iPhone 6s & iPhone 6s Plus im Test: Mit A9-SoC, 3D Touch und neuer Kamera an die Spitze
3/63D Touch
Die größte Veränderung in iOS 9 ist in Verbindung mit dem iPhone 6s (Plus) 3D Touch. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung von Force Touch der Apple Watch. Apple selbst nennt 3D Touch die nächste Generation Multi-Touch, der mit dem ersten iPhone eingeführten Bedienung für Touch-Bildschirme. 3D Touch erkennt, wie viel Druck vom Nutzer auf das Display ausgeübt wird und führt entsprechende Funktionen aus.
Damit das funktioniert, hat Apple kapazitive Sensoren in die Hintergrundbeleuchtung des Displays integriert. Mit jedem Druck auf das Display messen diese Sensoren mikroskopische Veränderungen des Abstands zwischen dem über dem Display liegenden Glas und der Hintergrundbeleuchtung – mit anderen Worten, wie stark das Glas eingedrückt wird. Diese Messdaten werden mit Informationen des Touch-Sensors und des Beschleunigungsmessers kombiniert, um ein präzises Resultat zu erreichen.
Damit das iPhone dem Anwender je nach Druckstufe schnelles und nur kurz andauerndes Feedback geben kann, hat Apple den klassischen Vibrationsmotor gegen die sogenannte Taptic Engine getauscht. Diese kam das erste Mal in der Apple Watch zum Einsatz. Die großen Vorteile der Taptic Engine gegenüber einem klassischen Vibrationsmotor sind die kurze Anlaufphase und das schnelle Abschalten. Ein Vibrationsmotor benötigt deutlich länger, um seine volle Wirkung zu erzielen und schwingt außerdem länger nach. Damit wäre das haptische Feedback während der Nutzung von 3D Touch nicht umsetzbar. Der Nachteil der Taptic Engine ist ihre Größe. Im iPhone 6s nimmt sie vergleichsweise viel Fläche unterhalb des Akkus ein. Sie erstreckt sich vom linken Rahmen des Gehäuses bis zum Logic Board.
Wie viele Druckstufen 3D Touch genau erkennen kann, ist nicht bekannt. Aktuell wird zwischen normalen Touch-Eingaben, leichtem Drücken und festem Drücken unterschieden. Die normale Bedienung des iPhones findet wie bisher ohne haptisches Feedback statt. Das Smartphone vibriert also nicht mit jeder Aktion in iOS 9. Wer leicht auf das Display drückt, erhält für 10 Millisekunden ein Feedback von der Taptic Engine. Bei festem Drücken ist die Taptic Engine für 15 Millisekunden aktiv.
Mit 3D Touch ergeben sich drei neue Möglichkeiten der Bedienung. Peek und Pop bilden dabei eine Einheit, das dritte Feature sind Quick Actions auf dem Homescreen.
Peek und Pop kann übersetzt als Vorschaufunktion und Schnellzugriff beschrieben werden. Peek wird durch leichtes Drücken, also die erste der zwei tieferen 3D-Touch-Eingaben, ausgelöst. Das funktioniert zum Beispiel in Mail, Maps, Safari oder der Fotogalerie. Allgemein gilt, dass zum Start insbesondere die Apps von Apple über die neuen Funktionen verfügen. Mit Peek lässt sich in Mail zum Beispiel eine E-Mail als Vorschau auf einer über der App liegenden Karte anzeigen. Lässt man das Display wieder los, landet man wieder im Posteingang. Das ist ein kürzerer Vorgang als das Öffnen und Schließen einer E-Mail per Tap und Wischgeste zurück. Peek dient aber nicht nur als reine Vorschau, sondern erlaubt auch gewisse Aktionen. In Mail kann beispielsweise die E-Mail als gelesen markiert oder eine Antwort aufgesetzt werden. Per Pop, also das feste Drücken, gelangt man in die volle Ansicht einer E-Mail.
