Zombi im Test: Auch ohne Wii U spannend und angsteinflößend
2/3Die Fragen des Überlebens
Mit großartigem Kontext hält sich Zombi nicht auf und steckt Spieler in die Haut eines beliebigen Protagonisten eines von Untoten überrannten Londons. Während der wilden Flucht der ersten Spielsekunden meldet sich zum Glück ein Unbekannter: Der „Prepper“ gewährt Unterschlupf und hilft fortan, das Blatt gegen die tumben Horden planvoll zu wenden und in einer von Lebenden verlassenen Stadt voller Bedrohungen an rare Vorräte zu gelangen.
Das Hinarbeiten auf eine eventuelle Flucht ist vor allem deshalb spannend, weil Zombi kein Spaziergang ist. Überleben wird trotz aller Werkzeuge nie zu einem Selbstläufer, sondern erfordert umsichtiges und überlegtes Vorgehen. Untote sind bei Ubisoft keine Fließband-Opfer, sondern in schnell zusammenkommenden Massen gefährlich; sie erheben berechtigten Anspruch auf den Platz an der Sonne der neuen Nahrungskette. Schon nach drei oder vier Hieben, wahlweise einem Biss, hat ein Londoner ausgespielt. Klauen und Zähne auf Distanz zu halten, ist dabei selten eine gute Option, da Spieler mit verschiedenen Mechanismen perfide in die Arme der Killer gelockt werden.
Munition ist ebenso rar wie schnell verbraucht, während der Gebrauch von Schusswaffen oftmals eine große Meute umherstreunender Toter versammelt. Leiser Nahkampf wird daher die bevorzugte Art des Kampfes; der zu gierige Nutzer wird bestraft, da er sich schnell umklammert oder umkreist sieht. Daraus entsteht, bis man das System nach ein paar Stunden im Schlaf versteht, ein spannender Balanceakt zwischen Defensive und Aggression. Dass das Zombi-London oft recht linear und beengt bleibt, tut dem Spaß keinen Abbruch, sondern bedingt ihn geradezu, weil diese Situation den Untoten (und der Hardware der Wii U) potenziell in die Hände spielt und Konfrontationen erzwingt. Zugleich lohnt es sich trotz latenter Bissgefahr, Ecken und Sackgassen der Areale zu durchstreifen und ein Gebiet trotz Neubevölkerung in Abwesenheit mehrfach zu besuchen.
Oftmals lassen sich Abkürzungen zur Rückkehr in die Heimstätte oder ein weiterer Unterschlupf, die einzige Möglichkeit zum Speichern, finden. Auch Ausrüstung wird zufällig in den verschiedenen Behältern versteckt. Zwar ist es möglich, einem nachfolgenden Charakter per Kiste ein paar Dinge zu vererben, insgesamt bleibt die Aufnahmekapazität des Stauraums aber arg begrenzt. So gilt es abzuwägen zwischen einem Survival-Kit, das alle Eventualitäten abdeckt, oder einem schmaleren Satz Gegenstände, der im Rucksack Platz für neue Beute lässt. Derartige Feinheiten gehören zu den Stärken des Spiels: Es gibt zwar nie genug Ausrüstung, um sorglos damit umgehen zu können, aber immer genug, um etwas liegen lassen zu müssen – auch das Aufklauben von Nachschub wird zu einer bewussten Entscheidung erhoben.
Den unvermeidlichen Permadeath schwächt der Publisher im normalen Schwierigkeitsgrad etwas ab. Anstatt einen Speicherstand zu laden, darf der Spieler mit einem neuen Überlebenden vom Unterschlupf aus weiterspielen, während das vorherige Alter Ego dabei in zombifizierter Form mit der alten Ausrüstung durch die Gegend spaziert. Dieser Kniff erlaubt es, auch die am Körper getragenen Gegenstände nach erneuter Reise durch Zombi-verseuchte Gebiete zurückzuerlangen. Stirbt der Spieler erneut, geht der Besitz zwar endgültig verloren, alle Waffen und Gegenstände werden aber wieder in den Arealen des Spiels platziert und können über ein Kamerasystem grob geortet werden. Verloren gehen lediglich Fertigkeiten im Umgang mit Waffen. Stirbt der gegenwärtige Protagonist, muss der unerfahrene Nachfolger in logischer Konsequenz bei Null anfangen.
Das System trifft immer noch eine hervorragende Balance zwischen dem Nervenkitzel ständig drohenden Todes und dem Abschwächen der demotivierenden Folgen eines vollständigen Neubeginns. „How long will you survive?“ ist daher keine rhetorische Frage des Hauptmenüs: Zombi ruft ständig die eigene Verwundbarkeit ins Gedächtnis und erinnert nach dem Laden mit der Anzeige von bisheriger Lebensdauer an deren potenziell nahendes Ende, das aufgrund der eigenen Schwäche und den zahlenmäßig überlegenen Horden stets zu drohen scheint. So ist Zombi erstaunlich geschickt darin, keine komfortablen Rückzugsräume entstehen zu lassen: Außerhalb des Unterschlupfes wird jede Handlung mit potenzieller Gefahr unterlegt.
