NSA-Aufklärung: BND-Chef räumt Fehler bei Geheimdienst-Kooperation ein
Selbst BND-Präsident Gerhard Schindler räumt mittlerweile ein, dass es bei der Kooperation mit der NSA zu Fehlern gekommen ist. Der Bundesnachrichtendienst hätte besser kontrollieren müssen, ob der US-Geheimdienst mit den übermittelten Suchbegriffen auch Spionage-Ziele im Visier hat, die deutschen Interessen widersprechen.
Konkret erklärte Schindler im Interview mit der Bild: „Bei unserer Kooperation mit der NSA in Bad Aibling haben wir Fehler gemacht.“ Die NSA-Suchbegriffe (Selektoren) wären zwischen den Jahren 2005 und 2013 nur „unzureichend überprüft“ worden. Mittlerweile habe der Bundesnachrichtendienst (BND) aber die Kontrollen verschärft. Die Suchbegriffe würden nun „systematisch und gründlich“ geprüft, so Schindler.
Der Hintergrund dieser Aussagen: Der BND hatte über Jahre hinweg Suchbegriffe (wie etwa Telefonnummern oder IP-Adressen) von der NSA in die eigenen Überwachungssysteme eingespeist, die sowohl auf deutsche als auch europäische Unternehmen und Politiker abzielten. Unklar ist aber noch, in welchem Ausmaß der BND womöglich Politik- und Wirtschaftsspionage für die NSA betrieben hat. Daher prüft mittlerweile ein Sonderermittler die Liste mit den illegalen Suchbegriffen.
Derweil wehrt sich Schindler gegen den Vorwurf, der BND habe sich bewusst über deutsches Recht hinweg gesetzt, um die NSA zu unterstützen. „Kritik ist völlig in Ordnung, vor allem, wenn sie berechtigt ist“, so der BND-Präsident. Doch seiner Ansicht nach war diese oftmals „völlig überzogen“. Schindler: „Der Vorwurf, der BND habe deutsche Interessen verraten, war sehr schwerwiegend und ungerechtfertigt.“ Die Verantwortung für den Skandal muss der Geheimdienst allerdings trotzdem auf sich nehmen. So hatte etwa Innenminister Thomas de Maizière im NSA-Ausschuss des Bundestags erklärt, die Schuld liege „zu 100 Prozent“ beim BND.
Schindler betont zudem erneut, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten sei. Dies gelte vor allem für den Kampf gegen Terrorgruppen wie den Islamischen Staat (IS). „Insbesondere ohne die Informationen der Amerikaner geht es nicht“, so Schindler. Denn die Geheimdienste der USA wären am „leistungsfähigsten“.
CIA hatte zeitweise direkten Zugriff auf deutsche Kommunikationsdaten
Trotz der beschwichtigenden Worte von BND-Präsident Schindler stellt sich aber nach wie vor die Frage, wie weit die Zugeständnisse der deutschen Dienste tatsächlich gehen. So berichtete etwa der Spiegel erst am Wochenende über weitere Details zur Operation Glotaic, die der BND zwischen 2004 und 2006 zusammen mit der CIA durchgeführt hat. Demnach soll der US-Geheimdienst einen „direkten und möglicherweise ungefilterten Zugriff“ auf den Datenverkehr vom deutschen Tochter-Unternehmen des amerikanischen Providers MCI erhalten haben, der hierzulande einen Standort in Hilden hat.
Das eigentliche Ziel dieser Operation war, die Kommunikation von Ausländern zu überwachen, die über die Leitungen von MCI in Deutschland übertragen wird. Aufgrund einer Panne sollen allerdings auch Teile von „massiv deutschen Verkehren“ ins Visier der Dienste geraten sein. So eine Überwachung darf der BND allerdings erst durchführen, wenn es die G10-Kommission gestattet hat. Und laut dem Spiegel-Bericht existierte in diesem Fall keine Zustimmung.
Besonders pikant ist zudem: In einem als vertraulich eingestuften BND-Dokument heißt es, dass die Audiodaten von abgehörten Gesprächen „direkt nach USA geroutet“ wurden, sodass „die Audiofunktion ohne Aussetzer funktioniert“. Im NSA-Ausschuss hatten BND-Mitarbeiter allerdings noch erklärt, dass alle Gespräche zunächst überprüft und gefiltert worden sind. Ein weiterer Widerspruch: Die CIA soll dem BND im Rahmen der Operation Glotaic Rechner zur Verfügung gestellt haben. Im NSA-Ausschuss hieß es allerdings, dass der deutsche Dienst keine Technik erhalten habe.
Dass Glotaic rechtlich heikel war, scheint allerdings auch innerhalb des BND klar gewesen zu sein. Nach dem offiziellen Ende soll der Geheimdienst intern vor einem „politischen Skandal“ gewarnt haben. So befürchtete man „schwerwiegende Risiken“, sofern bekannt werden sollte, dass die Operation nicht von der G10-Kommission abgesegnet wurde.