Vorratsdatenspeicherung: Interne Regierungsdokumente zweifeln am Gesetzentwurf
Im Herbst will die Bundesregierung die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen, doch das Gesetz ist äußerst umstritten. Nun berichtet der Spiegel, dass auch innerhalb des Bundesjustizministeriums Zweifel bestehen.
Demnach wecken interne Dokument aus dem Justizministerium den Eindruck, dass der aktuelle Entwurf nicht mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) übereinstimmt. Dieser hatte im April 2014 die alte EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gekippt und hohe Auflagen für eine Neuregelung angesetzt. Und diese sind so weitreichend, dass ein Referatsleiter infolge des Urteils schätzte: Eine „Art anlassbezogener“ Speicherung von Kommunikationsdaten sei womöglich nur noch möglich, wenn diese „einen bestimmten Personenkreis“ betrifft.
Ähnlich klingt eine weitere Analyse des EuGH-Urteils aus dem Justizministerium, die Maas drei Wochen später vorgelegt wurde. In dieser heißt es, dass Daten vermutlich nur dann gespeichert werden können, wenn „Bedrohung der öffentlichen Sicherheit“ vorliegt.
An dieser Stelle wird es heikel mit dem aktuellen Entwurf. Denn dieser sieht zwar geringere Speicherfristen vor, als Polizei und Geheimdienste fordern – so werden Verkehrsdaten nur noch für zehn Wochen und Standortdaten für vier Wochen erfasst. Doch im Kern ist es immer noch eine anlasslose Datensammlung. Die rechtlichen Einschränkungen gelten laut dem Gesetz der Bundesregierung erst bei der Auswertung. So sollen Polizei und Geheimdienste die Daten nur bei bestimmten Straftaten abfragen können. Und die Kommunikation von Berufsgeheimnisträgern wie Anwälten und Journalisten soll grundsätzlich tabu sein. Dass sich solche Ausnahmen technisch allerdings kaum umsetzen lassen, kritisieren unter anderem Netzaktivisten und Provider-Verbände.
Darüber hinaus stehen die Einschätzungen aus dem Justizministerium im Widerspruch zu den Aussagen von Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière. Beide erklären seit der Vorstellung der Regierungspläne im Mai, dass diese allen rechtlichen Vorgaben entsprechen – also den Auflagen, die sowohl der Europäische Gerichtshof als auch das Bundesverfassungsgericht für eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung voraussetzen. Dementsprechend lautet auch der Standpunkt der Bundesregierung, dass man keine Angst vor neuen Gerichtsverhandlungen habe.