Datenschutz: Minister der EU-Staaten einigen sich auf Reform
Nach jahrelangem Stillstand und diversen Lobby-Schlachten haben sich die Minister der EU-Staaten nun auf eine einheitliche Reform für den Datenschutz in Europa verständigt. Die Ziele sind: Die Privatsphäre von Nutzern besser schützen und mehr Geschäftsmodelle für Internetfirmen ermöglichen.
Dass sich die Mitgliedsstaaten im EU-Rat auf einen gemeinsamen Entwurf verständigt haben, heißt allerdings nicht, dass die Reform bereits in trockenen Tüchern ist. Denn nun müssen sich noch die EU-Kommission, das Parlament und der EU-Rat auf das finale Gesetz verständigen. Und der im EU-Parlament für die Datenschutzreform verantwortliche Jan Philipp Albrecht kündigt bereits an: „Vor allem bei Verbraucherrechten und Unternehmenspflichten gehen die Vorschläge noch auseinander.“
Dennoch ist er zuversichtlich, dass einer schnellen Einigung nichts im Wege steht, wenn sich alle Seiten offen für Kompromisse zeigen. Sollte das klappen, könnten die Verhandlungen bis zum Ende dieses Jahres abgeschlossen werden, sodass die Reform im Jahr 2018 in Kraft treten kann.
Mehr Kontrolle für die eigenen Daten
Konkret sehen die Pläne des EU-Rats nun vor, dass Nutzer mehr Kontrolle über ihre Daten erhalten, indem der Zugriff erleichtert wird. Internetdienste sollen zudem verpflichtet werden, die Nutzungsbedingungen in einer einfachen und klaren Sprache zu halten, sodass sich leichter nachvollziehen lässt, wie und in welchen Umfang die Daten verarbeitet werden. Und Nutzer müssen künftig explizit zustimmen, wenn Internetdienste ihre persönlichen Informationen verarbeiten wollen. Hinzu kommen schärfere Auflagen für das Erstellen von Nutzerprofilen.
Darüber hinaus soll künftig auch der Anspruch bestehen, dass Internetdienste bereits gespeicherte Daten wieder löschen müssen. Dazu zählt auch das bereits bekannte Recht auf Vergessen, mit dem Suchmaschinenbetreiber wie etwa Google verpflichtet werden, unliebsame Einträge von bestimmten Personen aus den Ergebnislisten zu entfernen.
Ein weiterer Punkt der Reform ist das Recht auf Datenportabilität. Damit soll es Nutzern erleichtert werden, persönliche Informationen, die bereits bei einem Anbieter gespeichert sind, zu einem anderen zu übertragen. In der Theorie bedeutet das also: Wenn etwa ein Facebook-Nutzer das soziale Netzwerk wechseln will, kann er die bis dato gespeicherten Daten übertragen. Der EU-Rat verspricht sich von diesem Recht zwar einen schärferen Wettbewerb zwischen den einzelnen Anbieter. Doch wie die Datenportabilität letztlich in der Praxis aussehen wird, bleibt noch abzuwarten.
Generell zielt die Reform aber nicht nur auf die Nutzer, sondern soll auch die Geschäfte von europäischen Unternehmen erleichtern. Der Grund: Weniger Bürokratie, weil nicht mehr ein Flickenteppich von 28 unterschiedlichen Datenschutzvorschriften in Europa gilt, sondern nur noch ein gemeinsames Recht. Dementsprechend sind etwa deutsche oder französische Firmen nicht auf den nationalen Markt beschränkt, sondern können ihre Dienste direkt in allen europäischen Staaten anbieten.
Verschärfte Vorschriften für amerikanische Internetdienste
Um die Vorschriften besser durchsetzen zu können, sollen die nationalen Datenschutzbehörden gestärkt werden. Nach den Plänen des EU-Rats sollen Internetdiensten, die gegen bestimmte Datenschutzvorgaben verstoßen, ein Bußgeld von bis zu zwei Prozent des Jahresumsatzes drohen. Diese Strafen sind die Drohkulisse, um den Druck auf amerikanische Internetriesen wie Apple, Facebook, Google oder Microsoft zu erhöhen.
Ohnehin sind die Vorgaben für amerikanische Internetdienste ein heikler Punkt. So will die EU-Kommission im Rahmen der Reform etwa auch das umstrittene Safe-Harbor-Abkommen mit den USA verschärfen. Das Ziel ist: US-Behörden sollen nicht mehr ohne weiteres auf die persönlichen Daten von europäischen Nutzern zugreifen können, wenn diese bei Facebook oder Google gespeichert sind. So erklärte die EU-Justizkommissarin Vera Jourova im Interview mit der Welt am Sonntag: „Wir verhandeln derzeit darüber, dass die US-Unternehmen die Daten der EU-Bürger nur in ganz wenigen Ausnahmefällen aus Gründen der nationalen Sicherheit an die amerikanischen Sicherheitsbehörden weiterleiten dürfen.“ Und diese Ausnahmen dürften nicht zur Regel werden. Jourova hofft nun, dass die EU-Kommission noch vor der Sommerpause eine Zusage von den Vertretern der EU-Kommission erhält.