Star Citizen: Neue (alte) Vorwürfe gegen Chris Roberts' Megaprojekt

Update Max Doll
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Star Citizen: Neue (alte) Vorwürfe gegen Chris Roberts' Megaprojekt
Bild: Cloud Imperium

Erneut flammen Vorwürfe gegen Chris Roberts' Megaprojekt Star Citizen auf: Nachdem sich Unterstützer sowie insbesondere der Entwickler Derek Smart bereits im Juli Anschuldigungen vorgebracht hatten, ist es nun das Magazin Escapist, das sich kritisch mit der Weltraum-Simulation auseinandersetzt.

In Teilen gleichen die auf Basis von neun anonymem Quellen, von denen das Magazin nach eigenen Angaben sieben verifizieren konnte, erhobenen Vorwürfe denen von Derek Smart. Anders als der Indie-Entwickler hat der Escapist allerdings keinen fragwürdigen Ruf – weder im Bereich der eigenen Produkte noch hinsichtlich der eigenen Geschichte. Gleich mehrere Quellen hätten verlauten lassen, dass es in Star Citizen „immer mehr um die Kampagne und immer weniger um das eigentliche Spiel“ gehe, das Studio würde überwiegend lediglich Werbematerial anstatt Star Citizen produzieren, so der Artikel.

Unter anderem aufgrund teurer Hollywood-Schauspieler für Filmaufnahmen und der Veruntreuung von Geldern hätten die Arbeiten schon 82 der 90 Millionen US-Dollar verschlungen. Deshalb müsse Cloud Imperium nun trotz gegenteiliger Aussagen den Standort Austin schließen und Mitarbeiter entlassen. Alle Quellen hätten unabhängig voneinander festgehalten, schreibt der Escapist, dass Star Citizen nie oder nur als Schatten seiner selbst veröffentlicht werden könne, weil es in den vergangenen Monaten nur minimale Fortschritte am Spiel selbst gegeben hätte.

Der Bericht wirft außerdem ein schlechtes Licht auf Chris Roberts selbst: Der Entwickler habe seit 12 Jahren kein Spiel mehr veröffentlicht und daher keine Ahnung von den auf Basis aktueller Technik gegebenen Möglichkeiten sowie deren Kosten. Ein Projekt wie Star Citizen sei bislang nicht erschaffen worden, weil es zumindest für nur 90 Millionen US-Dollar nicht erschaffen werden könne. Außerdem wird der Gründer von Cloud Imperium als beratungsresistent dargestellt.

Roberts selbst, dessen umfangreiche Stellungnahme, in der von einem „Internet Drama“ gesprochen wird, mittlerweile in dem Artikel eingepflegt wurde, widerspricht dieser Darstellung allerdings entschieden: Er höre sehr wohl auf Angestellte aller Hierarchiestufen, was jedoch nicht bedeute, „jeder Meinung und jedem Feedback“ zuzustimmen. Zudem stelle Roberts Space Industries neue Mitarbeiter an und werde im Zuge einer Umstrukturierung zur Steigerung der Effizienz des Unternehmens weiter wachsen. Der Tenor: Wer auch immer die Vorwürfe erhebe, habe keine Ahnung von Planung des Projekts und Zustand des Unternehmens, sei also in keiner qualifizierten Position für Kritik. Dabei stellt Roberts klar, dass „keine Crowdfunding-Einnahmen für irgendwelche privaten Zwecke“ verwendet würde, sein Lebensstil finanziere sich ausschließlich aus dem in der Vergangenheit erworbenen Vermögen. Es handle sich somit um ungerechtfertigte Vorwürfe „einer sehr kleinen Gruppe von Menschen und einigen verbitterten Ex-Angestellten“, ließ Roberts wissen. Abgesehen davon würden die erzielten Resultate für sich sprechen.

He's Donald Trump. He thinks that if he wants to do something, he can. Because he's Chris Roberts.

