Spionage-Skandal: Amerikanische Dienste überdenken Kooperation mit BND
Im BND-Skandal gerät das Kanzleramt zunehmend zwischen die Fronten: Die SPD-Spitze hat nun eine Frist von zwei Wochen gestellt, um dem Parlament die Listen mit den NSA-Suchbegriffen vorzulegen. Derweil wollen die amerikanischen Dienste offenbar die Kooperation mit dem BND einschränken.
Bis zur nächsten Sitzungswoche des Bundestags müsse das Kanzleramt entscheiden, ob es die Liste herausrückt, fordert die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi im Interview mit der Bild am Sonntag. „Ich erwarte, dass das Kanzleramt bis zur nächsten Sitzungswoche endlich Klarheit schafft, wie der Bundestag in geeigneter Art und Weise die Selektorenliste prüfen kann“. Das Kanzleramt sollte nicht versuchen, den Skandal auszusitzen. Ebenso wenig dürfe die Aufklärung „auf den Sankt-Nimmerleins-Tag“ verschoben werden. Dazu wären die Vorwürfe zu gravierend.
Für das Kanzleramt besteht dabei allerdings ein Problem: Die US-Behörden wollen die Liste mit den Suchbegriffen nicht freigeben. Zumal die aktuelle Aufklärungsarbeit der parlamentarischen Kontrollgremien bereits ausreicht, um die Zusammenarbeit mit dem BND grundsätzlich in Frage zu stellen. Zumindest nach Informationen der Bild am Sonntag soll sich US-Geheimdienstdirektor James Clapper in einem als geheim eingestuften Schriftstück beschwert haben, dass der NSA-Ausschuss im Bundestag vertrauliche Dokumente von den amerikanischen Dienste erhalte, die dann auch regelmäßig in den Medien landen würden. Dies schade den Interessen der USA.
Da die deutschen Dienste keinen Schutz von vertraulich eingestuften Dokumenten gewährleisten können, wollen die US-Dienste daher generell prüfen, inwieweit sich die Kooperation mit dem BND einschränken lässt oder ob diese komplett eingestellt werden soll. Da das Dokument von Clapper bereits mehrere Wochen alt sein soll, könnte die eingeschränkte Zusammenarbeit zwischen BND und NSA im bayrischen Standort Bad Aibling bereits ein erster Vorgeschmack sein.
Darüber hinaus heißt es in dem Bericht von der Bild am Sonntag, dass die US-Geheimdienste hierzulande künftig aktiver vorgehen wollen. „Ab sofort ist Deutschland verstärkt Operationsgebiet“, lautet demnach das Credo der US-Geheimdienste, die die Aufklärungsarbeit als reale Bedrohung auffassen. „Was die deutsche Regierung da veranstaltet, ist gefährlicher als die Snowden-Enthüllungen“, zitiert das Blatt einen Mitarbeiter der US-Geheimdienste.
Die Geheimdienst-Kontrolleure dürften sich von dieser Haltung allerdings nicht einschüchtern lassen. Denn je länger die Aufklärung dauert, desto mehr fragwürdige Details kommen an die Öffentlichkeit. So wurde in der letzten Woche bekannt, dass eine weitere Liste mit 459.000 Suchbegriffen (Selektoren) aufgetaucht ist, die die NSA zwischen 2005 und 2008 an den BND übermittelt hatte. Diese Begriffe beziehen sich laut einem Bericht vom Spiegel etwa auf europäische Institutionen, hochrangige politische Persönlichkeiten und Unternehmen im Ausland. Allerdings soll der BND nur 400 der fragwürdigen Suchbegriffe aussortiert haben, bevor diese in die Überwachungssysteme eingespeist wurden.