Vectoring-Streit: Bundesnetzagentur schlägt sich auf Seite der Telekom
Im Streit um die Vectoring-Pläne der Deutschen Telekom ist der Bonner Konzern nun einen Schritt weiter gekommen. Denn ein Gutachten der Bundesnetzagentur besagt: Prinzipiell ist es möglich, dass die Telekom im Nahbereich um die Hauptverteiler einen Exklusiv-Zuschlag für den Vectoring-Ausbau erhält.
Vertrag zwischen Bundesnetzagentur und Telekom ist möglich
Dementsprechend will die Bundesnetzagentur nun prüfen, wie ein öffentlich-rechtlicher Vertrag aussehen kann, der die Ausbaupläne der Telekom absichert. Der Plan lautet: Den Nahbereich (550 Meter) um die knapp 8.000 Hauptverteiler in Deutschland will der Konzern mit der Vectoring-Technologie ausbauen, was bis dato aus technischen Gründen nicht möglich ist. Rund 5,9 Millionen Haushalte sollen auf diese Weise einen VDSL2-Anschluss erhalten, der Geschwindigkeiten von bis zu 100 Mbit/s bietet.
Der Haken ist allerdings, dass die Telekom exklusiv ausbauen will – die Wettbewerber bleiben also außen vor. Zudem müssen bereits bestehende VDSL-Anschlüsse in den Kabelverzweigern im Nahbereich um den Hauptverteiler abgeschaltet werden. Denn ein Parallelbetrieb von VDSL über den Hauptverteiler und VDSL-Vectoring über den Kabelverteiler ist nicht realisierbar.
Laut dem Gutachten der Bundesnetzagentur ist diese Einschränkung aber vertretbar, sofern die Telekom „eine verbindliche Investitionszusage“ abgibt. Der Konzern hat aber bereits zugesagt, dass eine Milliarde Euro für den Ausbau bereit gestellt werden soll. Zudem müssten dann alle Hauptverteiler bis zum Jahr 2018 mit der Vectoring-Technologie ausgestattet werden. Hinzu kommt: Regulierungsentscheidungen von Behörden dürfen nicht durch den öffentlich-rechtlichen Vertrag vorweggenommen werden. Zudem darf es Seitens der Behörden keine Gegenleistung geben. Denn es gehe nur darum, dass die „Ausbau- und Investitionszusage des regulierten Unternehmens [also der Telekom, Anm. d. Red.] im Rahmen der Abwägungsentscheidung angemessen berücksichtigt wird“.
Sollte die Vereinbarung zwischen der Telekom und der Bundesnetzagentur also zustande kommen, lautet der Inhalt im Kern: Die Telekom erhält das exklusive Recht für den Vectoring-Ausbau im Nahbereich, der dann bis 2018 umgesetzt werden muss.
Wettbewerber befürchten Re-Monopolisierung
Angesichts dieser Pläne warnen die Wettbewerber nun vor einer Re-Monopolisierung zugunsten der Deutschen Telekom. Zumal der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) warnt, dass die Rechnung der Telekom nicht aufgeht. Der Konzern erkläre zwar, dass im Rahmen der Ausbaupläne 5,9 Millionen Haushalte im Umkreis der Hauptverteiler mit VDSL2-Anschlüssen versorgt werden sollen. Doch lediglich bei 6,4 Prozent dieser Haushalte handele es sich bereits um Telekom-Kunden – das sind dann gut 376.000. Darüber hinaus erklärt der Breko, dass bereits heute rund 70 Prozent der genannten 5,9 Millionen Haushalte einen Anschluss mit 40 Mbit/s oder mehrheitlich sogar 50 Mbit/s erhalten können. Nur rund 17 Prozent der bundesweit rund 41.500 Kabelverzweiger im Nahbereich um die Hauptverteiler würden demnach tatsächlich im ländlichen Raum liegen.
Diese Vorwürfe sind per se nicht neu. Und dennoch hat die Telekom bereits in der Vergangenheit die Vectoring-Pläne verteidigt. 80 Prozent der 5,9 Millionen Haushalte würden auf diese Weise besser versorgt werden, erklärte ein Telekom-Sprecher bereits im Juni auf Anfrage von ComputerBase.
Nichtsdestotrotz hofft der Breko, dass die Bundesnetzagentur keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Telekom abschließt. „Es kann nicht sein, dass sich ein Ex-Monopolist mit noch immer erheblicher Marktmacht eine Regulierungsentscheidung zu seinen Gunsten quasi erkauft“, sagt Breko-Präsident Norbert Westfal. Derweil ist es nicht nur die Telekom, die sich für den exklusiven Vectoring-Ausbau um die Hauptverteiler einsetzt. Auch die Bundesregierung soll die Pläne des Konzerns unterstützen.
Ähnlich wie der Breko äußert sich auch Martin Witt, Präsident vom Provider-Verband VATM: „Die Telekom fordert ein Ausbaumonopol mit Vectoring-Technologie für alle Filetstücke und bietet hierfür eine fast wertlose Ausbauverpflichtung an.“ Darüber hinaus kann sich der VATM auch nicht vorstellen, dass der Vertrag zwischen Telekom und Bundesnetzagentur keine Auswirkungen auf zukünftige Entscheidungen habe. Das könne „in der Praxis nicht funktionieren“, so die Meinung von Witt.