Anonyme Quelle

Zudem habe Star Citizen weitere Einkommensquellen durch Produktpartnerschaften und Marketing erschlossen, wobei die Durchführbarkeit des Projektes von außen nicht zu beurteilen sei. Derlei Dinge würde man aber nicht in der Öffentlichkeit diskutieren – ebenso wie die Vorwürfe gegenüber seiner Frau, welche die Marketingabteilung von Cloud Imperium leitet, und diejenigen gegenüber der Personalabteilung, bei denen es immer zwei Perspektiven gebe. Diesbezüglich spricht der Escapist von einer „toxischen Umgebung“ in der „obszöne“ E-Mails verschickt werden sowie Mitarbeitern, welche die Kommunikation mit Chris Roberts in ein schlechtes Licht rücken – Roberts werde aufgrund seiner Reizbarkeit mit der Figur des Sauron (Herr der Ringe) verglichen. Eine Quelle habe außerdem behauptet, Chris Roberts würde wie Donald Trump nur Ja-Sager um sich dulden, er sei zwar ein Visionär, aber kein Macher. Damit würden übliche „Grenzen der Unprofessionalität“ überschritten.

We understand that former employees may have an axe to grind, hence the need to get several of them to say the same thing. We also understand that there will be people who are happy with CIG and enjoy their employment. Our job was to present both sides and let you, the reader, make your own determination.

Escapist

Auf Reddit haben Nutzer dabei Zweifel an der Echtheit der dem Artikel zugrunde liegenden anonymen Quellen angemeldet und Verdachtsmomente zusammengetragen. Insbesondere wird auf Gemeinsamkeiten und wörtliche Übernahmen von Glassdoor verwiesen. Auf der Webseite können Mitarbeiter ihre Arbeitgeber bewerten, ohne dass die Authentizität der Beiträge gesichert wird. Zwischenzeitlich hat sich der Escapist in einem weiteren Artikel zu Vorgehen und Quellen geäußert und sich gegen den auch von Roberts erhobenen Vorwurf unsauberen Arbeitens, das eine Schlagzeile vor seriöse Berichterstattung stellt, verteidigt. Das Magazin kündigte außerdem an, die von Roberts ausgesprochene Einladung zum Besuch der Studios annehmen zu wollen, um sich selbst unter anderem in Gesprächen mit Mitarbeitern ein Bild von der Lage um Star Citizen machen zu können.

Update

Mittlerweile hat Cloud Imperium eine „formale Antwort“ auf „verleumderische Vorwürfe“ des Esacpist veröffentlicht. Man wolle eine Stellungnahme festhalten und ausdrücken, wie „empört“ das Unternehmen über den Inhalt des Artikels sei, heißt es in der Begründung. Darin werden noch einmal die „grundlosen“ und „hochgradig schädlichen“ Unterstellungen zurückgewiesen, der Artikel verletzte „elementarsten Regeln des Journalismus“, unter anderem durch eine „unzumutbar“ kurze Frist für eine Stellungnahme, die nicht berücksichtigte Antwort des Unternehmens, die laut Esacpist in einem Spam-Ordner gefunden worden sei, und unzureichenden Umgang mit Quellen.

Cloud Imperium zieht die Seriösität der Quellen aus mehreren Gründen in Zweifel: Das Unternehmen versichert etwa keine Ausweiskarten auszustellen, die der Escapist als Beleg für die Identität seiner Quellen aufführt. Es sei außerdem unwahrscheinlich, dass sich mehrere Mitarbeiter zeitgleich mit ähnlichen Geschichten bei dem selben Autor melden. Zudem hätten mehrere andere Seiten dem Unternehmen ebenfalls von Kontaktversuchen berichtet, von einem Bericht aber aufgrund eines Mangels an harten Fakten abgesehen. Sandi Gardiner habe hingegen sowohl dunkelhäutige als auch ältere Menschen eingestellt, den Vorwurf unethischer Einstellungsnormen weist Cloud Imperium noch einmal scharf zurück.

Unter Androhung rechtlicher Schritte fordert das Unternehmen eine persönliche und öffentliche Entschuldigung bei Sandi Gardiner sowie den Chef der Personalabteilung, bis Hintergründe geklärt seien soll der Artikel außerdem zurückgezogen werden. Dazu sollen unter anderem Verbindungen zwischen Escapist-Mitarbeitern und Dritten durch eine „unabhängige Partei“ untersucht werden.