Apple: Britische Überwachungspläne als Risiko für Tech-Branche
Die US-Internetfirmen kritisieren erneut das von der britischen Regierung geplante Überwachungsgesetz, das den Behörden unter anderem den Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation garantieren soll. Das Vorhaben ist ein Risiko für den globalen Technologie-Sektor, befürchtet etwa Apple laut einem Bericht der Financial Times.
Die Warnung erfolgt im Rahmen einer Stellungnahme für den Ausschuss des britischen Parlaments, der im Februar 2016 über das Gesetz beraten soll, das die Innenministerin Theresa May im November präsentiert hatte. Demnach soll es Polizeibehörden und Geheimdiensten in Großbritannien ermöglicht werden, die Online-Aktivitäten von verdächtigen Internetnutzern zu überwachen – und zwar weltweit. Es würde also keinen Unterschied machen, in welchem Land die Server mit den Nutzerdaten stehen. Denn sobald die britischen Behörden eine Anfrage stellen, müssen diese von den Internetdiensten ausgehändigt werden.
Laut Apple werde damit aber ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. Konkret heißt es in der Stellungnahme: Wenn britische Behörden den Zugang zu Nutzerdaten aus anderen Ländern erhalten, würde das „wesentliche Teile des Technologie-Sektors lahmlegen und internationale Konflikte auslösen“. Denn mit diesem Gesetz als Vorbild könnten andere Staaten dazu verleitet werden, eine Art Wettrüsten um das weitreichendste Spionage-System zu starten. Für Staaten wie Russland oder China wäre es zudem ein passendes Argument, um die eigenen Überwachungssysteme zu legitimieren.
Hinzu kommt: Wenn nun also zahlreiche Staaten die Überwachungsrechte ausbauen, ist das für globale Tech-Konzerne auch ein ökonomisches Problem, da die jeweiligen Internetdienste dann an dutzende Gesetze angepasst werden müssten, die sich zum Teil noch widersprechen.
Apple beschreibt damit ein rechtliches Dilemma, das sich bereits bei dem Safe-Harbor-Urteil des Europäischen Gerichtshofs gezeigt hat: So sind die amerikanischen Internetdienste zwar verpflichtet, den US-Behörden bei Bedarf sämtliche Nutzerdaten auszuhändigen. Doch das widerspricht den europäischen Datenschutzvorschriften.
Apple wehrt sich gegen Hintertüren für Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen
Darüber hinaus kritisiert Apple erneut, dass Anbieter durch das britische Überwachungsgesetz verpflichtet werden sollen, den Behörden auf Anfrage auch sämtliche Kommunikationsinhalte auszuhändigen. Das Problem bei so einer Regelung ist, dass diese de facto eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verbietet. Denn bei solchen Verfahren – die Apple etwa bei den Apps iMessage und FaceTime einsetzt – kann nicht einmal der Anbieter auf die Inhalte zugreifen.
Dementsprechend müssten diese also Hintertüren in die Verschlüsselungsalgorithmen einbauen, um die rechtlichen Ansprüche erfüllen zu können. Das gefährde aber wiederum die persönlichen Daten von Millionen Nutzern. Denn solche Hintertüren bieten auch ein Einfallstor für Kriminelle. „Ein Schlüssel unter der Fußmatte ist nicht nur für die guten Jungs da. Die Bösen werden den ebenfalls finden“, zitiert die BBC aus der Apple-Stellungnahme. Apple sei demnach zwar bereit, die Metadaten auf Anfrage herauszugeben. Doch verschlüsselte Inhalte will der Konzern nicht anrühren, wie auch Apples CEO Tim Cook bereits in den letzten Monaten mehrfach betont hat.
Phalanx der amerikanischen Tech-Riesen
Apple ist derweil nicht der einzige Tech-Konzern, der das britische Überwachungsgesetz scharf kritisiert. Von weiteren Branchengrößen wie Facebook, Google, Microsoft, Twitter und Yahoo werden ähnliche Stellungnahmen für den britischen Parlamentsausschuss erwartet. Diese liegen zwar noch nicht vor, doch ein Sprecher von Microsoft erklärte bereits auf Anfrage der BBC: „Die Gesetzgeber sollten Konflikte mit dem Recht von anderen Staaten vermeiden und einen Beitrag zu einem System leisten, in dem gleichgesinnte Regierungen keinen Wettbewerb betreiben, sondern zusammenarbeiten, um die Sicherheit der Menschen zu verbessern.“
Dass die amerikanischen Branchengrößen so geschlossen gegen das Vorhaben der britischen Regierung protestieren, ist derweil wenig überraschend. Seit den NSA-Enthüllungen kämpfen diese stets mit dem Vorwurf, dass Sicherheitsbehörden die Nutzerdaten praktisch beliebig abgreifen können. Daher ist dieses Engagement auch ein Teil des Versuchs, das Vertrauen der Nutzer wieder zurückzugewinnen.