Vorratsdatenspeicherung: Journalisten fürchten um Informantenschutz
Medien- und Journalistenverbände sowie die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF fordern, dass die Vorratsdatenspeicherung doch noch gestoppt wird. Denn die anlasslose Datensammlung gefährde die Pressefreiheit, indem der Quellenschutz unterlaufen und damit das Redaktionsgeheimnis gefährdet wird.
Einer der zentralen Kritikpunkte ist dabei: Wenn sämtliche Telekommunikationsdaten erfasst werden, können Behörden prinzipiell ermitteln, mit welchen Informanten eine Redaktion in Kontakt steht. Zudem sollen auch Standortdaten im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung erfasst werden, sodass es möglich ist, Bewegungsprofile zu erstellen. Werden diese Datensätze nun einzeln oder kombiniert ausgewertet, erschwert das die Arbeit von Journalisten. Denn auf diese Weise wird ein Instrument geschaffen, um „das Vertrauen in den Informantenschutz nachhaltig zu untergraben bzw. gar nicht erst aufkommen zu lassen, was die journalistische Berichterstattungsfreiheit in nicht hinnehmbarem Maße gefährdet“, wie es in der Stellungnahme (PDF) heißt.
Hinzu kommt: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei weder mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht noch mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu vereinbaren. Die anlasslose Datenspeicherung widerspreche dem „national und auf europäischer Ebene garantierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den hieraus erwachsenden datenschutzrechtlichen Grundsätzen“. Was im Klartext heißt: In der aktuellen Form stellt das Gesetz „einen massiven Eingriff in die Bürgerrechte dar“.
Datenhehlerei-Paragraph gefährdet Whistleblower
Die Medienvertreter sind derweil nicht die einzigen, die die entsprechenden Passagen im Gesetzentwurf ablehnen. Dass Berufsgeheimnisträger nicht ausreichend geschützt werden, ist etwa auch das Fazit von Netzaktivisten und Vertretern der Internetwirtschaft. Darüber hinaus kritisierte zuletzt Anwalt und Law-Blogger Udo Vetter im Fachmagazin Journalist, dass das Gesetz für die Vorratsdatenspeicherung auch einen Straftatbestand wegen Datenhehlerei enthalte. Dieser gehe mit „enormen rechtlichen Risiken“ einher, weil „Daten etwas extrem Flüchtiges sind. Dieser Straftatbestand, so wie er jetzt geplant ist, ist im Prinzip völlig uferlos“, so Vetter.
Letztlich sei die Datenhehlerei ein „absoluter Gummiparagraf“, der Whistleblower kriminalisieren und damit die Arbeit von investigativen Journalisten und Bloggern gefährden kann. Selbst mit der Pressefreiheit im Rücken bleibt ein Risiko. „Denn es wird erst an konkreten Fällen geklärt werden müssen, wer überhaupt als Journalist gilt und wie weit dieses Journalisten-Privileg tatsächlich reicht“, so Vetter. Und wie zugespitzt die Lage derzeit ist, verdeutlichten zuletzt die Landesverrat-Ermittlungen gegen Netzpolitik.org.
Unterschrieben wurde die Stellungnahme von den Medien- und Journalistenverbänden DJV, dju in ver.di, BDZV, VDZ, VPRT, dem Deutsche Presserat sowie den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF. Das Papier wurde an den Rechtsausschuss des Bundestags geschickt, der sich laut aktueller Planung am 21. September mit der Vorratsdatenspeicherung befassen soll. Die Bundesregierung will das Gesetz noch im Herbst durch das Parlament bringen.