Kinect 2.0: Gestensteuerung wartet weiter auf Durchbruch
Obwohl Microsofts Kinect in Version 2.0 endlich den erhofften Durchbruch bringen sollte, wartet das Sensormodul weiter auf bessere Zeiten: Abseits der Steuerung von Systemfunktionen der Xbox One sind sinnvolle Einsatzgebiete Mangelware, Implementierungen kommen quasi nie über den Status von Spielereien hinaus.
An diesem Dornröschenschlaf hat sich auch anderthalb Jahre nach Erscheinen von Konsole und Steuerung nichts geändert. Gab es anfangs zumindest durch das Kinect-zentrierte Startaufgebot an Software noch Hoffnung auf entsprechende Anwendungen und Spiele im weiteren Lebenszyklus der Xbox One, können derartige Wünsche nun endgültig begraben werden. Statt mehr sind zunehmend weniger Anwendungen mit Sensor-Unterstützung ausgestattet; selbst exklusive Angebote binden Kinect nur oberflächlich und optional ein. Dennoch versicherte Phil Spencer jüngst im Gespräch mit Gamesradar, dass Kinect „nicht aufgegeben“ worden sei.
Dies mag für den Konzern zwar theoretisch der Fall sein – wenngleich sich massive Bemühungen weiterhin nicht erkennen lassen –, praktisch hat der Markt diesbezüglich aber für klare Verhältnisse gesorgt. Zumindest in den kommenden Monaten, wenn nicht gar Jahren, wird Kinect nur eine untergeordnete Rolle spielen. Speziell für Spiele ist der Zug längst abgefahren. Auf der letztjährigen Gamescom hatte kein Entwickler Titel speziell für Kinect oder zumindest mit optionalen Steuerungsoptionen im Programm. Das System sei ein Spielzeug ohne praktischen Nutzen, so der Tenor. Bereits auf der E3 hatte Kinect in den offiziellen Spieletrailern von Microsoft selbst für exklusive Titel, bei denen eine stärkere Einbindung von Kinect zu erwarten wäre, keinerlei Bedeutung mehr.
Dies gesteht auch Spencer ein, der zugibt, dass es Genres gebe, bei denen Kinect gut funktioniere, bei Halo oder Call of Duty aber kein Szenario existiere, das „sage 'Hey, Ich brauche Kinect'“. „Core Gaming Szenarien“ nannte Spencer einen Bereich, bei dem sich das System nicht durchgesetzt habe – und es sei unklar, ob dies jemals der Fall sein werde. Tatsächlich hat sich die Strategie des Konzern längst dieser Realität angepasst: Die Xbox One wird seit dem Juni 2014 vergünstigt auch ohne Kinect angeboten.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Microsoft den Entfall des von vielen Nutzern als überflüssiges Accessoire empfundenen Systems mit der Absicht begründet, durch mehr Entscheidungsfreiheit punkten zu können. Kinect wurde dennoch schon damals als „wichtiges Alleinstellungsmerkmal“ bezeichnet, das auf jeden Fall weiterentwickelt und ausgebaut werde. Wie wenig Akzeptanz das System auch abseits von Spielen trotz aller Bemühungen tatsächlich gefunden hat, wird zwischen den Zeilen deutlich: Die für Windows geplante Kinect-Version wurde durch einen Adapter ersetzt, der das immerhin 150 US-Dollar teure Konsolenmodul am Rechner lauffähig macht. Davon scheint Microsoft noch so viele Modelle am Lager zu haben, dass die Produktion einer weiteren Version bei ohnehin geringer Nachfrage sinnlos erschien.
Dass die Attraktivität am Markt minimal ist, deutet auch Spencer an. Nach Einführung der Xbox One ohne Kinect habe man sich „gut geschlagen“, der Verkaufspreis sei „wirklich wichtig für die Konsole“. Was Spencer nicht sagt: Dies gilt primär, solange er in keiner Relation zum empfundenen Gegenwert steht – Kinect weckt schlicht keine Kaufanreize. In welchen Bereichen Käufern Vorteile winken, führt auch Spencer nicht aus, es solle aber „weitere Ankündigungen“ geben, die ausführen, „was Menschen damit machen“. Der Konzern arbeite an weiteren Funktionen, um Kinect „zu einem wertvollen Teil des Ökosystems zu machen“ – was derzeit weniger nach einem konsequenten Plan als nach Durchhalteparolen klingt.