Die Höhen und Tiefen von Londons Vierteln bleiben daher ein unverbrauchter Schauplatz, den zu durchstreifen sich lohnt. In den engen Korridoren des Untergrundes kommen jedoch schnell Zweifel an den Verbesserungen der Portierung auf. Potentere Nahkampfwaffen und der neue Betriebsmodus der Taschenlampe mit stärkerer Leuchtkraft vereinfachen das Spiel stellenweise – da insbesondere der Nahkampf mit zunehmender Übung ein wenig einfacher wird, bewegt sich Zombi in die falsche Richtung, weil sich das gesamte Konzept um die Verwundbarkeit des Protagonisten dreht. Das Spiel lebt vor allem vom Gefühl der Bedrohung und der permanenten Unsicherheit, die eine feindliche, fremde Umgebung mit sich bringt – abgebildet etwa durch den schummrigen Lichtkegel einer Lampe, die den Inhalt schmal erleuchteter Räume im ungewissen Raum der Imagination lässt.
Ohne Touchscreen fast zu soft
Gerade darin liegt, zusammen mit potenten Untoten, auch die größte Stärke des Titels verborgen. Ob Zugriff auf Inventar, Umgebungsscanner oder bei der Interaktion mit der Umwelt: Jede Aktion, die besondere Aufmerksamkeit erfordert, verdeckt den Bildschirm und somit das Sichtfeld. Das Spiel wird bei derartigen Aktionen nicht pausiert, während im Hintergrund die beeindruckende Klangkulisse voll zur Geltung kommt – so wird kontrollierter Kontrollverlust herbeigeführt. Obwohl die Effekte den wahrgenommenen Informationsgehalt ähnlich einschränken wie im Original, fehlt das Gamepad mit seinem zweiten Bildschirm, auf dem sich all diese Dinge als physische Manifestation des „Pepper Pads“ eigentlich abgespielt haben. Symptomatisch für die unzureichende Emulation ist etwa die Übersichtskarte, die ursprünglich auf den Controller ausgelagert wurde und nun als HUD permanent sichtbar ist – was auf den neuen Plattformen einen Vorteil verschafft.
Vorteile für Überlebende ist allerdings das Letzte, was Zombi braucht. Auf diese Weise geht nicht nur ein wenig Anspruch, sondern spürbar Immersion verloren. Weil sich die Reaktionszeiten deutlich verkürzen, wird das Nervenkostüm unnötig gestärkt. Wer vom Touchscreen bei potenzieller Gefahr wieder auf den Fernseher schauen muss und vom Touchpad auf Controller-Buttons umstellt, während der Charakter seinen Rucksack wieder zusammenpackt, spielt anders als jemand, der die Hände nie vom Controller und die Augen nie vom Bildschirm nehmen muss – also nicht „unmittelbar“ in seinem Rucksack wühlt und unter Druck eines nahenden, lechzenden Stöhnens das falsche Element greift. Zugleich steigt die Reaktionsgeschwindigkeit mit Maus und Tastatur deutlich an und vereinfacht Inventarverwaltung sowie fixe und präzise Bewegungen. In Folge wird der eigentlich sinnvolle Button für eine 180-Grad-Wendung völlig überflüssig, weil mit der Maus gefühlt schnellere Drehungen auf das Parkett gezaubert werden können.
So rutscht Zombi abhängig von der Steuerung fast schon ein Stück zu weit in Richtung Actionspiel, was zwar einen gelegentlich geäußerten Kritikpunkt am Original entkräftet, aber an der Atmosphäre nagt. Das Alter Ego ist schließlich wie der Spieler ein „Everyday Joe“, ein austauschbarer, gerade einmal namentlich benannter Jedermann, keine überlegene Killermaschine. Dieser Ansatz wird in der eigentlich behäbigen Steuerung am Gamepad gespiegelt, die virtuell stets die Last eines Rucksacks und der permanenten Erschöpfung vermittelt. Einen Kampf zu planen und sich nicht einkreisen zu lassen, wird ergo mit PC-typischen Eingabegeräten weniger wichtig, das Spiel weniger spannend, weil schnelle Reaktionen die Bedrohung durch unvorhergesehene Situationen stark verringern und sich das Kräftegleichgewicht verschiebt.
Die neuen Spiel- und Steuerungselemente sollten daher als (unnötige) Option verstanden werden. Empfehlenswert ist es, mit Gamepad zu spielen und die Empfindlichkeit der Analogsticks bei Bedarf mit Bedacht nach oben zu korrigieren. Im Endeffekt handelt es sich dabei aber um Feinheiten: An und für sich bleibt Zombi ein spannendes Spiel mit erheblichem Gänsehautfaktor, das vor dem Bildschirm zu fesseln vermag – die Mechaniken des Titels kommen noch immer zur Geltung und haben nichts von ihrem Reiz verloren. Gemessen an den limitierten Möglichkeiten der neuen Plattformen ist dies ein gutes Ergebnis.
Wie das Original auf der Nintendo Wii U ist auch Zombi nicht gänzlich frei von Fehlern. Im Test traten speziell im Bereich der Bricklane-Wohnungen Probleme auf: Einmal stand kurzzeitig eine Tür offen, die sich erst später im Spiel mit einem Code öffnen lassen sollte und nach Durchschreiten der Schwelle sofort geschlossen wurde. Im zweiten Versuch stützte der Titel beim Verlassen des Gebietes kommentarlos ab. Ohne die Möglichkeit, frei zu speichern, werden solche Probleme lästiger, als sie sein müssten.