Galaxy S6 edge+ & Moto X Play im Test: Zwei sehr ungleiche Phablets, die eines gemeinsam haben
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Für das Galaxy S6 edge+ hat Samsung fast unverändert die Exynos-Plattform 7420 aus dem Galaxy S6 (edge) übernommen. Das bedeutet, ein in 14 nm gefertigtes (FinFET) System-on-a-Chip mit acht Kernen sorgt für Vortrieb. Die schnellen vier Cortex-A57 dürfen mit bis zu 2,1 GHz takten, die sparsamen Cortex-A53 erreichen maximal 1,5 GHz. Auch die flotte Mali-GPU T760 MP8 gab es schon im Galaxy S6 (edge). Neu ist lediglich der Ausbau des Arbeitsspeichers von 3 auf 4 GByte LPDDR4. Wieder mit an Bord ist auch Samsungs schneller UFS-Speicher. Im Galaxy S6 edge+ sind die Leseraten in allen Szenarien aber noch einmal höher. Im Gegenzug fehlen aber rund 25 Prozent auf das Galaxy S6 (edge) beim sequentiellen und wahlfreien Schreiben.
Das Moto X Play kann mit dem rekordverdächtigen Tempo von Samsung nicht mithalten. Die Wahl des System-on-a-Chip ist bei Motorola dennoch interessant, weil der nur selten verbaute Snapdragon 615 von Qualcomm zum Einsatz kommt. Diesen nutzt zum Beispiel auch Sony im Xperia M4 Aqua oder Huawei in der US-Version des P8 Lite.
Im Snapdragon 615 stecken acht Rechenkerne des Typs Cortex-A53 von ARM, die aber unterschiedlich hoch getaktet werden. Das eine Quartett kommt auf bis zu 1,65 GHz, das andere auf maximal 1,1 GHz. Damit kann sich das Moto X Play zwar durchweg vor das Moto G (2015) setzen, aber nicht vor das letztjährige Moto X. Dessen Snapdragon 801 bietet zwar nur vier Kerne, da diese bis zu 2,5 GHz schnellen Krait 400 aber deutlich mehr Leistung bieten als die Cortex-A53, entsteht ein großer Abstand.
Hervorzuheben ist die GPU des Snapdragon 615. Mit der Adreno 405 gibt es einen Lückenfüller zwischen der langsamen 300-Serie und den Flaggschiffen Adreno 420 und 430. Die GPU kommt auf doppelt so viele ALUs wie die Adreno 305/306 und darf mit bis zu 550 MHz auch höher takten. Entsprechend eklatant ist der Leistungsabstand zur GPU aus dem Snapdragon 410 des Moto G (2015). Im Mittel sind die erreichten Werte dreimal so hoch. Zu den besseren Adrenos ist der Abstand trotzdem noch groß.
Betriebssystem
Die auf den Testgeräten installierten Betriebssysteme könnten trotz selber Android-Version 5.1.1 nicht unterschiedlicher sein. Motorola geht den minimalistischen Weg und bietet Kunden ein quasi unverändertes Android, das so zum Beispiel auch Google selbst für seine Nexus-Geräte nutzt. Motorola erweitert Android ledigleich um wenige eigene Apps, wie etwa Connect für die Verwaltung von angebundenen Geräten, Migrate für das Übertragen von Daten anderer Smartphones, oder Moto für das automatische Erstellen von Regeln und Beantworten von Spracheingaben. Moto ist auch für die Einstellungen des Status-Displays zuständig, das die klassische Status-LED ersetzt und bei Bewegungen des Smartphones Informationen zu Benachrichtigungen ausgibt.
Bis auf die Sprachfunktionen stehen diese Moto-Features auch auf dem aktuellen Moto G zur Verfügung. Dabei hat sich im Test allerdings insbesondere die exklusive Sprachfunktion des Moto X Play als ziemlich unnützlich herausgestellt. Denn Google Now lässt sich schon seit geraumer Zeit ebenfalls bei ausgeschaltetem Display nutzen. Google Now arbeitet zudem schneller als die Moto-App, weil beim Stellen von Fragen oder Ausführen von Befehlen ein Schritt weniger gemacht werden muss. Denn Motorola leitet mit der Moto-App nur die Sprachbefehle an Google Now weiter. Fragt man das Smartphone beispielsweise nach dem Wetter, erkennt erst Moto die Stimme des Nutzers, öffnet dann die Google-Suche und gibt die Frage weiter.
