Windows 10 im Test: Die Zukunft von Windows mit klassischem Startmenü
7/8Daten und Datenschutz
Mit Windows 10 geht Microsoft weitere Schritte auf dem Pfad, der mit Windows 8 eingeschlagen wurde – das Betriebssystem nähert sich den Mobilsystemen an. Im Kern bedeutet das: Daten und persönliche Informationen werden ausgewertet, um die Vorlieben des Nutzers möglichst genau zu erfassen und die Plattform danach auszurichten. Denn es geht Microsoft nicht mehr allein um das Betriebssystem. Vielmehr sollen die Nutzerdaten von zig Diensten – und über mehrere Plattformen hinweg – miteinander verknüpft werden.
Diese Cloud-Strategie spiegelt sich auch in den neuen Datenschutzbestimmungen von Microsoft, die sowohl für Windows als auch für weitere Dienste wie etwa Bing, Skype, die Xbox, OneDrive oder auch Cortana gelten. Generell erfasst der Konzern demnach zunächst einmal allgemeine Informationen. Zu diesen zählen etwa der Name und Kontaktdaten wie E-Mail-Adressen und Telefonnummern sowie die Kontaktlisten von verschiedenen Microsoft-Diensten. Hinzu kommen Standort- und Nutzungsdaten. Dabei wird erfasst, welche Funktionen ein Nutzer von einem bestimmten Dienst nutzt, welche Artikel gekauft werden, die besuchten Websites sowie eingegebene Suchbegriffe. In diesen Kontext werden auch IP-Adressen und Gerätekennungen gespeichert, um zum Beispiel den genauen Standort eines Windows-Computers oder Smartphones zu bestimmen.
Darüber hinaus sammelt Microsoft auch Informationen über die Favoriten und Interessen eines Nutzers. Als Beispiele für solche Daten nennt der Konzern die Städte, die man in einer Wetter-App eingibt, oder auch die Aktien, die man in einer Finanzierungs-App verfolgt. Erfasst werden allerdings nicht nur Favoriten, die explizit vom Nutzer ausgewählt wurden. Es ist auch möglich, dass Favoriten und Interessen aus den bestehenden Datenbeständen entnommen oder abgeleitet werden. Zudem behält sich der Konzern vor, die Inhalte von Dateien und Kommunikationsdiensten auszuwerten, falls dies erforderlich ist. Dazu zählen Dokumente, Fotos, Musik oder Videos, die ein Nutzer auf Diensten wie Microsoft OneDrive hochgeladen hat. Und auch die Inhalte von E-Mails, Sofortnachrichten sowie Audio- und Video-Botschaften.
Microsoft nennt mehrere Gründe, die das Sammeln von persönlichen Daten erforderlich machen, zu denen wie üblich auch die Sicherheit der Nutzer zählt – etwa beim Schutz vor Phishing-Attacken. Ebenso sollen die persönlichen Informationen ausgewertet werden, um Dienste zu verbessern und neue Funktionen bereitzustellen, die sich an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren. Beispielhaft für solche Zwecke ist Cortana. Denn die persönliche Assistentin ist darauf angewiesen, persönliche Daten aus verschiedenen Quellen zu kombinieren, um dem Nutzer passende Vorschläge zu unterbreiten. So wird die Browser-History von Edge ausgewertet, um Ergebnisse von Suchanfragen zu verbessern. Hat man bei der MSN-Sport-App eine Lieblingsmannschaft eingetragen, liefert Cortana automatisch die relevanten Resultate. Und selbst bei den Apps von Drittanbietern wie Facebook kann sich Cortana bedienen, wenn der Nutzer es will: So ist es etwa möglich, Cortana die Informationen aus dem Facebook-Profil verwenden zu lassen, um bei Anfragen die Ergebnisse besser auf die Vorlieben des Nutzers zuzuschneiden.
Die gesammelten Daten will Microsoft allerdings nicht nur verwenden, um die Dienste zu personalisieren. Sie sollen auch genutzt werden, um gezielt Werbung zu schalten – dies gilt sowohl für Microsoft-Dienste als auch für Dienste, die von Dritten angeboten werden. Als Grundlage dienen zum Beispiel der aktuelle Standort, Suchkriterien oder Inhalte, die der Nutzer gerade betrachtet. Zudem werden „wahrscheinliche Interessen“ genutzt, für die Favoriten, Interessen und Nutzungsdaten ausgewertet werden. Kommunikationsinhalte aus E-Mails, Chats und persönlichen Dateien wie Dokumenten und Fotos nutzt Microsoft allerdings nicht, um diese „interessenbezogene Werbung“ zu schalten. Zudem generiert Windows für jeden Benutzer eines Geräts eine Werbe-ID, die App-Entwickler und Werbenetzwerke nutzen können, um relevante Werbung anzubieten.
Der Eindruck, den die Datenschutzbestimmungen zunächst hinterlassen: Microsoft kann sämtliche persönliche Informationen eines Nutzer sammeln und auswerten – sofern dieser den Konzern machen lässt. Im Prinzip war das zwar auch schon bei Windows 8.1 der Fall, doch mit neuen Features wie Cortana wurden die Datenschutzbestimmungen für Windows 10 nochmals ausgeweitet. Dafür erhalten Nutzer allerdings auch mehr Möglichkeiten, um die Privatsphäre zu schützen.
