Black Hat 2015 Keynote: Der Traum vom freien Internet stirbt
Die Internet-Aktivistin Jennifer Granick zeichnete in ihrer Keynote zur Black Hat 2015 ein düsteres Bild über Zustand und Zukunft des Internet. Schuld gibt Granick sowohl Regierungen, die mit immer neuen Regulierungsvorschriften mehr Internetkontrolle anstreben, als auch der Gleichgültigkeit der Gesellschaft.
Das Internet treibe durch stetig mehr Regulierung und mittlerweile kaum noch verdeckt praktizierte Zensur die gleiche Straße hinab, die bereits die Massenkommunikation durch übermäßige Zentralisierung zu großenteils nutzloser Information à la Facebook habe verkommen lassen. Es könne dabei genauso sinnentleert enden wie das heutige Fernsehen. Das ist der Tenor der Keynote von Rechtsanwältin und Aktivistin Jennifer Granick zur Eröffnung der Sicherheitskonferenz Black Hat 2015 in Las Vegas, die damit die zunehmende Banalität der Inhalte anspricht. Granick ist Direktorin der Abteilung Civil Liberties beim Center for Internet and Society an der berühmten Stanford Law School.
Sie vergleicht die heutige Situation mit der vor 20 Jahren, als der Traum vom freien Internet vielen Menschen etwas bedeutete und Granick ihre erste Hacker-Konferenz Def Con besuchte. Die Aktivistin sah und sieht ihre Aufgabe darin, die Rechte von Menschen zu verteidigen, die durch Hacken von Soft- und Hardware dazu beitragen wollen, selbige sicherer zu machen. Der Traum von damals liege im Sterben, so Granick heute. Die breite Masse der Nutzer des Internet konsumiere lieber und sei an der Freiheit der Kommunikation nicht interessiert.
„I’m blaming governments, but I’m also blaming you and me. The things we want are driving these trends.“ Jennifer Granick
Die Schuld am schleichenden Tod des freien Netzes werde durch Regelwerke wie den Computer Fraud and Abuse Act (CFAA), den Digital Millennium Copyright Act und die von den USA vorgeschlagenen Ergänzungen zum Wassenaar Arrangement aber ebenso vorangetrieben wie er durch die Gleichgültigkeit der Nutzer und deren Akzeptanz der Annehmlichkeiten und der Zentralisierung begünstigt wird.
Diese Zentralisierung zeige sich darin, dass Nutzer lieber Facebook nutzen anstatt ein eigenes Blog zu unterhalten, lieber Gmail vertrauen anstatt sich verantwortlich um ihr Mailaufkommen zu kümmern und ihre mobilen Geräte lieber mit Apps vollstopfen, deren teils exzessive Berechtigungen blind abgenickt werden, als das Gerät zu rooten und Kontrolle auszuüben. Zudem teilen sie ihre Daten in der Cloud, die entgegen der Annahme zahlreicher Nutzer keine anonyme Masse sei, sondern von Unternehmen kontrolliert werde, die zunehmend auch das Internet kontrollieren.
Dabei war Dezentralisierung in der DNA des frühen Internet angelegt. Wie Granick schätzten viele der frühen Nutzer gerade diese Eigenschaft. Während die Zentralisierung zunimmt, werden die Restriktionen und Strafen gegen Hacker im Namen der Sicherheit mit jedem neuen Abkommen ständig erhöht. Dabei werde völlig außer Acht gelassen, dass es die Hacker sind, die diese Sicherheit oft erst gewährleisten. Zudem träfen die Strafen, die der CFAA vorsieht, selten die kriminellen Hacker aus Russland oder China sondern die „good guys“ zu Hause.
We have to declare that software users have the right to study and modify software and that laws like the CFAA not get in the way of that.
Jennifer Granick
Granick hat in den letzten Jahren viele Hacker verteidigt – die Liste reicht von Aaron Swartz bis zu Mike Lynn, der vor zehn Jahren auf der Black Hat 2005 Routerhersteller Cisco bloßstellte, weil dieser Sicherheitslücken in seinen Geräten vertuschte. Dazu hatte Lynn am Vortag der Präsentation seinen Job bei der Internet Security Systems (ISS) gekündigt, weil die Firma ihm den Vortrag untersagt hatte.