Vorratsdatenspeicherung: Bundesregierung unbeeindruckt von EU-Kritik
Eigentlich wollte die Bundesregierung in dieser Woche das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in den Bundestag bringen. Doch die EU hat Vorbehalte an dem Entwurf angemeldet. Das verzögert zwar das Gesetz, an den Plänen hält die Bundesregierung aber grundsätzlich fest.
Vorbehalte wegen Dienstleistungsfreiheit
Die entsprechende Stellungnahme der EU-Kommission liegt der Rheinischen Post vor. Demnach geht es bei den Kritikpunkten in erster Linie nicht um das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, der aufgrund der Grundrechte hohe Auflagen für eine Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung angesetzt hat. Stattdessen werde in der Mängelliste vor allem gerügt, dass die Vorratsdaten laut dem Gesetzentwurf nur auf Servern innerhalb von Deutschland gespeichert werden sollen. Das verstoße gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit für Unternehmen.
Dass die Vorratsdaten in Deutschland gespeichert werden, war eine der Vorgaben der Bundesregierung, um die Sicherheit gewährleisten zu können. Wenn die Server im EU-Ausland stehen, könnte die Bundesdatenschutzbeauftragte beispielsweise nicht direkt aktiv werden. In diesem Fall wäre dann ein Umweg über die nationalen Datenschutzbehörden der anderen EU-Staaten erforderlich.
Letztlich handelt es sich bei diesem Punkt um ein Dilemma, wie Netzpolitik.org beschreibt. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in dem Urteil von 2010 erklärt, dass bei einer Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung die Sicherheit gewährleistet werden müsse. Und das kann die Bundesregierung nur, wenn die Vorratsdaten im Inland gespeichert werden. Wird das Gesetz allerdings so umgesetzt, kann aufgrund der Dienstleistungsfreiheit vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt werden.
Doch die Bundesregierung selbst bleibt angesichts der Vorbehalte gelassen. So heißt es in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken, die Netzpolitik.org vorliegt: Das geplante Gesetz verstoße „nicht gegen EU-Recht, insbesondere nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit, da es mit zwingenden Erfordernissen des Allgemeinwohls begründet werden kann“.
Bundesregierung wischt Kritik beiseite
In der Antwort auf die kleine Anfrage äußert sich die Bundesregierung auch zu weiteren Kritikpunkten an dem Gesetz. So wurde in der Vergangenheit oft bemängelt, dass im Entwurf zwar von Datensicherheit die Rede ist. Doch konkrete Vorgaben fehlen. Nun verweist die Bundesregierung lediglich auf die Bundesnetzagentur, das BSI und die Bundesdatenschutzbeauftragte. Die Behörden müssten demnach die Anforderungen definieren, die den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechen.
Erst dann werde nach Ansicht der Bundesregierung klar, wie viele Kosten tatsächlich auf die Unternehmen zukommen, die die Vorratsdatenspeicherung umsetzen müssen. Denn der Verband der Internetprovider eco hatte wiederholt kritisiert, dass die betroffenen Unternehmen bis zu 600 Millionen Euro investieren müssen. Diese Kosten werden übrigens nur kleinen Providern erstattet. Wer dazu gehört, muss auch die Bundesnetzagentur entscheiden. In jedem Fall müssen die Unternehmen die Ausgaben vorschießen, was laut eco für kleinere Anbieter bereits eine ernst zu nehmende wirtschaftliche Belastung darstellt.
Und wie sieht es bei den großen Anbietern wie etwa der Deutschen Telekom und Vodafone aus? Sie sollen die Investitionen über die Kunden wieder reinholen. „Es ist davon auszugehen, dass die übrigen betroffenen Unternehmen diese Kosten bei ihrer Preisgestaltung einkalkulieren und an ihre Kunden weitergeben werden“, heißt es dazu in der Antwort der Bundesregierung.
Gesetz kommt erst im Oktober in den Bundestag
Selbst wenn sich die Bundesregierung sicher ist, dass der Entwurf den Auflagen vom Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof entspricht: Aufgrund der Mängelliste der EU-Kommission gilt nun zunächst eine Stillhaltefrist bis zum 6. Oktober. Solange pausiert also das Gesetz, sodass eine Verabschiedung im September nicht mehr möglich ist.
Zudem erwartet die EU, dass die Bundesregierung in dieser Zeit eine Stellungnahme zu der Mängelliste abgibt. Änderungen am Gesetzentwurf sind letztlich zwar nicht erforderlich, ohne kann aber ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof drohen.