Bundesnachrichtendienst: Internet-Überwachung mit NSA vorerst gestoppt
Seit Anfang dieser Woche soll der Bundesnachrichtendienst (BND) den Datenaustausch mit der NSA drastisch eingeschränkt haben, berichten Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR. Demnach werde keine Internet-Kommunikation mehr an den US-Dienst übermittelt, die am Standort Bad Aibling erfasst wird.
Infolge des Spionage-Skandals hat der BND – in Absprache mit dem Kanzleramt – die NSA aufgefordert, künftig eine Begründung für jede Person und Institution zu liefern, die überwacht werden soll. So soll offenbar verhindert werden, dass die NSA den deutschen Geheimdienst für die Spionage gegen Ziele ausnutzt, die deutsche Interessen betreffen – also etwa europäische Unternehmen und Politiker, wie in der letzten Woche bekannt wurde. Bei Fax-Verkehren und Telefongesprächen ist dieses Vorgehen ohnehin üblich.
Bei der Überwachung der Internet-Kommunikation war das aber bislang nicht der Fall. Und auf diese entfiel ein Großteil der 4,6 Millionen Suchbegriffe wie etwa E-Mail- und IP-Adressen, die zuletzt von der NSA übermittelt worden sind. Doch damit ist offenbar vorerst Schluss. Die NSA soll nach kurzer Prüfung mitgeteilt haben, dass es kurzfristig nicht möglich wäre, Begründungen für die anvisierten Personen und Institutionen zu liefern.
Daher steht nun die Frage im Raum, wie die Kooperation zwischen BND und NSA weiterläuft. Laut dem Bericht der Süddeutschen Zeitung sollen die US-Behörden angesichts der Debatte in Deutschland ohnehin verärgert und irritiert sein. Daher bestehe die Möglichkeit, dass BND und Kanzleramt den amerikanischen Diensten lediglich zuvorgekommen sind, als die Zusammenarbeit eingeschränkt wurde.
Nun schaltet sich auch der Verfassungsschutz ein
Derweil wurde bekannt, dass nun auch der Verfassungsschutz wegen den Spionage-Vorwürfen ermitteln soll, berichtet die Welt unter Berufung auf Quellen aus Sicherheitskreisen. Demnach soll nun auch der deutsche Inlandsgeheimdienst die Liste mit den NSA-Suchbegriffen angefordert haben. So soll geprüft werden, ob die NSA es bei der Überwachung – die sich eigentlich auf den Anti-Terror-Kampf beschränken soll – auch auf deutsche Bürger, Institutionen und Unternehmen abgesehen hatte.
Die Anfrage ist insofern üblich, weil die Spionageabwehr im Inland sowie der Schutz der Wirtschaft zum Aufgabengebiet des Verfassungsschutzes zählen. Bislang soll der BND die Liste mit den Suchbegriffen noch nicht übermittelt haben. Das muss erst vom Kanzleramt genehmigt werden.
Damit geht es dem Verfassungsschutz letztlich genauso wie den parlamentarischen Kontrollgremien und dem NSA-Ausschuss, die ebenfalls noch auf die Herausgabe der Suchliste warten. Die Abgeordneten halten dies für zwingend erforderlich, um den tatsächlichen Schaden bewerten zu können, der durch die NSA-Spionage entstanden ist. Doch das Kanzleramt sträubt sich bislang. Man sei zwar prinzipiell zu diesem Schritt bereit, lautet das Credo von Regierungsvertretern wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Allerdings müsse man zunächst auf die Zustimmung der US-Dienste warten.