Steam Machine und Link: Für Valves Wohnzimmer-Ambitionen wird es ernst

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Nicolas La Rocco (+3)
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Aussichten

So komplex Valves Vorhaben, das Wohnzimmer zu erobern, ist, so differenziert müssen die einzelnen Ansätze betrachtet werden. Steam Machines und Steam Link sind nicht nur von Grund auf verschiedene Konzepte, sie zeigen sich einen Monat vor der Markteinführung auch in komplett unterschiedlicher Verfassung.

Steam Link hält das, was es verspricht: Für 55 Euro lassen sich alle Spiele, die über Steam gestartet werden können, von einem Rechner im selben Netzwerk an den Fernseher streamen. Der Stromverbrauch ist niedrig, das Design ansprechend. Starten kann die Box den zuspielenden Rechner allerdings nicht. Wie bei anderen Streaming-Lösungen sollte zum Streamen ein verkabeltes Netzwerk Verwendung finden, trotz MiMo fällt die Qualität ansonsten deutlich ab. Über Ethernet hängt das Erlebnis hingegen vom Spiel und dem jeweiligen Empfinden des Spielers ab. Qualitative Unterschiede zum Abbild auf einem PC-Monitor gibt es immer, ob sie stören, hängt vom Einzelfall ab.

Die Probleme lassen sich mit Steam Machines direkt am Fernseher potentiell vermeiden. Aktuell geht das Konzept aber noch nicht auf. Und das liegt auch an dem, was Steam Machines ausmacht: SteamOS.

Steam Machine & Steam Controller
Steam Machine & Steam Controller

So spannend die Vorstellung einer PC-Spiele-Konsole auf Basis von Linux auch ist, im Alltag bringt der Wechsel von Windows auf Linux immer noch Nachteile mit sich. Steam bietet zwar 1.500 Spiele für Linux, davon kann aber nur ein Bruchteil zu den bekannten AAA-Titeln gezählt werden. Aktuelle Spiele von bekannten Entwicklern muss man wie die Nadel im Heuhaufen suchen. Viele Spiele erreichen unter SteamOS darüber hinaus nicht die Leistung wie unter Windows. Dass immer mehr 3D-Engines auch für Linux zur Verfügung stehen und mit Vulkan ein plattformübergreifendes Äquivalent zu DirectX 12 geplant ist, ist Ende 2015 noch nicht von Relevanz. Diese Faktoren entscheiden über die Zukunft.

Wer seine komplette Bibliothek mit einer Steam Machine ins Wohnzimmer bringen will, wird das in der Regel also nur erreichen, indem er die reinen Windows-Titel von einem anderen PC berechnen und über die Steam Machine streamen lässt. Steam Link ist dann aber schnell die bessere und vor allem günstigere Wahl. Hätte Valves Konsole Windows, wäre das nicht nötig. Das ist auch im Jahr 2015 noch die Realität.

Neben der Software schränkt aber auch die Hardware die Schlagkraft der Steam Machines ein. Eine Steam Machine kann jeder PC mit SteamOS sein. Deshalb gibt es auch keine einheitliche Hardware, die Preisspanne reicht von 500 bis 5.000 US-Dollar. Daraus wiederum resultiert, dass bei Spielen immer erst ausgelotet werden muss, mit welchen Grafikeinstellungen sie optimal laufen. Einen wesentlichen Vorteil von PlayStation 4 oder Xbox One bieten Steam Machines damit nicht: Konsole starten, Spiel einlegen, zocken – ohne über Einstellungen nachdenken zu müssen.

Steam Machines fehlt es hier und heute abseits der geringeren Kosten durch den Wegfall der Windows-Lizenz an handfesten Vorteilen gegenüber demselben System mit Microsofts Betriebssystem. Valves Engagement für Linux, die federführende Beteiligung an Vulkan und die Entscheidung, SteamOS für Steam Machines in vier Wochen auf den Markt zu bringen, sind alle Ansätze dieses Henne-Ei-Problem langfristig immer kleiner werden zu lassen. Beim Blick auf die Beteiligung der bekannten Partner stellt sich allerdings das Gefühl ein, dass Valve derzeit noch als Einzelkämpfer agiert.

Die Steam Machines, die Valve auf seiner Website zur Markteinführung im November nennt, sind größtenteils hoffnungslos veraltet und nutzen Hardware, die zur Erstankündigung im Frühjahr 2014 aktuell war. Viele Händler und Hersteller konnten zurzeit noch nicht sagen, mit welchem Angebot sie am 10. November starten werden. Positive Ausnahmen wie die optisch und technisch gut gelöste Alienware Steam Machine und die mit aktueller Hardware angekündigte SN970 von Zotac machen allerdings Hoffnung auf Besserung.

Ein echter Meilenstein ist der Steam Controller, dem ComputerBase einen separaten Artikel gewidmet hat. Das Ziel, eine brauchbare Alternative zu Maus und Tastatur zu sein, wird mit entsprechend konfigurierten Profilen erreicht. Der Controller allein bringt die Windows-Spiele-Welt für klassische Desktop-Computer aber nicht ins Wohnzimmer.

BioShock: Infinite auf der Alienware Steam Machine
BioShock: Infinite auf der Alienware Steam Machine

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