WikiLeaks: NSA hatte auch Außenminister Steinmeier im Visier
Neben zahlreichen Regierungsstellen soll die NSA auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) über Jahre hinweg systematisch abgehört haben. Das zeigen von WikiLeaks enthüllte Dokumente, die zunächst der Süddeutschen Zeitung sowie dem NDR und dem WDR vorlagen.
Insgesamt sollen die neuen Dokumente 20 Telefonnummern beinhalten, die dem Auswärtigen Amt zugeordnet werden. Bei mehreren ist die NSA laut dem Bericht der Süddeutschen davon ausgegangen, dass diese von Steinmeier genutzt werden. Hinzu kommt ein Abhörprotokoll, das den Inhalt eines Telefonats oder Gesprächs von Steinmeier vom 29. November 2005 zusammenfasst. In diesem berichtet der damalige Außenminister von den Ergebnissen eines zweitägigen Besuchs in den USA. Eines der Themen waren unter anderem die CIA-Entführungsflüge von mutmaßlichen Terrorverdächtigen, von denen kurz zuvor in Medienberichten berichtet wurde.
Neben Steinmeier hatte die NSA womöglich auch den früheren Außenminister Joschka Fischer (Grüne) überwacht. Zumindest wird ein Ziel in der Selektoren-Liste als „Fischer“ bezeichnet. Allerdings könnte es sich dabei auch um einen einfachen Mitarbeiter des Außenministeriums handeln.
Mit den neuen Enthüllungen zählt nun auch das Auswärtige Amt zu den deutschen Regierungsstellen, die sich im Visier der NSA befanden. Bereits in den letzten Wochen verdeutlichten von WikiLeaks veröffentlichte Dokumente, dass es der amerikanische Geheimdienst auf das Kanzleramt, das Bundesfinanzministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und das Landwirtschaftsministerium abgesehen hatte. Insgesamt wurden mittlerweile 125 Spionage-Ziele dokumentiert.
Assange als Zeuge im NSA-Ausschuss?
Infolge der Enthüllungen hatte sich WikiLeaks-Chef Julian Assange am Wochenende als Zeuge für den NSA-Ausschuss angeboten. „Ich würde mich freuen, wenn die Abgeordneten zu mir kämen, um ihre Fragen zu stellen“, erklärte er im Interview mit dem Spiegel. Zudem will er den Abgeordneten weiteres Material wie etwa eine nicht geschwärzte Liste mit den NSA-Selektoren übergeben.
Ob es tatsächlich zu einer Aussage kommt, ist aber noch unklar. Zumindest die Vertreter von der Opposition begrüßen diese Möglichkeit. „Kein Gericht könnte ein Angebot wie das von Assange ausschlagen“, erklärte der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele laut Spiegel Online. Ebenso sagte die Linken-Abgeordnete Martina Renner: „Für uns ist jedes Dokument wertvoll, das uns Massenüberwachung und illegale Spionage der NSA in Deutschland erläutert.“
Etwas zurückhaltender äußern sich derweil die Vertreter der Regierungsparteien. Christian Flisek, SPD-Obmann im NSA-Ausschuss, ist zwar grundsätzlich für eine Befragung von Assange offen und will auch die veröffentlichten Dokumente auswerten. Doch zunächst müsse geprüft werden, ob diese tatsächlich echt sind. „Die Frage der Authentizität ist gerade bei Dokumenten unbekannter Herkunft besonders wichtig“, so Flisek gegenüber Spiegel Online. Denn bislang ist nicht klar, von welcher Quelle WikiLeaks die Dokumente erhalten hat. Nach dem bisherigen Kenntnisstand sollen diese nicht aus dem Fundus von Edward Snowden stammen.