Allein unter dem Punkt „Einstellungen -> Datenschutz“ finden sich nun nunmehr 13 Kategorien, mit denen sich die Datenauslese von Windows in die Schranken weisen lässt. Dabei handelt es sich in der Regel um Opt-Out-Lösungen. Sprich: Von Haus aus ist die Datensammlung erst einmal aktiviert, der Nutzer kann diese dann je nach Bedarf abschalten. So findet sich im Menü „Allgemein“ die Option, die Werbe-ID auszuschalten. Weitere Möglichkeiten, um das Ausmaß der personalisierten Werbung festzulegen, wurden auf eine Website von Microsoft ausgelagert. Dort kann ein Nutzer auch bestimmen, ob personalisierte Werbung im Browser angezeigt werden soll.
Unter dem Punkt „Position“ können Nutzer einstellen, ob der Ortungsdienst von Windows 10 aktiv ist – und ob autorisierte Apps aktuelle Standortdaten sowie den Verlauf abfragen können. Dabei handelt es sich um eine Möglichkeit, die mehrere Unterpunkte bieten: So lässt sich auch bei „Kontoinformationen“, „Kontakte“, „Kalender“ oder „Messaging“ separat einstellen, welche App auf die entsprechenden Daten zugreifen kann. Bei der Kategorie „Spracherkennung, Freihand und Eingabe“ lässt sich regeln, ob Cortana die Stimme sowie die Handschrift eines Nutzers analysieren darf, um die persönlichen Empfehlungen zu verbessern.
Derweil bietet sich über die Suchmaschine Bing die Möglichkeit, das Auswerten von persönlichen Informationen über die Microsoft-Cloud zu verwalten. In der Praxis heißt das: Wer bei Bing mit einem Microsoft-Konto angemeldet ist und dort festlegt, dass bestimmte Cortana-Daten gelöscht werden sollen, gilt dies für jedes Windows-Gerät – sofern man mit dem entsprechenden Microsoft-Konto angemeldet ist. Weitere Optionen bietet zudem der Browser Edge. Unter den erweiterten Einstellungen lässt sich festlegen, ob beim Surfen eine „Do-Not-Track“-Anforderung gesendet wird, Cortana Einfluss auf die Suchergebnisse nimmt und wie der Browser mit Cookies umgehen soll.
Nicht vollständig deaktivieren lässt sich derweil, ob ein Windows-Gerät Diagnose- und Nutzungsdaten an Microsoft sendet. Hierzu zählen zum Beispiel grundlegende Informationen wie App-Kompatibilitätsdaten sowie Netzwerk- und Verbindungsinformationen. Einige davon sind laut Microsoft für den Betrieb von Windows entscheidend – daher hat der Nutzer in diesem Fall keine Wahl.
Grundsätzlich entspricht Microsofts Cloud-Strategie von Windows 10 dem Big-Data-Zeitalter – mit sämtlichen Vor- und Nachteilen. Persönliche Daten werden nicht mehr separat auf einem Gerät gespeichert, sondern mit einem Konto verbunden, das auf mehreren Geräten genutzt werden kann und zudem diverse Dienste miteinander verknüpft. Das hat zwei Vorteile für Microsoft: Die Daten lassen sich monetarisieren und die Dienste können auf die Bedürfnisse der Nutzer zugeschnitten werden. Denn es kann durchaus eine Hilfe im Alltag sein, wenn es der persönlichen Assistenten Cortana tatsächlich gelingt, Anfragen entsprechend den eigenen Vorlieben zu bearbeiten und nützliche Hinweise zu liefern. Der Haken an der Sache: Wenn Cortana nicht mit ausreichend persönlichen Daten gefüttert wird, wirkt sich das auf die Qualität der Ergebnisse und Empfehlungen aus. Daher muss der Ortungsdienst von Windows 10 zwingend aktiviert sein, damit sich Cortana überhaupt nutzen lässt.
Will ein Nutzer also sämtliche Features von Windows 10 nutzen, muss er letztlich einen virtuellen Strip hinlegen, sodass Microsoft praktisch auf sämtliche persönliche Informationen zugreifen kann. Das Resultat: Ein Kontrollverlust, weil sich kaum nachvollziehen lässt, was die Cloud mit den eigenen Daten anstellt. Vor allem in Zeiten der NSA-Enthüllungen ist es daher ein Stück weit beunruhigend, dass Windows 10 die digitale Identität eines Nutzers dermaßen präzise abbilden kann.
Doch an dieser Stelle zeigt sich auch einer der Pluspunkt von Windows 10: Es gibt mittlerweile deutlich mehr Optionen, um den Schutz der Privatsphäre entsprechend der eigenen Vorstellungen anzupassen. Selbst wenn diese noch recht vage gehalten sind und mit einem reduzierten Funktionsumfang einhergehen, ist es immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.
Update: Mit dem Creators Update gibt es in Windows 10 neue Datenschutz-Einstellungen.