EU-Kommission: Roaming-Ende im Tausch gegen Netzneutralität
Das Ende der Roaming-Gebühren innerhalb von Europa könnte nun doch schneller kommen, als es in den letzten Wochen den Anschein hatte. „Ab dem zweiten Quartal 2017 werden die Roaming-Gebühren in der EU wahrscheinlich wegfallen“, verkündete EU-Kommissar Günter Oettinger laut einem Bericht der Rheinischen Post.
Ursprünglich lautete der Plan der EU-Kommission: Bis 2016 sollte Schluss sein mit den Zusatzkosten für Telefonate, SMS und Datendienste, die bis dato im EU-Ausland fällig sind. Doch zuletzt schien das Vorhaben zu scheitern. Der EU-Rat sprach sich gegen ein Ende der Roaming-Gebühren aus, da sich zuvor zahlreiche nationale Telekommunikationsfirmen beschwert hatten – diese wollten nicht auf die Einnahmen verzichten. Nach massiven Protesten aus den Reihen des EU-Parlaments und von Verbraucherschützern zeichnet sich nun aber ein Kompromiss ab.
„Wenn das Ende des Roaming jetzt Mitte 2017 kommt, haben die Firmen ein Jahr mehr Zeit gegenüber der alten Planung, um sich auf die neuen Regeln einzustellen“, sagte Oettinger. Ein weiterer Vorteil an dieser Regelung wäre zudem, dass auch die Kunden bemerken würden, welche Vorteile ein europäischer Binnenmarkt biete. Zumal die Auslandsaufschläge ohnehin schon günstiger werden. Entsprechende Roaming-Tarife wurden in letzter Zeit etwa von Vodafone und der deutschen Telekom vorgestellt.
Die Entscheidung über das Roaming-Ende ist zwar noch nicht in trockenen Tüchern, doch Oettinger geht davon aus, dass sich „die EU-Kommission, die Regierungen der 28 Mitgliedsländer und das europäische Parlament wahrscheinlich schon sehr bald einigen“ werden – womöglich noch in dieser Woche.
Allerdings stimmen die EU-Institutionen vermutlich nicht nur über das Ende der Roaming-Gebühren, sondern auch die Netzneutralität ab. Und bei den Netzaktivisten von Netzpolitik.org befürchtet man, dass nun ein politischer Kuhhandel droht: Während die Roaming-Gebühren in absehbarer Zeit abgeschafft werden, sollen die Vorgaben für die Netzneutralität nun doch nicht so strikt ausfallen, wie es das EU-Parlament ursprünglich geplant hatte. So heißt es in dem Bericht von Netzpolitik.org: „Nach allem, was wir aus den Verhandlungen hören, scheint das EU-Parlament seine harte Linie bei der Netzneutralität aufzugeben und droht komplett umzufallen, um wenigstens beim Roaming etwas zu bekommen.“
Oettinger will Fusionen für europäische Telekommunikationsfirmen
Derweil fordert Oettinger erneut, dass die europäische Telekommunikationsfirmen fusionieren müssten, um im globalen Wettbewerb standzuhalten. „Aktuell haben wir rund 280 Telefonunternehmen in den 28 EU-Staaten – gegenüber vier Spielern in den USA“, so der EU-Digitalkommissar. Daher müssten sich in den kommenden Jahren die europäischen Unternehmen samt ihrer Netze zusammenschließen. „Dies sollte dazu führen, dass Europas Telekommunikationsindustrie auf globaler Ebene eine größere Rolle spielt“, so Oettinger. Trotz der geringeren Anzahl soll allerdings verhindert werden, dass einzelne Anbieter den Markt dominieren. Der Wettbewerb zwischen den Unternehmen müsse laut Oettinger gewährleistet werden.