Peek ist aber auch eine Vorschau für Links in Kurznachrichten und Safari. Wird ein Link etwas fester gedrückt, öffnet sich wieder die bekannte Vorschaukarte, die dieses Mal aber eine Vorschau des verlinkten Inhalts anzeigt. So wird verhindert, dass aus dem Messenger in eine andere App gewechselt werden muss, um den Inhalt des Links zu betrachten. Wer das dennoch machen will, muss einfach noch fester drücken und der Tab öffnet sich wie gewohnt. In Safari verhindert man damit, den aktuellen Tab zu verlassen. Vor allem beim Lesen von Artikeln, die per Link auf einen anderen Inhalt verweisen, um Hintergrundinformationen anzubieten, ist das eine praktische Funktion.
Bekommt man von jemandem eine Adresse geschickt, kann mit Peek beispielsweise auch ein kurzer Blick in die Karten-App geworfen werden. Nutzer von Google Maps gehen hier allerdings leer aus. Die Vorschaufunktion ist derzeit nur in Verbindung mit Apple Maps nutzbar. Peek sorgt auch in der Kamera für weniger Schritte. Will man die zuletzt geschossenen Fotos ansehen, muss dafür nicht mehr in die Galerie gewechselt werden. Die erste Druckstufe auf das Miniaturbild neben dem Auslöser öffnet das letzte Bild und eine Navigationsleiste für Zugriff auf aktuelle Aufnehmen. Lässt man das Display wieder los, kann das Schießen von Fotos sofort fortgesetzt werden. Drückt man hingegen fester, öffnet sich das gewählte Bild in der vollständigen Ansicht.
Das Ziel, die Anzahl der Schritte für die Bedienung zu verringern, haben auch die mit iOS 9 für das iPhone 6s (Plus) eingeführten Quick Actions. Bei den Quick Actions handelt es sich um Schnellzugriffe für die auf den Homescreens abgelegten Apps. Sie lassen sich gut mit einem rechten Mausklick auf die App umschreiben, der zusätzliche Befehle ausführt. Auch hier sind zum Marktstart vor allem die Apps von Apple mit weiteren Funktionen versehen worden. Von Nachteil ist jedoch, dass nicht ersichtlich ist, welche App Quick Actions bietet und welche nicht. Als Nutzer muss man es erst für jede App ausprobieren, ob zusätzliche Funktionen auf dem App-Symbol hinterlegt sind – gegebenenfalls fortwährend, wenn Changelogs bei Updates hierzu keine Aussage treffen oder vom Nutzer nicht beachtet werden. Einfluss auf die im Kontextmenü hinterlegten Funktionen hat der Nutzer zudem nicht.
Hat man sich aber erst einmal mit den unterstützten Apps und den hinterlegten Funktionen vertraut gemacht, werden die Quick Actions ihrem Namen gerecht. Über das Symbol für Apple Maps lässt sich mit festem Drücken zum Beispiel ein Menü öffnen, von dem aus sofort die Navigation nach Hause gestartet werden kann. Das spart Zeit, weil nicht mehr erst die App geöffnet, die Adresse eingegeben und die Navigation gestartet werden muss. Wer häufig an bestimmte Kontakte Kurznachrichten schreibt, bekommt diese im Kontextmenü der Messaging-App vorgeschlagen. Und wer ein großer Fan von Selfies ist, kann diesen Kameramodus ebenfalls direkt über den Homescreen starten, ohne dass erst in der App von der hinteren zur vorderen Kamera gewechselt werden muss. Quick Actions sparen Zeit und machen die Bedienung schneller, müssen aber ausprobiert und erlernt werden.
Dass sich mit 3D Touch aber noch mehr Funktionen ausführen lassen, hat auch Apple erkannt. 3D Touch macht zum Beispiel die Tastatur zum Trackpad, sobald fester auf die Tasten gedrückt wird. Dadurch kann der Cursor bewegt werden, ohne dass die Lupenfunktion genutzt werden muss. Wird einer der Homescreens am linken Rand gedrückt, öffnet sich die Multitasking-Ansicht der aktuell geöffneten Apps. Das doppelte Drücken des Home-Button funktioniert aber nach wie vor. In der Notizen-App kann mit 3D Touch und dem Finger in unterschiedlicher Pinselstärke gemalt und gezeichnet werden. Darüber hinaus startet man mit einem festen Druck auf das Display auch die Animation von Live Photos sowie die der dynamischen Hintergrundbilder.