Here: Nokia wartet auf höhere Gebote für seinen Kartendienst
Angesichts des Interesses mehrerer Bieter an Nokias Kartendienst Here bleibt das Unternehmen trotz der offen bekundeten Absicht zum Verkauf zurückhaltend und will auf möglichst hohe Gebote warten. Als wichtigste Interessenten gelten zwei Konsortien um deutsche Automobilhersteller auf der einen und Uber auf der anderen Seite.
Nokia befindet sich im Prinzip in einer bequemen Position. Here soll zwar im Zuge der Neuausrichtung nach dem Verkauf der Mobiltelefonsparte an Microsoft ebenfalls verkauft werden. Unter besonderem Druck steht das Unternehmen allerdings nicht und dass Here ein attraktives Übernahmeobjekt ist, weiß natürlich auch Nokia.
Nokia-CEO Rajeev Suri wird daher auch mit der Aussage zitiert, dass es für Here „significant interest“ gebe. Man wolle sich jedoch Zeit nehmen und weitere Angebote abwarten, erklärte der Manager im Interview mit European Communications. Seien die Angebote nicht hoch genug, könne man Here auch einfach behalten. Eine Entscheidung über die bisherigen Angebote wird für Mitte Juni erwartet.
Dass es zu einem Verbleib von Here bei Nokia kommen wird, erscheint aber eher unwahrscheinlich. Zumal die Gebote – das Konsortium um Uber und den chinesischen Suchmaschinenbetreiber Baidu soll rund 3 Milliarden US-Dollar geboten haben – bereits oberhalb der 2,2 Milliarden US-Dollar liegen, mit denen Nokia selbst Here kürzlich bewertet hat.
Als zweiter wichtiger Interessent für Here gilt das Konsortium um die deutschen Autohersteller Audi, BMW und Daimler sowie die Private-Equity-Firma General Atlantic. Sie haben in der vergangenen Woche ebenfalls ein Angebot abgegeben, über dessen Höhe bislang jedoch noch nichts bekannt wurde.
Ein Blick auf die wichtigsten Interessenten macht deutlich, warum Here so begehrt ist: Es geht um die Zukunft des autonomen Fahrens. Ein essenzieller Baustein hierfür sind Kartendienste und die Navigationssoftware, die es den Fahrzeugen überhaupt erst ermöglichen, selbstständig ans Ziel zu finden, und auch von verschiedenen Fahrassistenzsystemen benötigt werden. In genau diesem Bereich gilt Here derzeit als führend. Die Here HD Maps sollen es Fahrzeugen erlauben, sich mit einer Genauigkeit von zehn bis 20 Zentimetern auf der Straße zu positionieren.
Folglich hat Here bereits jetzt zahlreiche Kunden aus der Automobilbranche, darunter zum Beispiel auch die Audi-Mutter VW, die dieses Jahr über 173.000 VW Golf mit Software von Here an Bord ausliefern wird. Die Analysten von IHS gehen davon aus, dass Here dieses Jahr 600 Millionen Euro mit Kartendiensten für die Automobilbranche einnehmen wird.
Für die deutschen Hersteller ist es lebenswichtig, bei der Entwicklung autonomer Fahrzeuge nicht ins Hintertreffen zu geraten und von Technologiekonzernen überholt zu werden. Dass die Nachricht angekommen ist, zeigt nicht nur das Interesse an Here. So ließ Audi erst kürzlich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt von einem autonomen Konzeptfahrzeug über die Bundesautobahn 9 chauffieren. Uber wird wiederum nachgesagt, an der Entwicklung einer Flotte autonom fahrender Taxis interessiert zu sein. Entsprechende Versuchsfahrzeuge fahren bereits durch Pittsburgh.
Konkurrenz könnte aus dem Silicon Valley kommen
Gefahr droht der Automobilbranche vor allem aus dem Silicon Valley. Dass Google alleine autonome Autos auf den Markt bringen möchte, scheint im Hinblick auf das Auftreten in anderen Bereichen eher unwahrscheinlich. Doch der Konzern forscht intensiv im Bereich autonomes Fahren und besitzt mit Google Maps selbst einen Kartendienst. Das Kalkül dahinter dürften Kooperationen mit Autoherstellern sein. Doch der Einfluss, den Google dadurch gewinnen würde, kann der Automobilbranche nicht recht sein.
Weit weniger als über Googles Ambitionen ist über die Pläne von Apple bekannt. Als sicher gilt jedoch, dass Apple zumindest mit autonomen Fahrzeugen experimentiert. Möglicherweise kooperiert das Unternehmen dabei mit TomTom. Das niederländische Unternehmen liefert Kartenmaterial und weitere Informationen für Apple Maps und kündigte erst vor wenigen Tagen an, dass die seit 2012 bestehende Zusammenarbeit mit Apple nicht nur fortgeführt, sondern sogar ausgebaut werden soll.