Experiment Apple: Ein Android-Nutzer wechselt für ein Jahr zu iPhone und iOS
Ein Jahr iPhone
Morgen stellt Apple mit hoher Wahrscheinlichkeit ein neues iPhone vor – wie jedes Jahr im September. Und jedes Jahr im September frage ich mich: Warum nach all den Jahren mit Android nicht mal zum iPhone greifen? Letztes Jahr im September habe ich zu Apple gegriffen – einem iPhone 6 Plus, das der Redaktion von Apple für ein Jahr ausgeliehen wurde – und mein Nexus 5 zur Seite gelegt. Ich wollte wissen, warum so viele Menschen iPhones kaufen und wo die Vor- und Nachteile liegen, die erst ein Langzeittest herauskristallisiert.
Nach einem Jahr Nutzung kann ich sagen: Es gibt Dinge am iPhone, die ich nicht mehr missen will, und es gibt Dinge am iPhone, die mich an Tag 365 noch genau so stören wie am ersten Tag. Apple macht vieles richtig und kann Nutzer gleichzeitig in den Wahnsinn treiben. Vielleicht nicht jeden Nutzer, aber insbesondere Menschen, die Android seit Version 1.6 Donut nutzen und gewisse Vorzüge zu schätzen wissen.
Hinweis: Dieser Bericht gibt die persönliche Erfahrung des Redakteurs und seine persönliche Meinung wieder. Diese Erfahrung und Meinung werden nicht notwendigerweise von der gesamten Redaktion geteilt.
Kein Standard-Test
Dies ist kein Standard-Test. Es gibt keine Display-Messwerte, keine Benchmarks und auch keine Laufzeitmessungen. Plus- und Minuspunkte gibt es trotzdem, weil nach einem Jahr bestimmte Merkmale klar als positive und andere wiederum klar als negative Erfahrungen hängen bleiben. Dass in einen solchen Erfahrungsbericht aber auch subjektive Eindrücke fließen, ist unvermeidlich. Nach fünf Jahren mit Android und einem Jahr mit iOS ist dennoch ein fairer Blick auf beide Seiten das Ziel.
Die tolle Kamera
Apple baut Smartphone-Kameras, die weder die höchste Auflösung, die beste Blende noch die umfangreichsten Optionen haben. Dennoch ist die Kamera des iPhone 6 Plus über weite Bereiche noch immer das Maß der Dinge. Erst als Samsung mit dem Galaxy S6 (edge) auf den Markt kam, gab es einen ebenbürtigen Kontrahenten. Die Kamera des iPhone 6 Plus ist sehr schnell, sehr einfach zu bedienen und schießt in fast jeder Situation gute Fotos. Seit dem iPhone 6 Plus wird das Smartphone im Urlaub als Hauptkamera genutzt – die große und schwere Digitalkamera bleibt zuhause.
Nicht nur bei Fotos, sondern auch bei Videos überzeugt das iPhone. Dank optischem Bildstabilisator nimmt das iPhone 6 Plus butterweiche 1080p-Videos mit 60 FPS auf. Ich brauche kein stotterndes UHD-Video, sondern ziehe die bessere Umsetzung eindeutig großer Zahlenspielerei vor. Spielzeug Nummer eins im Videomodus war über das Jahr gesehen der Zeitlupenmodus mit 240 FPS in 720p-Auflösung. Egal, ob Hunde, die sich nach einem Wasserbad schütteln oder Rotorblätter beim Start eines Flugzeugs: Der Zeitlupenmodus sorgte immer wieder für Staunen. Der Zeitraffer-Modus wiederum sorgt vor allem an belebten Orten für interessante Aufnahmen. Am Flughafen Düsseldorf ist beispielsweise das folgende Video entstanden.
Die lange Laufzeit
Das iPhone 6 Plus ist nicht das Smartphone mit der längsten Laufzeit am Markt. Es hält gefühlt aber doppelt so lange durch wie das Nexus 5 und ist ein sicherer Alltagsbegleiter. Auch auf mehreren Messen hat das iPhone 6 Plus seine Durchhaltefähigkeit bewiesen, während vorher externe Akkus eingesetzt werden mussten.
