarbeitern aber alles, auch wenn das bedeutet, für ein paar Minuten etwas allein gelassen beim Zubehör stehen und warten zu müssen.
Von dem Bereich für Zubehör führt eine Tür in den nichtöffentlichen Teil des Apple Stores. Aus dieser Tür kommt nach wenigen Minuten der für mich verantwortliche Mitarbeiter mit einer kleinen und einer großen Schatulle und einer Sicherheitskraft, die uns die nächsten 30 Minuten begleiten wird. Wir gehen durch die Tür, steigen zu dritt in einen Aufzug, laufen im oberen Stockwerk durch Bereiche für Mitarbeiter und kommen schließlich in einem sehr großen Konferenzzimmer für Mitarbeiter an. An einem elend langen und sehr breiten Holztisch nehmen am vorderen Eck der Mitarbeiter und ich Platz, während die Sicherheitskraft leicht versetzt von der einzigen Tür seine Position einnimmt.
Der Mitarbeiter positioniert vor mir eine weiche Ledermatte und fängt an die Apple Watch Edition auszupacken, die anders als die anderen beiden Modelle in einer mit Leder umhüllten Schatulle ausgeliefert wird. Noch etwas ist anders bei der Verpackung der Apple Watch Edition: Die Schatulle hat einen Lightning-Anschluss. Während das magnetische Ladekabel bei Apple Watch und Apple Watch Sport unter der Uhr liegt, ist es bei der Apple Watch Edition in die Schatulle integriert, sodass die Uhr auch während der Aufbewahrung in der Box geladen werden kann.
Wie der Mitarbeiter mir beichtet, ist es das erste Mal für ihn, dass er eine Apple Watch Edition auspacken darf. Auch ich werde leicht nervös, als er mir schließlich die 16.000 Euro teure Uhr in die Hand gibt, nachdem er mir noch kurz die Schließe des Armbands erklärt hat. Schwer ist der erste Gedanke, während die Uhr noch in meiner Hand liegt. Nur 69 Gramm wiegt das 42-mm-Gehäuse der Apple Watch Edition in Gelbgold, mit Band und Schließe sind es rund 100 Gramm. Trotzdem wirkt die Uhr im ersten Moment schwerer als meine Omega Speedmaster Professional, die es insgesamt auf 142 Gramm bringt, die aber auch über ein sehr schweres Armband verfügt. Bei der Apple Watch Edition sitzt gefühlt das gesamte Gewicht im Gehäuse der Uhr.
Das Anprobieren fällt nach Realisation, gerade 16.000 Euro in der Hand zu halten, vergleichsweise unspektakulär aus. Das Band lässt sich einfach umlegen, die Schließe ohne Komplikationen schließen. Die leicht konvexe Rückseite der Uhr, die mir auf Bildern noch etwas unbequem vorkam, stört nicht. Die Uhr sitzt nicht anders am Handgelenk als es bei anderen hochwertigen Uhren der Fall ist. Richtig ausprobieren kann ich die Uhr nicht. Denn ausgerechnet bei dem sündhaft teuren Modell ist der Akku leer. Die Verarbeitung fällt aber exzellent aus. An keinem noch so kleinen Bauteil lässt sich Kritik üben. Vor allem das Drehgefühl der digitalen Krone gefällt. Weil meine eigene Uhr per Hand aufgezogen werden muss, kommt mir der Vorgang vertraut vor. Die Kerben der Krone sorgen für eine gute Griffigkeit, ein klassisches Aufziehgeräusch gibt die Uhr aber nicht von sich. So häufig wie man die Krone verwendet, ist das aber vielleicht auch besser.
Der sehr nette Mitarbeiter möchte die Apple Watch Edition am liebsten wieder schnell in ihrer Schatulle verstauen, bevor ich mir die anderen Uhren anschauen kann. Seine Nervosität wird klar erkennbar, als er minutenlang daran scheitert, die Uhr wieder ordnungsgemäß um den Haltering der Box zu schnallen und den Deckel in korrekter Ausrichtung aufzusetzen. Die Lösung des Problems ist schließlich die Sicherheitskraft, die dezent aus dem Hintergrund Tipps gibt, wie die Uhr wieder richtig einzupacken ist. Am ersten Tag kann eben nicht alles reibungslos ablaufen, Übung macht auch bei bis zu 18.000 Euro teuren Uhren erst irgendwann den Meister. Ich kann an der etwas ungeübten Durchführung keine Kritik üben, auch nicht am Konferenzraum. Wie es aber die erlesene Klientel sehen wird, ist schwierig einzuschätzen. Ich bewege mich schließlich in anderen Kreisen.
