Gear S2 ausprobiert: Samsungs runde Smartwatch ist verdammt schnell
Samsung hat auf der IFA 2015 die erste runde Tizen-Smartwatch des Unternehmens vorgestellt. ComputerBase hat die Gear S2 ausprobiert und dabei festgestellt: Schneller ist derzeit keine andere Smartwatch – und gut bedienen lässt sie sich auch.
Gear S2 ausprobiert
Die Gear S2 ist der Nachfolger der Gear S, die vor ziemlich genau einem Jahr im Rahmen der IFA 2014 vorgestellt wurde. Für die Gear S2 setzt Samsung erneut auf Tizen als Betriebssystem der Uhr. Einzig die Gear Live zum Start von Googles Wearable-Plattform Android Wear nutzte ein anderes Betriebssystem.
Dass Samsung bei seinen Smartwatches konsequent einen eigenen Weg geht und nicht auf Google setzt, hat durchaus Vorteile. Google unterbindet bei Android Wear Anpassungen an dem Design des Wearable-Betriebssystems. Mit Tizen kann Samsung ein eigenes Design nutzen und muss nicht auf Google warten, um neue oder andere Funktionen zu integrieren und hat außerdem die volle Kontrolle über das System.
Flotte Performance
Tizen hat für Samsung aber noch einen ganz anderen Vorteil: Die Performance der Uhr ist Android Wear und auch watchOS von Apple derzeit klar überlegen, obwohl auch bei Apple die Software speziell auf die Hardware zugeschnitten wurde, und was bei Android Wear nur eingeschränkt der Fall ist. In der Gear S2 steckt ein bis zu 1,0 GHz schneller Dual-Core-Prozessor mit 512 Megabyte Arbeitsspeicher. Beim Ausprobieren der Uhr ist schnell aufgefallen, wie flink die Gear S2 reagiert. Bei bisher keiner anderen Smartwatch sind die Ladezeiten derart kurz und die Wechsel zwischen den verschiedenen Seiten vergleichbar schnell. Die direkte Konkurrenz reagiert im Vergleich spürbar träger.
Die Gear S2 nutzt als ersten Homescreen das Zifferblatt mit der aktuellen Uhrzeit, das bei Betätigung des Home-Buttons stets schnell erreicht werden kann. Die Darstellung erfolgt auf einem 1,2 Zoll großen Super-AMOLED-Display mit 360 × 360 Bildpunkten. Der Kontrast fällt wie für die Technik bekannt ausgezeichnet aus. Die Helligkeit des Displays lässt sich in zehn Stufen regulieren, die höchste Stufe scheint subjektiv betrachtet auch für den Außeneinsatz auszureichen. Eine automatische Regulierung über einen Lichtsensor, so wie bei der Moto 360, gibt es indes nicht.
Vom Homescreen aus kann erneut der Home-Button gedrückt werden, um eine kreisförmig angeordnete Sammlung von Apps zu erreichen, die sich auf mehrere Seiten aufteilt. Die einzelnen Apps können entweder über die Touch-Eingabe oder Lünette ausgewählt werden. Wer je nach Menü einen Schritt zurück gehen will, kann dafür den Zurück-Button nutzen, der über dem Home-Button auf der rechten Seite der Uhr sitzt. Die Bestätigung von Eingaben muss stets per Touch auf das Display erfolgen. Dennoch kann über die mechanischen Bedienelemente in den meisten Fällen das Verdecken des Displays durch die eigene Hand vermieden werden. Android Wear versucht sich hierfür an Gesten, während Apple seine digitale Krone nutzt, um den Bildschirm frei zu halten.
Flinke Lünette
Dass mechanische Bedienelemente durchaus Sinn ergeben können, beweist neben Apple jetzt auch Samsung. Anstatt aber eine Krone für Eingaben zu verwenden, nutzt Samsung neben den beiden Knöpfen eine drehbare Lünette als wichtigstes Bedienelement der Uhr. So lässt sich zum Beispiel schnell mit dem rechten Zeigefinger auf Drei-Uhr-Stellung an die Lünette greifen, um diese an die gewünschte Stelle im Betriebssystem zu drehen. Mit jedem Klick, den sich die Lünette vorwärts oder rückwärts bewegt, springt Tizen einen Homescreen oder eine App weiter, je nachdem was für eine Seite gerade betrachtet wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gear S2 mit glatter Lünette oder die Lünette der Gear S2 Classic mit Einkerbungen verwendet wird. Beide Varianten lassen sich einfach und sicher an die gewünschte Stelle drehen.