Das ist aber auch der einzige wirkliche Ausrutscher, den sich Motorola leistet. Wer ein unverändertes Betriebssystem vorzieht, aber nicht zu einem Google Nexus greifen will, erhält bei Motorola genau das richtige Paket.
Samsung hingegen modifiziert so viel am Android-Betriebssystem, dass die Basis kaum noch zu erkennen ist. Das muss per se nicht schlecht sein, wenn die Umsetzung gelungen ist. Das war bei Samsung nicht immer der Fall und hat sich so richtig zum Guten erst mit dem Galaxy S6 (edge) gewendet. Deswegen sieht Samsungs TouchWiz zwar noch lange nich so aus wie Stock-Android, allerdings ist das Design in sich stimmig und auch die Performance von TouchWiz liegt mittlerweile auf hohem Niveau.
Auf dem Galaxy S6 edge+ kommt fast das gleich Software-Paket wie auf dem Galaxy S6 (edge) zum Einsatz. Die Android-Basis ist mit Version 5.1.1 zu 5.0.2 vom Start weg etwas neuer, mittlerweile steht aber auch für die älteren Modelle dieses Update bereit.
Die Veränderungen und exklusiven Funktionen für das Galaxy S6 edge+ spielen sich vor allem im Edge-Bereich des Betriebssystems ab. Samsung hat den Seitenstreifen, der rechts (ab Werk) oder links positioniert werden kann, um eine zweite Seite für Apps ergänzt. Damit können jetzt nicht mehr nur bis zu fünf Lieblingskontakte, sondern auch fünf wichtige Apps dort abgelegt werden. Mit OnCircle ist zudem noch eine proprietäre Möglichkeit hinzukommen, anderen Besitzern eines Galaxy S6 edge+ Emoticons, sogenannte Anstupser, Bilder oder handschriftliche Notizen zu schicken. Allerdings macht die Beschränkung der Funktionen auf ein einziges Gerät diese uninteressant, weil im Freundeskreis nicht nur Galaxy S6 edge+ zum Einsatz kommen dürften.
Weitere neue Funktionen gibt es im Bereich Kamera. Hier kann nun zum Beispiel der Modus Live-Broadcast ausgewählt werden, der das Live-Streaming über YouTube direkt aus der Kamera-App heraus ermöglicht. Blöd nur, dass Google das Live-Streaming in Deutschland gar nicht erlaubt, ebenso wie bei YouTube Gaming. Genauer gesagt können die Streams nicht empfangen werden. Denn das Starten der Funktion und Aussenden des Streams ist nach Zustimmung der Nutzungsbedingungen problemlos möglich. Wird ein Proxy aus den USA oder dem Vereinigten Königreich für das Abspielen benutzt, erscheint aber stets die Meldung, dass das Video nicht verfügbar ist. Samsung hat damit eine in Deutschland nicht nutzbare Funktion in das Smartphone eingebaut.
In Deutschland einwandfrei nutzbar ist hingegen der neue Modus für Video-Collagen. Hierbei handelt es sich um eine Funktion, bei der vier Videos mit einer Länge von jeweils sechs Sekunden automatisch zu einem Video mit vier Perspektiven zusammengefügt werden. Die Videos werden dafür getrennt voneinander Schritt für Schritt aufgenommen, den Rest erledigt die Software. Die Videos nutzen standardmäßig die Tonspur des ersten Kurzvideos, alternativ lässt sich dessen Lautstärke im Nachhinein aber noch anpassen, mit Hintergrundmusik vermischen oder durch diese austauschen. Außerdem kann eine Grafik mit dem aktuellen Datum über das Video gelegt werden.