Aber auch ein iPhone 6 Plus ist natürlich nicht perfekt und macht nach einem langen Messetag irgendwann schlapp, so dass es dann durchaus vor dem Autor schlafen geht. Und sicherlich spielen Smartphones mit ähnlich großen Abmessungen in der gleichen Liga wie das iPhone 6 Plus, im konkreten Fall hat Apple mir aber bewiesen, dass Phablets nicht nur ein größere Displays bieten, sondern ich auch einen konkreten Mehrwert aus einer langen Akkulaufzeit ziehen kann. So gut mir das Nexus 5 auch gefällt, ein Smartphone mit kleinem Akku kommt mir nach dem iPhone 6 Plus nicht mehr ins Haus.
Das große Display
Auch das Display des iPhone 6 Plus bietet ähnlich wie die Kamera nicht die höchste Auflösung. Andere Smartphones bieten schon 2,5K-Displays, während Apple nur auf ein vermeintlich veraltetes Full-HD-Display setzt. Abgesehen von der aktuellen Generation OLED von Samsung ist das Display des iPhones aber noch immer eines der besten am Markt. Dabei kauft Apple doch auch nur bei Herstellern wie LG ein, wo liegt also der Unterschied? Auch ohne Einblick in die Fertigung betreibt Apple anscheinend eine rigorose Selektierung beim Einkauf der Panels. Zudem sind die Displays ab Werk sehr gut abgestimmt. Den bei vielen Herstellern üblichen Blau- oder Gelbstich sucht man vergebens und gleichzeitig ist die maximale Helligkeit sehr hoch und nicht mit Einschränkungen verbunden. Auch beim Kontrast hält Apple die Versprechungen aus dem Datenblatt.
Durch die Laminierung des Displays des iPhone 6 Plus lässt es sich darüber hinaus auch aus spitzem Blickwinkel gut abgelesen. Und wenn all diese Parameter stimmen, muss es kein 2,5K-Display sein, um mich zu überzeugen.
Das gute Design
Design: Kaum etwas anderes steht bei und für Apple so sehr im Fokus wie Design. Wobei das Design eng mit der gesamten Benutzererfahrung verbunden ist. Das iPhone 6 Plus hat ein gutes Design, auch, weil mir sein Aussehen gut gefällt. Aber auch, weil ich ein Merkmal, das ich bei Android-Smartphones verfluche, beim iPhone passend finde: den Home-Button mit Touch ID. Kein anderes Smartphone lässt sich nach vielen Tests einfacher absichern und schneller entsperren: Finger drauf, drücken, fertig.
Gutes Design ist für mich aber auch der Lightning-Port und das verdrehsichere Gegenstück am Lightning-Kabel, das bei Tag und vor allem Nacht blind in das iPhone gesteckt werden kann. USB Typ C ist in der zweiten Jahreshälfte 2015 auch bei Android angekommen, zum Beispiel dem OnePlus 2, Apple nutzt seinen praktischen Anschluss aber schon seit dem iPhone 5 und hat somit drei Jahre Vorsprung.
Und das Thema Bendgate? Ohne Blessuren hat das iPhone das Jahr nicht überstanden. Ohne Biegung im Gehäuse auch nicht. Das von mir genutzte iPhone 6 Plus ist leicht verbogen, weil es mir aus Hüfthöhe auf die Bettkante gefallen ist. Dabei ist es genau mit dem Bereich der unteren Lautstärketaste aufgeprallt, also mit der Stelle, wo das Gehäuse am wenigstens Druck aushält. Seitdem ist diese Stelle leicht verbogen und auch die Rückseite hat einen ganz leichten Knick.
Seitdem ist das iPhone mehrere Male auf den Boden gefallen, sogar auf Asphalt, ein anderes Mal auf den Fliesenboden der Küche. Weiter verbogen hat es sich nicht, nur kleinere Macken im Gehäuse und den ein oder anderen leichten Kratzer auf dem Display bekommen. Das ist ärgerlich, aber das iPhone funktioniert deshalb nicht schlechter. Dass dazu aber auch eine Portion Glück gehört, zeigen Displays von anderen Nutzern, die schon nach einem Fall gesprungen sind.