Justizminister Maas: Dystopische Risiken von Smart Cars
Mit Smart-Car-Technologie und auf Big-Data-Analysen basierenden Versicherungstarifen entwickelt sich die Autoindustrie zunehmend auch zur Datenindustrie. Gerade deswegen müsse auch der Schutz der Privatsphäre eine immer stärkere Rolle spielen, erklärt nun Justizminister Heiko Maas (SPD).
In einem Gastbeitrag für das Handelsblatt fordert er, dass Menschen infolge der Digitalisierung nicht zum reinen Objekt von wirtschaftlichen Interessen degradiert werden. Und als Beispiel für solche Tendenzen nennt er die aktuellen Entwicklungen in der Autoindustrie. Mit Car-to-Car-Kommunikation würden sich zwar Unfälle verhindern lassen und mit einer klugen Verkehrslenkung können Ressourcen eingespart werden. Ebenso wie der Kapitalismus und die Märkte müsste laut Maas auch die Digitalisierung reguliert werden. Ansonsten drohe eine Zukunft, die mit einer Dystopie vergleichbar ist, die Aldous Huxley in Schöne neue Welt skizziert hat.
KFZ-Versicherer bieten mittlerweile etwa Telematik-Tarife an, bei denen Kunden einen Rabatt bekommen, wenn sie ihr Fahrverhalten digital überwachen lassen. Maas warnt nun vor den Folgen, wenn solche Tarife zum Normalfall werden. „Noch geht es nur darum, Schadensfälle zu vermeiden, aber vorhandene Daten wecken stets Begehrlichkeiten, sie auch für andere Zwecke zu nutzen“, so der Justizminister. So wäre es etwa möglich, anhand dieser Daten präzise Bewegungs- und Verhaltensprofile zu erstellen, bei denen „jeder Strafverfolger frohlocken würde“. Sollten diese Daten in Echtzeit ausgewertet werden, wären diese auch für „Predictive-Policing“-Verfahren geeignet – diese verfolgen den Ansatz, dass Straftaten bereits präventiv verhindert werden.
Durch diese permanente Kontrolle werde allerdings ein normkonformes Verhalten erzwungen, was letztlich aber zulasten der Freiheit und Unabhängigkeit führe. Da „Menschen die Freiheit behalten müssen, über ihr Verhalten selbst zu entscheiden, müssen sie auch über die Verwendung ihrer Daten autonom entscheiden“.
Daher fordert Maas, dass Autobauer künftig einen Privacy-by-Design-Ansatz verfolgen: „Datenvermeidung und Datensparsamkeit müssen leitende Grundsätze sein.“ So würden etwa für die Verkehrssteuerung viele Daten nur kurzfristig benötigt werden. Dementsprechend sollten diese auch nicht langfristig gespeichert sein. Ohnehin fordert er einen „Aus-Knopf“ für die Datenübertragung: „Halter und Fahrer müssen grundsätzlich das Recht und die Möglichkeit haben, die Datenübermittlung zu erkennen, zu kontrollieren und gegebenenfalls auch zu stoppen, und zwar ohne gravierende wirtschaftliche oder gesellschaftliche Nachteile.“
Zudem müsse neben dem Datenschutz auch Datensicherheit beachtet werden. Allein schon wegen den erheblichen Gefahren für den Straßenverkehr, sollten die entsprechenden Daten missbraucht oder manipuliert werden.