Die leichte Spannung legt sich wieder, als wir bei der großen Schatulle für bis zu zehn Uhren angekommen sind. Obwohl ich als zweites Modell eigentlich nur die Apple Watch in Edelstahl mit Gliederarmband ausgewählt hatte, darf ich auch die anderen Uhren anprobieren. Was bei der Apple Watch in Edelstahl sofort auffällt, ist, dass sie nicht weniger hochwertig wirkt. Plötzlich stellt sich die Frage, wie der Preisunterschied von 15.000 Euro zur Edition zustande kommt. Es ist natürlich das verwendete Material, aber für mich ist der Unterschied während der Anprobe ausschließlich in der Farbe zu finden. Die Apple Watch Edition kauft man sich nicht, weil sie irgend etwas besser kann, sondern weil man explizit auf eine aus Gold gefertigte Uhr aus ist.
Wer weniger die Optik von Schmuck sondern mehr die einer Uhr verlangt, greift besser zur Apple Watch in Edelstahl. Besonders das Gliederarmband gefällt mir als Träger eines ähnlich aufgebauten Armbandes. Während das Stahlarmband der Omega Speedmaster in eine Richtung öffnet und schließt, geht das der Apple Watch in beide Richtungen auf und zu, was zunächst etwas fummelig ist. Anschließend durfte ich noch eine Apple Watch mit Lederarmband und Schlaufe anprobieren, das als erstes von bisher drei Modellen auch funktionstüchtig war. Allerdings lief wie auf allen Uhren im Apple Store auch auf dieser nur eine Demo, die durch verschiedene Funktionen der Uhr geht und von Zeit zu Zeit die Taptic Engine aktiviert. Wer durch das Betriebssystem der Uhr navigieren möchte, kann dies aktuell an freien Stationen im Store zum Ausprobieren testen, aus denen sich die Uhr aber nicht nehmen und anprobieren lässt. Die Uhr ist neben einem iPad fest auf einer Platte montiert und kann bis auf vom persönlichen Apple-Konto abhängigen Funktionen (Kontakte, Kalender, E-Mail) voll genutzt werden.
Kurz vor Abschluss der Anprobe, als der Mitarbeiter schon kurz davor war, die große Schatulle zu schließen und die Beratung zu einem Ende zu bringen, konnte ich ihn noch dazu bringen, die Apple Watch in Edelstahl mit Milanaise-Band vorzuführen. Dieses Armband wird wie das Leder-Loop-Band per Magnet geschlossen, kann im Gegensatz zu diesem aber nicht durch seine eigene Schlaufe rutschen, weil das Abschlussstück dafür zu dick ist. Obwohl zunächst eher als Armband für Frauen eingeschätzt, entpuppte sich diese Variante als Highlight der Anprobe. Kühler Edelstahl trifft hier auf einen super einfachen Verschluss mit starkem Magnet, der das Band feste in Position hält. Anhand dieser Uhr konnte ich auch den Bandwechsel ausprobieren, der über zwei Knöpfe auf der Rückseite der Uhr eingeleitet wird. Anschließend können die Ankerpunkte zur Seite aus dem Gehäuse gezogen und ebenso einfach andere Bänder wieder eingeschoben werden. Den festen Halt bestätigt ein leises Klickgeräusch.
Zum Ende der Anprobe bedankt sich der Mitarbeiter bei mir, dass ich mir die Zeit für den Besuch genommen habe. Wir verlassen den Raum wieder zu dritt, nehmen dieses Mal aber die Treppen statt den Aufzug ins Erdgeschoss. An der Tür zum Zubehörbereich trennen sich unsere Wege. Ich gehe am Zubehör vorbei in Richtung Haupthalle, während sich hinter mir die Tür schließt und der Mitarbeiter samt Sicherheitskraft zum Safe geht, um die Apple Watch Edition wieder sicher zu verstauen.
Ein besonderes Erlebnis war die kurze halbe Stunde für mich definitiv. Im Verlauf der nächsten Wochen dürfte der gesamte Vorgang noch etwas eingespielter und runder ablaufen, um auch die pingeligere Kundschaft vollends zufriedenzustellen. Deutlich klar wurde am heutigen Tag, dass die aufwendige Anprobe, egal welcher Version der Apple Watch, nicht einfach nur gutes Marketing von Apple ist. Ich habe mein persönliches Highlight erst bei dem vierten Modell am Handgelenk gefunden, viele andere Versionen, die womöglich noch besser gefallen, hatte ich nie am Handgelenk. Die Vielfalt an Gehäusegrößen, Materialien und Armbändern lässt kaum einen anderen Ablauf zu, wenn es nicht zu unzähligen Retouren kommen soll. Die Apple Watch muss anprobiert werden. Und das ist wie bei mir auch ohne Kaufabsicht möglich.
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