Klassiker neu entdeckt: Unreal 2: The Awakening (2003) im Test

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Max Doll
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Spielablauf und Technik

Ein kunterbunten Haufen verschiedener Ideen gepaart mit zielsicher danebengreifendem Pacing ist ein Bereich, in dem Gameplay und Leveldesign sich nicht hinter der Präsentation verstecken müssen. Von schneller Action kann dabei zunächst keine Rede sein: Die behäbige Bewegungsgeschwindigkeit erinnert initial an Bewegungen unter Wasser und hat wenig gemein mit den Erwartungen an das Genre. Dem tranigen Tempo lässt sich durch eine Modifikation der Unreal2.ini immerhin abhelfen, indem beide SpeedRatio-Einträge von 1.0 auf 1.5 bis 2.0 erhöht werden. In diesem Fall empfiehlt es sich, das Spiel mindestens auf dem mittleren der drei Schwierigkeitsstufen zu beginnen, da das höhere Tempo durch bessere Ausweichmöglichkeiten den Anspruch senkt.

Gelegentliche Bosskämpfe sind geprägt von Einfallslosigkeit
Gelegentliche Bosskämpfe sind geprägt von Einfallslosigkeit

Ist Unreal 2 auf diese Art „repariert“ worden, unterhält zumindest die Action. So muss sich ein Shooter anfühlen: Schnell, bunt und hart ohne Unterbrechung durch lästige Regeneration von diesem oder jenem Balken. Von dieser Art Spaß gibt es jedoch bei Weitem zu wenig. Neben den „Story“-Elementen werden die Unterhaltungskörner vom Leveldesign aufgebrochen. Insbesondere Passagen, an denen es eine Position zu verteidigen gilt, bestehen zu oft aus warten und laufen, die Dramatik einer Notsituation vermittelt der Titel durch die zu großen Abstände zwischen Gegnerwellen nie. Selten zuckt der Griff in Richtung „Alt+F4“ so zuverlässig wie an diesen Stellen, woran auch Pseudo-taktische Elemente, darunter die Möglichkeit, Zäune und Geschütze zu platzieren, nichts zu ändern vermögen: Dem Shooter fehlt es am „Shootern“.

Das Balancing passt nicht: Coole Waffen wie die Spinnenkanone sind absolut nutzlos
Das Balancing passt nicht: Coole Waffen wie die Spinnenkanone sind absolut nutzlos

Das zieht die an und für sich unterhaltsamen Level deutlich herunter. Die meisten Schauplätze bieten immer wieder spektakuläre Szenerie und überraschende Elemente. Dennoch lässt Unreal 2 auch hier ein geschlossenes Konzept und eine gewisse logische Kohärenz vermissen, zu der eben keine leeren Klon-Räume mit einem einzigen Gegner gehören. Auch sonst mangelt es an Zusammenhang, weniger an Ideen: Das Innere eines lebenden Aliens oder psychedelische Alienwelten, die ihre Herkunft aus dem gleichnamigen Film kaum verbergen wollen, liefern eine überraschende Anzahl von Aha-Momenten. Trotz netter Sprungpassagen fügt sich dieses Erlebnis nie zu einem geschlossenen Ganzen, zumal immer wieder unnötige Laufpassagen durch leere Gänge eingefügt werden.

Humanoide Gegner von der Stange
Humanoide Gegner von der Stange

Dass weite Teile des ursprünglich geplanten Spiels gestrichen sein sollen, merkt man dem Resultat insofern an. Abseits der Umgebungen bleibt Unreal 2 ohnehin auf der konservativen Seite. Kurzzeitig Insekten und im Anschluss humanoide Gegner mit der Bot-KI aus Unreal Tournament sind dem Setting nicht angemessen. Gleiches gilt für die Waffen, die das im fiktionalen Raum mögliche Potential nicht im Ansatz ausschöpfen. Im Gedächtnis bleibt immerhin der Flammenwerfer mit seinem hübschen Feuereffekt – wobei der visuelle Effekt deutlich größer als der getroffene Bereich ist. Selbst hier stolpert der Shooter also über seine eigenen Füße. Zu allem Überfluss schwankt die im Inventar verfügbare Munition von Einsatz zu Einsatz auf unerklärliche Weise. Vergleicht man Unreal 2 mit anderen Spielen seines Alters, wird schnell klar, wie schlecht der Titel eigentlich ist – er passt besser in das Portfolio von City Interactive als von Epic Games. Dass erfahrene Entwickler ein derartiges Spiel abliefern können, würde man im ersten Moment für undenkbar halten.

Eine der besten Szenen im Spiel: Hier zeigt Unreal 2, wie Shooter geht
Eine der besten Szenen im Spiel: Hier zeigt Unreal 2, wie Shooter geht

Abseits von ein paar Karten für den Mehrspieler-Modus gibt es – wenig überraschend – keine nennenswerten Modifikationen für Unreal 2. Widescreen-Auflösungen lassen sich bereits im Spiel auswählen, lediglich das Seitenverhältnis muss in der .ini angepasst werden, die nach dem ersten Spielstart automatisch erstellt wird. Für Auflösungen im Format 16:10 empfiehlt sich ein Wert von 100, für ein Seitenverhältnis von 16:9 sollte es ein FoV von 105 sein. HUD und Interface skalieren allerdings nicht mit steigenden Pixeldichten, sodass 4k-Auflösungen selbst mit noch moderaten 160 ppi unspielbar werden. Die langen Ladezeiten von weit mehr als einer Minute lassen sich durch das Deaktivieren von Vsync in den Optionen des Spiels sowie bei Bedarf im Treiber der Grafikkarte auf wenige Sekunden verkürzen.

Fazit

Unreal 2 wäre vielleicht ein guter Shooter, wenn ihm ein schlüssiges Konzept mit einem roten Faden zugrunde liegen würde. Den wunderbaren Konjunktiv beiseite gestellt spricht nichts dafür, diesem zu Recht vergessenen Stück Spielegeschichte mehr als nur eine Erinnerung zu schenken: Der Shooter entpuppt sich als ein Sammelsurium inkohärenter Elemente, die sich im Sinne einer vernünftigen Spielerfahrung gegenseitig die Augen ausstechen. Trotz einiger unterhaltsamer Momente spielt sich die so entstandene Resterampe fürchterlich. Wer den Shooter längst vergessen hat, hat folglich alles richtig gemacht. Auf dem Niveau des Spiels formuliert: Es wirkt Unreal, wie schlecht der Shooter ist.

Unreal 2: The Awakening (2003) im Test
Schnellcheck Unreal 2: The Awakening
Getestete Version 1.0
Altersfreigabe ab 16 Jahren
Systemanforderungen
(empfohlen)
1,2 GHz CPU
384 MB RAM
GeForce 3 oder Radeon 8500
3 GB HDD
Widescreen Sichtfeld über .ini-Eintrag
Mods Offizieller XMP-Patch (via ModDB) mit Mehrspieler-Modus
Kompatibilität bis Windows 8.1 (x64)
Probleme Sporadische Abstürze, lange Ladezeiten
Erhältlich Neu und gebraucht z.B. Amazon und Ebay (Retail),
Steam, GoG.com
Empfehlung Nein

Bisher erschienen

In der Serie „Klassiker neu entdeckt“ bereits erschienen:

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