Internet-Überwachung: Europol will Internetinhalte kontrollieren
Europol soll deutlich mehr Kompetenzen erhalten, um Inhalte im Internet überwachen zu können. Dafür soll die europäische Polizeibehörde unter anderem direkt auf die Daten von den großen Anbietern wie Facebook und Google zugreifen können.
Europol will an die Nutzerdaten von Facebook und Co.
Das berichtet Zeit Online unter Berufung auf Dokumente, die unter anderem auf Statewatch.org bereit stehen. Demnach hat die Luxemburgische EU-Ratspräsidentschaft den Vertretern von der EU-Kommission und dem EU-Parlament bereits Ende September mitgeteilt, dass Europol mehr Rechte für die Internetüberwachungseinheit (IRU) fordert. Dabei will die Polizeibehörde in einen direkten Dialog mit den Internetfirmen treten und zudem eigenständig Daten erfassen können. Bis dato können diese von Europol nur über die jeweils zuständigen Behörden in den einzelnen EU-Staaten angefordert werden.
Es geht um IP-Adressen und Tracking-Daten
Bei dem Auswerten geht es unter anderem um das Abrufen und Abgleichen von IP-Adressen. Laut Europol (PDF-Datei via Statewatch) soll das in der Praxis dann so ablaufen: Wenn die IRU-Abteilung etwa bei Facebook ein Nutzerkonto entdeckt, über das Videos mit terroristischer Propaganda geteilt werden, soll das soziale Netzwerk prüfen, ob die entsprechende IP-Adresse auch von anderen Nutzerkonten verwendet wird. Zudem will Europol die IP-Adresse auch an andere Internetdienste weiterleiten dürfen, damit diese nach Nutzerkonten suchen, die bis dato noch nicht entdeckt wurden.
Laut dem Bericht von Zeit Online soll es dabei aber nicht nur um IP-Adressen gehen. So soll Europol auch an den Tracking-Daten von Internetdiensten wie Facebook interessiert sein. Denn mit diesen Daten lassen sich die Aktivitäten von Nutzern relativ akkurat nachvollziehen.
Europol als Lösch-Instanz für unerwünschte Internetinhalte
Nach Ansicht von Europol sind die Maßnahmen nötig, um die Aufgaben zu bewältigen, die die EU-Staaten an die Behörde übertragen. Diese soll etwa im Rahmen der Flüchtlingskrise gegen Schleuserkriminalität vorgehen und auch die terroristische Propaganda im Internet bekämpfen. Das Ziel ist dabei stets, dass illegale oder unerwünschte Inhalte schnell aus dem Netz verschwinden. Zudem sollen die nationalen Polizeibehörden in den EU-Staaten mit Analysen unterstützt werden.
Deswegen wurde bereits in diesem Jahr eine „Meldestelle für Internetinhalte“ eingerichtet, die als Reaktion auf die Anschläge von Paris im Januar entstanden ist. Und damit die gemeldeten Beiträge möglichst schnell entfernt werden, will die Behörde auch enger mit den Internetdiensten zusammenarbeiten. Zudem soll Europol bereits jetzt personenbezogene Daten auswerten, die öffentlich im Netz verfügbar sind – dazu zählen auch die Beiträge in sozialen Netzwerken.
Auf dem Weg zur Superbehörde ohne Kontrollinstanz?
Grundsätzlich lautet also der Ansatz von Europol: Es geht weniger um die Strafverfolgung, sondern vielmehr um präventive Polizeiarbeit. Und dafür setzt man auf Big-Data-Werkzeuge, die nach dem Willen der Behörde in immer mehr Kriminalitätsbereichen zum Einsatz kommen sollen.
Einer der zentralen Kritikpunkte ist allerdings: Was als Propaganda oder illegaler Beitrag eingestuft wird, entscheidet Europol nahezu allein. Hinzu kommt, dass bis dato keine Rechtsgrundlage für so ein eigenständiges Vorgehen besteht. Denn derzeit soll die europäische Polizeibehörde eigentlich nur koordinierend tätig sein, erklärt der Linke-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko im Interview mit dem Tagesspiel. Der Verdacht ist daher, dass diese Rechtsgrundlage mit den aktuellen Reformplänen nachgeliefert werden soll – und zudem Raum für weitere Entwicklungen geschaffen wird. Im Juni berichtete Netzpolitik.org, dass innerhalb von Europol künftig das europäische Zentrum zur Terrorismusbekämpfung entstehen soll.
Mit den neuen Zentren und den erweiterten Rechten wäre Europol allerdings „auf dem Weg zur Superbehörde“, so Hanko. Der große Haken: „Leider stehen die geforderten neuen Kompetenzen in keinem Verhältnis zu den parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten.“ Ähnlich skeptisch bewertet offenbar auch das EU-Parlament die Europol-Pläne, die vor allem vom EU-Rat vorangetrieben werden. Die europäischen Abgeordneten werden die erweiterten Kompetenzen wohl nicht ohne Weiteres durchwinken.
Bundesregierung begrüßt die Europol-Reform
Von deutschen Regierungsvertretern wird derweil begrüßt, dass die Kompetenzen von Europol ausgeweitet werden. Zwar müsse das „konkrete Verfahren zur Entfernung von Internetinhalten“ noch ausgestaltet werden, doch für die Bundesregierung ist eine europäische Meldestelle politisch ziemlich attraktiv. Denn laut dem Bericht von Zeit Online kann sich zumindest das Bundesinnenministerium vorstellen, dass sich Europol künftig nicht nur mit Themen wie terroristischer Propaganda, sondern auch mit Hassbeiträgen sowie rassistischen und fremdenfeindlichen Kommentaren befasst.