Zu den Kernfunktionen, mit denen die Gear S2 den Anwender auf der ersten Seite Apps begrüßt, zählen unter anderem das Wetter, S Voice für Spracheingaben, der Kalender, die Einstellungen, Nike+, S Health für das Tracking von verschiedenen Sportarten, die Telefonfunktion und Kurznachrichten. Viele dieser Funktionen sind selbsterklärend, andere wie die Telefonfunktion aber nicht. Denn Telefonieren im eigentlichen Sinne kann man mit der Gear S2 nicht, dafür fehlt der Uhr ein Lautsprecher. Die Smartwatch kann aber als Mittelstück zwischen Smartphone und Bluetooth-Headset dienen. So kann bei einem anonymen Anruf eingesehen werden, wer anruft und das Telefonat angenommen oder abgewiesen werden, ohne das Telefon dafür aus der Hosentasche oder dem Rucksack nehmen zu müssen. So entfällt die Annahme von unbekannten Telefonaten.
Kompatibilität
Eine Besonderheit der Gear S2 ist ihre Kompatibilität zu Smartphones, die nicht aus Samsungs Galaxy-Serie stammen. Bisher war für den Betrieb von Samsungs schlauen Uhren stets ein relativ aktuelles Galaxy-Smartphone Voraussetzung. Die Gear S2 kann jedoch mit jedem Android-Smartphone ab Version 4.4 KitKat gekoppelt werden, das über mindestens 1,5 Gigabyte Arbeitsspeicher verfügt. Ähnlich wie bei Android Wear gibt es auch für die Gear S2 eine App, die als Manager der Uhr fungiert. Über das Programm lassen sich verschiedene Einstellungen an der Uhr vornehmen. Ihren vollen Funktionsumfang hat die Gear S2 aber ausschließlich mit einem Galaxy-Smartphone. Mit fremden Android-Smartphones gibt es diesen nur noch in einer Art Light-Version. Welche Funktionen wegfallen oder nur noch eingeschränkt genutzt werden können, steht derzeit noch nicht fest. Samsung hat aber im Gegensatz zu HTC nicht vor, seine zahlreichen S-Anwendungen für Dritte über Google Play anzubieten. Die Einschränkungen dürften deshalb vermutlich in erster Linie diese Apps betreffen.
Anfang des vierten Quartals dieses Jahres soll die Gear S2 in zwei Varianten erhältlich sein: Standard und Classic. Das Modell ohne Namenszusatz kann dabei als sportlich, moderne Variante verstanden werden, während die Classic dem Namen entsprechend einer klassischen Uhr näher kommt. Gut verarbeitet sind beide Modelle, die Edelstahlgehäuse haben beim ersten Ausprobieren einen soliden Eindruck hinterlassen.
Für die Gear S2 nutzt Samsung ein eigenes Design für die Befestigung von Armbändern, während die Bänder der Gear S2 Classic durch handelsübliche Alternativen ersetzt werden können. Doch auch für die Gear S2 können Dritthersteller Armbänder herstellen, solange sie sich an die Spezifikationen von Samsung halten.
Samsung selbst bietet die Gear S2 in Dunkelgrau mit dunkelgrauem Armband und in Silber mit weißem Armband an. Dabei handelt es sich um einen sehr weichen Kunststoff, der sich gut um das Handgelenk legen lässt. Die Gear S2 Classic hat ein schwarzes Edelstahlgehäuse, das glänzt, und wird von Samsung mit einem schwarzen Lederarmband kombiniert. Dabei handelt es sich um echtes Leder, das beim ersten Anprobieren noch etwas steif wirkte, aber im Laufe der Zeit weicher werden dürfte.
Die Laufzeit der Uhr liegt laut Samsung bei rund zwei bis drei Tagen, je nach spezifischer Nutzung durch den Anwender. Geladen wird die Uhr kabellos über eine Ladestation mit Micro-USB, die an die der Moto 360 erinnert. Die Uhr wird um 90 Grad gedreht und dann aufgelegt. Ob sie auch über eine Nachttisch-Funktion verfügt, ist nicht bekannt. Zumindest die Version Classic kann auch über die Ladestationen von Samsung geladen werden, die eigentlich für Smartphones konzipiert sind. Bei der Gear S2 funktioniert das nicht, weil das Armband nicht das plane Auflegen der Rückseite erlaubt.
Erstes Fazit
Neben dem guten Display und der soliden Verarbeitung punktet die Gear S2 vor allem über eine sehr hohe Performance, die Android Wear und watchOS übertrumpft. Mit Tizen scheint Samsung auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. Den alten Nachteil des Betriebssystems, ausschließlich zu Galaxy-Smartphones kompatibel zu sein, gibt es mit der neuen Generation nicht mehr – wenn auch mit eingeschränktem Funktionsumfang. Jetzt muss nur noch der Preis stimmen, denn dieser ist nach wie vor unbekannt.